Von Matthias Spieth
Playoffambitionen und Abstiegsängste: Abwechslungsreicher hätte die Saison 2012/2013 kaum verlaufen können. Am Ende stehen 14 Siege, spektakulärer Basketball und der Klassenerhalt. Grund genug für ein Fanfest, dass die TBB-Profis am vergangenen Sonntag mit ihren Fans begingen. Für einige Profis dürfte es eine Abschiedsfeier gewesen sein. Der TBB-Kader im Wechsel-Check.
„Ich bleibe über den Sommer erstmal in Trier. Meine Frau und ich sehen uns die Gegend an“, verrät Jarrett Howell, der vor den Augen der Fans gerade eine Partie Volleyball gegen seinen Kollegen Brian Harper gespielt hat. Das amüsante Netzkanten-Duell des 1,80m großen Howell gegen das 2,06m große Sprungwunder Harper sorgte für Erheiterung unter den Fans. Dass beide erst Stunden zuvor zum letzten Pflichtspiel der Saison antraten, sah man den Profis nicht an. Überhaupt, das Thema an diesem Tag: Spaß haben, abschalten, Hände schütteln. Vielleicht auch zum Abschied, denn die Zukunft ist für den Großteil des Kaders ungewiss. Der „Trierer Weg“, der jungen Profis Spielzeit garantiert und die individuelle Entwicklung fördert, schlug zum wiederholten Mal voll ein: Nach Maik Zirbes und Philip Zwiener dürften sich auch in der abgelaufenen Saison einige Talente ins Rampenlicht katapultiert haben. Obwohl Headcoach Henrik Rödl und Vorstand Sascha Beitzel jüngst einhellig Budgeterhöhungen in Aussicht stellten, wird die TBB – wie jedes „Small-Market-Team“ – viele lukrative Angebote nicht mitgehen können.
Die eine oder andere Konstante ist zumindest sicher. Von Jermaine Bucknor werden TBB-Fans auch in der kommenden Saison wieder Crunchtime-Heldentaten, sichere Würfe und physisches Zonenspiel sehen. Der als Dojcin-Ersatz gekommene Power Forward begeisterte mit einem kompletten Spiel und wurde nach kurzer Probezeit für zwei Jahre an den Verein gebunden. Das drohende Wechselspiel sieht er mit einem weinenden Auge: „Das war wirklich eine ganz besondere Truppe hier. Ich bin das Kommen und Gehen ja eigentlich gewöhnt, werde aber eine einige dieser Jungs sehr vermissen“ , verriet der Kanadier auf dem Fanfest. Statistik 2012/13: 8.0 Punkte, 3.0 Rebounds und 1.1. Steals in 17 Minuten.
Sicher bleiben wird auch Vitalis Chikoko. Der Nachwuchs-Center dürfte eines der größten Talente im Kader sein und zeigte vor allem in der zweiten Saisonhälfte, warum der Verein ihn für zwei Jahre unterschreiben ließ. Der 22-jährige Simbabwer lieferte neben zahlreichen spektakulären Blocks – unvergessen seine fünf Stoppschilder gegen Tübingen – zuletzt auch offensiv ansprechende Leistungen. Verbesserungswürdig dagegen: sein Freiwurf. Bleibt auch Andi Seiferth, besitzt die TBB für 2013/14 einen beachtlichen One-Two-Punch auf der Center-Position mit überdies weiterem Steigerungspotential. Statistik 2012/13: 6.3 Punkte, 2.9 Rebounds und 0.9 Blocks in 15 Minuten.
Von Mathis Mönninghoff könnte bald mehr zu sehen sein als der Dreier aus der Ecke: „Ich werde im Sommer vor allem an meinem Ballhandling arbeiten und in Zukunft öfter zum Korb ziehen“, zeigt sich das Nachwuchstalent schon vorfreudig auf die nächste Saison. Der 21-Jährige bekam im Schnitt solide 12 Minuten Spielzeit, zeigte neben einem gefährlichen Distanzwurf aber auch eine Limitierung in der Spielanlage. Der Youngster wäre in der kommenden Saison wieder eine sichere Option für die zweite Fünf mit Luft nach oben – ganz sicher ist sein Verbleib aber nicht: „Mal sehen, was da so kommt.“ Statistik 2012/13: 3.9 Punkte in 11.5 Minuten.
Selbst Andi Seiferth, der wie zuvor Maik Zirbes in Trier den Durchbruch geschafft hat und mit absoluter Sicherheit als erster Center gesetzt wäre, will noch keine Versprechungen machen: Es sei noch „nichts in trockenen Tüchern“, so der 2,09m-Hüne. Seine Entwicklung in 2012/13 war vielleicht die erstaunlichste von allen: Die (nachvollziehbare) Unsicherheit seiner Debütsaison in Trier löschte der 23-jährige Nationalspieler mit einem in jeder Hinsicht verbesserten Spiel aus dem kollektiven Gedächtnis. Sein blitzschneller Hakenwurf und die Leichtfüßigkeit im Lowpost könnten erst der Anfang sein. Statistik 2012/13: 9.5 Punkte, 5.0 Rebounds und 1.2 Assists in 24 Minuten.
Sehr wahrscheinlich gehen wird Nate Linhart, der das Team mit konstant guten und teils überragenden Leistungen durch die Saison trug. Der 26-Jährige weiß, welche Stunde in seiner Laufbahn geschlagen hat, und dürfte seinen Marktwert (für Trierer Verhältnisse) ins Unbezahlbare gesteigert haben. Der Verlust von „The Steal Deal“ wird eines der Hauptprobleme in der Zusammenstellung des neuen Kaders sein. Der US-Amerikaner rangierte in punkto Steals, Rebounds und Effektivität zuletzt in gleich drei Kategorien unter den Top 10 der Liga. Statistik 2012/13: 12.6 Punkte, 6.5 Rebounds und 1.5 Steals in 28 Minuten.
Bastian Doreth versicherte auf dem Fanfest, dass es beileibe kein verlorenes Jahr für ihn gewesen sei: „Ich bin hier auf jeden Fall heimisch geworden, habe mich ab der zweiten Saisonhälfte richtig wohlgefühlt in Trier. Das hat man vielleicht auch auf dem Spielfeld gemerkt“. Ganz so heimisch geworden ist der 23-Jährige dann wohl er aber doch nicht, denn er wird die TBB wie erwartet in Richtung FC Bayern verlassen. Nach einem Formtief in der Mitte der Saison sah sich die Münchener Leihgabe – wie sein ebenfalls schwächelnder Point-Guard-Spezi Howell – einiger Kritik ausgesetzt, kam dann aber noch stark zurück und trug maßgeblich zum Klassenerhalt bei. Neben seinem Dreier wird dem Team vor allem seine Defensivqualität fehlen. Statistik 2012/13: 4.4 Punkte und 1.8 Assists in 17.5 Minuten.
Auch bei Brian Harper, Barry Stewart und Jarrett Howell ist nur klar, dass gar nichts klar ist: „Nach Deutschland zu kommen, war ein großartiger Schritt in meiner Laufbahn. Der Tapetenwechsel hat mir gefallen“, zog „Air“ Harper nach seiner ersten BBL-Saison Bilanz. Ob er die Arena auch in der kommenden Spielzeit mit seiner Flugshow begeistert – und mit seiner unterirdischen Freiwurfquote in den Wahnsinn treibt – alles noch Zukunftsmusik. Und schließlich reitet Dragan Dojcin nach 13 Jahren als Basketballprofi in den Sonnenuntergang, bleibt den Trierern als Nachwuchstrainer aber erhalten.
Der TBB-Kader steht also vor einem schmerzhaften Umbruch. Das Trainergespann wird sich einmal mehr der Herausforderung stellen müssen, aus einer komplett neu zusammengestellten Truppe ein funktionierendes Bundesligateam zu formen. Immerhin sind die Rahmenbedingungen dafür wohl ideal: „Die Situation im Verein ist im Moment sehr stabil“, zeigte sich Henrik Rödl, wohl auch mit einigem Wohlwollen in Richtung Vorstand, generell optimistisch. Die Neuzugänge werden wie schon im Vorfeld der vergangenen Saison wieder vom Fan-Sofa aus vorgestellt.
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