Trier. Anlässlich des Globalen Klimastreiks haben sich letzten Freitag, den 23.09.2022 auch in Trier ca. 400 Menschen auf dem Domfreihof versammelt, um für mehr Klimagerechtigkeit zu demonstrieren. Als 5vier-Redakteurin habe ich mich unter die Menge gemischt und ein Stimmungsbild eingefangen. Dabei konnte ich feststellen: Es geht um weitaus mehr als um Umweltschutz.
Es ist 11:30 Uhr und ein buntes Treiben regt sich vor dem Trierer Dom. Fleißig werden Infobroschüren ausgeteilt und Schilder in die Höhe gehalten. Während mich das Antiatomnetz Trier über die Zusammenhänge und Gefahren französischer Energieversorgung aus Atomkraft und deutschen Stromexporten informiert, macht sich auf der Bühne der erste Musik-Act bereit. „Dorfterror“ heißt die Punk-Band aus Oberbillig, die auch unterbesetzt und mit Akustik-Sound die Stimmung (nicht das Klima) anzuheizen wusste. Mit Songs wie „Dünnes Eis“ treffen sie mit Zeilen wie „Wir sind jung und brauchen die Welt. Doch euch geht es immer nur, und immer nur, um’s Geld“ den Nagel auf den Kopf. Denn das, was Fridays for Future will, ist eine radikale Veränderung zu sozial gerechten Bedingungen.
Die Liste ist lang: Forderungen und Probleme
Soziale und ökologische Probleme dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden, betont Margrit von Fridays for Future in ihrer Rede. Deshalb müssten Maßnahmen wie das 9-Euro-Ticket weitergeführt werden, um einen Beitrag zur Mobilitätswende zu leisten. Weitere zentrale Forderungen sind ein verbindlicher Kohleausstieg bis spätestens 2030, ein Einbaustopp für fossile Verbrennungsmotoren ab 2025 und ein Neu- und Ausbaustopp von Auto- und Bundesstraßen. Oder verallgemeinert ausgedrückt „system change not climate change“.
Der Wunsch nach einem Systemwandel macht sich nicht nur in Parolen mit Ohrwurm-Potential bemerkbar, sondern auch in der langen Liste von Problemen, die Margrit aufzählt. Denn diese reichen von der regionalen bis zur globalen Ebene. Es dürften keine Dörfer Kohleabbau, Moselaufstieg oder Industriegebieten weichen müssen.
Auf nationaler Ebene gebe es ebenfalls Probleme. Die schlimmste Dürre seit 500 Jahren treffe Deutschland massiv. Innerhalb Europas sei Deutschland mit 10.700 Todesopfer in Folge der Hitzewelle trauriger Spitzenreiter. Darüber hinaus häuften sich die Umweltkatastrophen überall auf der Welt, vor allem im globalen Süden. Auch wenn die Folgen des Klimawandels alle Menschen betreffen, trifft es die einen somit härter als die anderen.
Solidaritätsaktion mit iranischen Freiheitskämpfenden
Aufgrund dieser Ungleichverteilung beinhaltet Klimagerechtigkeit also nicht nur das Thema Umweltschutz, sondern auch Antirassismus und Menschenrechte im Allgemeinen. Daher dürfte es nicht überraschen, dass der Klimastreik auch eine Bühne für diejenigen bot, die für einen freien Iran protestieren.
Für diejenigen, die es nicht mitbekommen haben: Anlässlich der Ermordung von Jina/Mahsa Amini durch die islamische Moralpolizei kam es im Iran zur Auflehnung gegen die Herrschaft des diktatorischen Regimes. Um Solidarität für die Freiheitskämpfenden vor Ort zu zeigen, haben sich viele mit dem Motto „Free Iran“ und „Mullah muss weg“ der Demo angeschlossen. Somit beginnt der Protestzug mit wehenden Fridays for Future-, Regenbogen- und Iranflaggen.
Der Zug setzt sich in Bewegung
Ein Zug, der durch die Straßen rollt und gefühlt an jeder Ecke länger wird, wird getragen von unermüdlichen Rufen, Hupen und Gesängen. Ob Fridays for Future in Trier auch politisch den längeren Atem hat, bleibt jedoch abzuwarten. Denn das Team braucht dringend Verstärkung. Dem Engagement der aktuellen Mitglieder tun die unsicheren Aussichten jedoch kein Abbruch.
Diejenigen Demonstrierenden, die bis zum Schluss mithalten konnten, wurden am Domfreihof mit einem weiteren Musik-Act belohnt: Tenze & JayTe. Die Newcomer leiteten mit ihren antirassistischen Rap-Texten auf den nächsten Redebeitrag ein.
Berührende Worte aus der iranischen Community
Darja, die sich auch bei BIPoC for Future Mitglied ist und deren Mutter aus dem Iran kommt, teilt ihre persönliche Geschichte. Die queere und rassifizierte Aktivistin wünscht sich einen Iran, in dem Menschen wie sie keine Angst vor Gewalttaten haben müssen. Darja träumt von einem Iran, wie es ihre Mutter in ihren Geschichten von früher beschreibt. Ein Land mit einer lebendigen Kultur, die nicht durch ein menschenverachtendes Regime unterdrückt wird. „Ich möchte dort sein und sehen, wie die Menschen frei sind und tanzen, lachen, singen und leben können als freie Menschen.“
Fazit: Politikmüdigkeit sieht anders aus
Zum Abschluss gab es noch einen weiteren Redebeitrag zum Zusammenhang von Klimakrise und Kolonialismus gefolgt von etwas Musik auf die Ohren. Dieses Mal von der Schüler*innen-Band „Abstellgleis“, die mit Rock- und Punkcovern die Letzten in den Nachmittag entließen.
Der Globale Klimastreik hat mich in vielerlei Hinsicht überrascht. Es kamen viel mehr Leute als gedacht. Die Themen war facettenreicher als erwartet und die Stimmung war mitreißender als die Oder für tote Fische. Ob es sich lohnt, gegen den Kohle-Strom zu schwimmen, wird sich zeigen.
Wenn ihr das Team von Fridays for Future in Trier verstärken wollt, findet ihr hier weitere Informationen.
Weitere Protestaktionen von Fridays for Future findet ihr hier.
Die nächste Kundgebung in Solidarität mit dem Iran ist am Sonntag, den 02. Oktober um 16 Uhr auf dem Hauptmarkt in Trier.
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