Für viele ist es ein Traum, als Musiker und Musiklehrer sein Geld zu verdienen. Doch manchen reicht das noch nicht. Johannes Schier gehört zu dieser Spezies. Meinungsstark und mit freier Schnauze, aber mit Niveau und offen für andere Argumente, schickt der Wahl-Fellericher über zwei Podcasts und einer Kolumne auf 5vier.de seine Gedanken in den Äther. Wir trafen uns mit unserem streitbaren und sympathischen Kolumnisten bei ihm zu Hause.
Tawern. Herrlich, dieses Flair. Ein altes Bauernhaus, knarzende Holztreppen, ausgebauter Dachstuhl, sanierte Wände. Ein großer Könner sei er nicht, aber schon immer wollte Johannes Schier mit den Händen arbeiten und so lange tüfteln, bis das gewünschte Ergebnis sichtbar ist. Und man kann sagen, dass sich die Umgestaltung des alten Bauernhauses optisch wirklich rentiert hat. „Wenn hier ein Fachmann reinkommt, kriegt er Zustände. Aber passt ja trotzdem“, lacht er.
In gewisser Weise ist Johannes allerdings doch ein Handwerker. Er ist studierter Gitarrist und verdient sein Geld damit, Musik zu lehren und herzustellen. An prominenten Namen mangelt es wahrlich nicht, mit denen er schon zusammengearbeitet hat. Hier sei aufgrund der Regionalität nur unser Meister Guildo Horn genannt. Doch auch zu vielen anderen interessanten Namen hat er viel zu erzählen.
Viel zu erzählen ist ein gutes Stichwort. Das kann er nämlich. Und im Kindergarten- und Grundschulalter war es noch gar nicht sein Ziel, als Musiker sein Brot zu verdienen. Viel mehr war sein Wunsch – und auch die Erwartung seines Umfeldes – dass er Radiomoderator werden wird. Denn reden war schon immer sein Steckenpferd. Und das auf eine unterhaltsame und spontane Art und Weise.
Johannes Schier war von kleinauf Entertainer
Als sein Talent an den sechs Saiten zum Vorschein und der Schulabschluss auf ihn zukam, wurde es zwar nichts mit dem Ausbildungswunsch Gitarrenbauer, aber Musik zu studieren war möglich. Aber „nur“ Musik als Lebensinhalt, macht ihn nicht froh. „Ich habe ein Entertainer-Gen und ich liebe es mitzureden. Nicht immer fundiert, aber ich habe mich damit abgefunden, dass es heutzutage immer jemanden gibt, der etwas noch besser weiß oder noch besser kann. Das sollte kein Grund sein, auf das zu verzichten, was man gerne machen möchte.“
Eine Chance, verspätet den Traum des Radiomoderators bei Rockland Radio zu erfüllen, lehnte er ab. Das begonnene Studium wollte Johannes nicht mehr aufgeben. Auf der einen Seite bereut er es, auf der anderen ist er auch froh, durch seine Lehrtätigkeit in Luxemburg einen gesicherten Job zu haben – gerade in Zeiten einer Pandemie, die für viele Selbstständige existentielle Nöte bedeutet.
Durch die Corona-Krise entstanden dann schließlich seine Podcasts. Da wäre zum einen Discöföx. Den macht er zusammen mit Philipp Godart, Johannes Schiers‘ allererster Gitarrenschüler. Nicht der schlechteste Start für einen Musiklehrer, denn Philip ist mittlerweile Profimusiker und lebt in Köln. Was für viele ein unerreichbarer Traum ist, ist seit den Einschränkungen nicht besonders traumhaft. Schließlich herrschte schon fast eine Art Berufsverbot für freischaffende Künstler.
Podcasts als Reaktion auf Corona
Godart spielte dann Streamingkonzerte, bei denen Johannes irgendwann mitmachte. Da stellten beide fest, dass das ganz gut funktioniert und wurde mehrfach wiederholt: „Und so kam eins zum anderen und die Idee, dass wir einen Podcast machen“, sagt Schier. „Zeitversetzt ein Konzert zu spielen, ist nicht möglich. Aber labern kann man auch über die Distanz.“ Da sie damit kein Geld verdienen, war es hauptsächlich eine Reaktion auf die Langeweile. Und Spaß macht es ihnen großen, genau wie den Zuhörern. Das kommt auch daher, dass Discöföx ungeschnitten veröffentlicht wird, egal was an Pannen, Versprechern oder anderem Unperfektem so passiert.
Das passiert aus voller Überzeugung: „Ich bin ein Live-Freund. Auf der Bühne habe ich noch mehr Spaß als im Studio. Und wenn ich mal falsch spiele, dann spiele ich halt mal falsch. Ich halte es da wie Thomas Gottschalk, wenn dieser zu Wetten-dass-Zeiten kritisiert wurde: ‚Ja, ist okay, aber ich kann es halt nicht besser‘. Wir bereiten uns zudem auch praktisch nicht vor.“
Da Johannes Schier aber anscheinend nicht voll ausgelastet ist, macht der Fellericher gleich einen zweiten Podcast. Schier sein Podcast betreibt er alleine – wenn man vereinzelte Gäste außen vor lässt. Den nimmt er auch etwas ernster. Hier trifft er Leute, die ihn interessieren, lässt sich Freiraum für Experimente (z. B. kocht er in einer Ausgabe) und stellt (ausnahmsweise mal) die Gäste in den Fokus.
Und weil Schier sein (zwei) Podcast(s) auch noch nicht reichen, sein Entertainmentverlangen zu befriedigen, schreibt er nun seit einigen Wochen eine Kolumne auf 5vier.de. Alle zwei Wochen beschreibt er dabei zeitlose Themen. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel. Gleich bei der ersten Ausgabe schauten alle auf die Unwetterereignisse, weshalb Johannes über dieses konkrete, aktuelle Thema schreiben wollte.
Johannes Schier mit eigener Kolumne auf 5vier.de
Für ihn ist die Kolumne „Schier sein Senf“ die erste, die er macht. Ein Experiment, wie er sagt, weil man sich da auch angreifbar macht. Dafür gibt es prominente Beispiele, wie zum Beispiel Franz-Josef Wagner in der BILD-Zeitung. Durch dessen aus der Zeit gefallene Art wurde er irgendwann zum Kult. Auch zu ihm hat Johannes Schier – natürlich – eine Meinung: „Er ist ja sehr kontrovers. Und bei allem unsympathischen Zeug, den er verbreitet, ist er mir sympathisch. Er ist ein Relikt und seit Jahrzehnten authentisch. ‚Schier sein Senf‘ ist für mich da auch eine Studie über mich selbst. Weil ich mich damit zu einem Ziel mache. Mal schauen ob ich damit klarkomme – oder nicht.“
Ehrlich ist er, auch zu sich selbst. Denn bei dem Podcast-Boom darf man fragen: Warum eigentlich? Was hast du zu sagen, was nicht schon an hundert anderen Stellen gesagt wurde? „Das ist die ‚Was-willst-du-eigentlich‘-Frage. Ich habe keinerlei Interesse zu missionieren. Ich äußere mich einfach gerne. Meine Podcasts sind Entertainment, kein Service. Es gibt Menschen mit eingebauten Sendemodus. Dazu gehöre ich. Es gibt auch Menschen, da bin ich überzeugt, mit eingebauten Empfangsmodus. An die wende ich mich. Und wer nicht dazu gehört, ist bei mir dann einfach nicht an der richtigen Stelle.“
Wir können für uns sagen: Johannes Schier ist bei uns auf jeden Fall an der richtigen Stelle. Und jeder Leser ist eingeladen, Schier sein Senf zu kommentieren, kritisieren und sonst jede entstandene Emotion unter seiner Kolumne loszuwerden.
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