Italien zur Zeit der Renaissance. Die Baukunst steht in voller Blüte und die einzelnen Städte wetteifern miteinander um die prunkvollsten Bauten. Nur wer klug plant und den Überblick behält, kann seine Mitspieler übertrumpfen. Wer von Euch ist der geschickteste Einkäufer und der größte Baumeister?
Bei „Die Paläste von Carrara“ schlüpfen die Spieler in die Rolle von Baumeistern, die mit Ihren Gebäuden um die Gunst des Königs wetteifern. Es gilt, sich günstig mit wertvollem Marmor zu versorgen, zur rechten Zeit in der besten Stadt zu bauen und sich zum passenden Zeitpunkt frisches Geld zu holen. Dafür braucht es sowohl taktisches Geschick als auch ein gutes Gedächtnis, denn jeder Spieler hat einen Sichtschirm, hinter dem er seine Vorräte an Geld und Marmor vor den anderen versteckt. Bei jedem Zug stehen drei mögliche Aktionen zur Auswahl, von denen genau eine durchgeführt werden darf: Einkaufen, Bauen oder Gebäude werten.
Spekulieren und Bauen
Zu Beginn des Spiels ist die häufigste Aktion natürlich der Einkauf, niemand beginnt mit genug Steinen für einen großen Bau. Es gibt Marmor in sechs verschiedenen Qualitätsstufen, und von der Qualität hängt ab, in welchen Städten welcher Marmor verbaut werden darf. Livorno, die Stadt in der die meisten Siegpunkte zu holen sind, erlaubt zum Beispiel nur weißen Marmor. In Lérici, der Stadt die am wenigsten Vorteile bringt, können alle Arten Marmor verbaut werden.
Wenn sich der Preis des Baumaterials jetzt nur danach richten würde, wo es verbaut werden darf, wäre der Einkauf eine ziemlich dröge Angelegenheit. Dem ist aber nicht so, denn von Runde zu Runde ändern sich die Preise: Bausteine, die zum Verkauf stehen, werden auf einer Drehscheibe ausgelegt, die vor jedem Materialkauf ein Stück weiter gedreht wird. Der Clou: je länger Steine auf der Scheibe liegen und weitergedreht werden, desto billiger werden sie. Wer erfolgreich spekuliert kann also wertvolle Steine (fast) umsonst bekommen – aber wer sich verspekuliert, dem schnappen die Mitspieler alles vor der Nase weg. Und da niemand den Materialvorrat der anderen sehen kann, ist es nicht so einfach, den Überblick zu behalten, wer welche Steine brauchen kann.
Wer genug Steine in der gewünschten Qualität hat, kann mit dem Bauen beginnen. Es gibt sechs verschiedene Gebäudearten, und von jeder Gebäudeart gibt es fünf Bauwerke mit Baukosten von einem bis fünf Steinen. Auch hier gilt: je höher die Kosten, desto wertvoller ist das Gebäude in der Wertung. Trotzdem sollte man sich nicht nur auf die teuren Bauwerke stürzen, denn viele Bauwerke einer Art zu haben bringt auch Vorteile.
Ruhm und Geld – die Wertung
Wer im Spiel die Nase vorn hat entscheidet sich in der Wertung. Jeder Spieler kann in seiner Runde für sich Wertungen vornehmen, bei denen es um zwei Dinge geht: Siegpunkte und Geld. Drei der sechs Städte im Spiel geben Siegpunkte, die anderen drei geben Geld. Wer nicht mitten im Spiel Pleite gehen will tut also gut daran, nicht nur nach den Siegpunkten zu schielen. Gewertet werden können zum einen alle Gebäude einer Art, die ein Spieler gebaut hat – deshalb macht es Sinn, beim Bauen nicht nur die wertvollsten Gebäude zu errichten. Je mehr Bauwerke einer Art man hat, desto größer ist der Gewinn pro Wertung. Zum anderen werden die Gebäude gewertet, die in einer Stadt stehen. Da jede Stadt im Spiel nur einmal gewertet werden darf, gilt es, hier seinen Mitspielern zuvorzukommen.
Das Spielende
Das Spiel endet, wenn entweder alle dreißig Bauwerke errichtet sind, oder wenn ein Spieler alle Siegbedingungen für das Spiel erfüllt hat und das Spielende ansagt. Die Siegbedingungen sind im Grundspiel immer gleich und die Möglichkeit, das Spielende zu erklären, bevor die letzten Gebäude errichtet wurden, macht das Spiel deutlich spannender. Niemand weiß genau, wie viel Zeit bis zum Spielende noch bleibt.
Wo ein Grundspiel mit immer gleichen Siegbedingungen ist, da kann die Erweiterung nicht weit sein. Bei diesem Spiel ist die Erweiterung sogar ziemlich nah, denn sie ist gleich beim Spiel mit dabei. Das darf man dem Hans im Glück Verlag hoch anrechnen, denn die Erweiterung ist so umfangreich, dass man sie auch einzeln hätte verkaufen können. Außerdem ist die Verpackung sehr stimmungsvoll, denn das Zusatzmaterial steckt in einem verschlossenen Briefumschlag mit der Anweisung, ihn erst nach zwei Partien des Grundspiels zu öffnen. Mir gefallen solche stimmungsvollen Ideen, die viel Liebe zum Detail erkennen lassen. Im Umschlag befinden sich zusätzliche Regeln für alle drei Aktionen und dazu ein ganzer Stapel mit Karten, die neue Siegbedingungen ins Spiel bringen.
Fazit:
„Die Paläste von Carrara“ ist ein gelungenes Spiel, das schon in der Basisversion überzeugt und mit der beigelegten Erweiterung noch einmal deutlich an Attraktivität gewinnt und ein super Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Die Regeln ermöglichen genug taktisches Spiel, dass Vielspieler lange ihre Freude damit haben werden, aber sie sind gleichzeitig einfach genug, dass auch Gelegenheitsspieler schnell loslegen können. Zumal das Regelheft so gut gestaltet ist, dass es dafür auf der SPIEL 2013 den Deutschen Spielepreis für das Spiel mit den vorbildlichsten Regeln gab. Ein Preis, den die Paläste ebenso verdient haben wie die Nominierung zum Kennerspiel des Jahres 2013.
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