Bunte Kostüme, fetzige Songs und hübsche Mädchen. „Burlesque“ hat all das zu bieten. Aber ist der Film auch ein Hit? Redakteurin Silke Meyer hat ihn sich angeschaut.
Als ich entschied, mich für 5vier in „Burlesque“ zu wagen (Kinostart am 06.01.), konnte ich nicht umhin, den Film vorab mit einigen Vorurteilen in Verbindung zu bringen. Immerhin handelt es sich um ein Musical. Folgendes schien demnach nur allzu wahrscheinlich:
- Der Film würde eine vorhersehbare Handlung ohne jegliche überraschende Wendungen haben, da man sich bestimmt mehr auf die große Show und die Gesangseinlagen, als auf eine gut durchdachte Story konzentriert hatte.
- Da Christina Aguilera und Cher die Hauptrollen spielen, darf man nicht allzu viel im Bereich schauspielerische Leistungen erwarten. Immerhin ist Christina in erster Linie Musikerin, und die versagen bekanntlich oft, wenn sie es dann auch auf der Leinwand krachen lassen wollen. Und Cher, die gute alte Cher, hatte einst soviel Talent, doch nach (angeblich) Unmengen Botox und (so wird gemunkelt) einer ganzen Reihe von Schönheits-OPs – wie ausdrucksstark kann ihr Gesicht da noch sein?
Ob ich Recht hatte? Ob sich all meine Befürchtungen erfüllt haben?
Eine Kellnerin sucht ihr Glück
Aber fangen wir mal ganz von vorne an, und zwar mit einem kurzen Abriss der Geschichte: Kellnerin Ali (gespielt von Christina), das typisch naive aber ungemein talentierte Provinzmädchen, sehnt sich nach so viel mehr und reist kurzerhand nach L.A., um dort als Sängerin und Tänzerin Karriere zu machen. Nach einigen erfolglosen Versuchen landet sie im Burlesque – Club von Tess (Cher), die sie zunächst als Kellnerin engagiert, jedoch auch nur, weil Ali eine erstaunliche Hartnäckigkeit an den Tag legt. Dort lernt die begeisterte Blondine Jack kennen (gespielt von O.C. California – Schönling Cam Gigandet), mit dem sie sich auf Anhieb gut versteht. Weniger harmonisch ist ihr Verhältnis zum Star der Show, der ständig angetrunkenen Nikki (Kristen Bell) und es wird sogar noch frostiger, als Ali es schafft, einen Job als Tänzerin zu erlangen und, man glaubt es kaum, schließlich sogar dank ihrer perfekten Stimme zur neuen Hoffnung des finanziell angeschlagenen Clubs wird.
Wer jetzt denkt, dass die Story nicht unbedingt originell ist, dem sei gesagt: Stimmt! Genauso uninspiriert sind übrigens auch die Dialoge, eine Platitude folgt der nächsten. Und auch die Charaktere sind wandelnde Klichees: das gutherzige Kleinstadtmädchen, die arrogante Rivalin, der einflussreiche Mistkerl,… . Die schauspielerischen Leistungen lassen wie befürchtet zu wünschen übrig, was sich aber bei einem derart schwachen Drehbuch wohl kaum vermeiden lässt. Christinas Charakter fehlt jegliche Natürlichkeit und Chers Mimik bleibt selbst in emotionalen Szenen wie versteinert. Cam Gigandet zeigt hingegen eine verhältnismäßig solide Performance.
Vergeudetes Talent
Wirklich leid tut es mir um Stanley Tucci und Kristen Bell. Erster spielt Tess‘ Assistenten mit soviel Charme, dass man sich wünscht, er käme in einem anderen Film vor. Kristen Bell hingegen darf wiedereinmal nichts von der Spritzigkeit zeigen, die sie damals in der Krimi-Serie Veronica Mars zur Schau stellte. Nach einer ganzen Reihe von belanglosen Komödien bleibt ihr auch hier nichts anderes übrig, als eine mittelprächtige Performance abzuliefern. Man möchte in Hollywood anrufen und sagen: Hey ihr Produzenten, gebt dieser jungen Frau endlich wieder gute Rollen!
Aber, wie bereits gesagt, handelt es sich um ein Musical, und so soll auch den Gesang- und Tanzeinlagen Aufmerksamkeit gewidmet werden. Getanzt wird viel und noch dazu in knappen Outfits. Das ist hübsch anzusehen, insbesondere in der ersten Hälfte des Films. Als Alis Karriere in Gang kommt, werden die Vorstellungen mehr und mehr von ihrem Gesang bestimmt, was dem ganzen meiner Ansicht nach eher schadet. Wirklich herausragend ist einzig Chers kraftvolle Nummer „You Haven’t Seen the Last of Me“. Diese rechtfertigt auch eine Golden Globe Nominierung. Dass der Film aber gleich mehrere davon erhalten hat, scheint eher lachhaft.
Mein Fazit: Leider wurden all meine Vorurteile bestätigt. Knallharte Musical-Fanatiker oder große Christina Aguilera und/oder Cher – Fans können dem Ganzen vielleicht etwas abgewinnen, alle anderen sparen sich besser das Geld für die Kinokarte und schauen sich stattdessen lieber nochmal „Chicago“ an.
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