Im alten Jahr feierte die ehemalige Trierer Schauspielerin Vanessa Daun einen großen Erfolg mit der Premiere ihres Stückes „Ich diene Deutschland – Du hast es doch gewusst“. Doch nicht sie oder Regisseurin Britta Benedetti, auch eine Ehemalige aus dem Theater Trier, stellten sich darin in den Mittelpunkt, vielmehr ging es um die Erfahrungen, Erlebnisse und nicht zuletzt das Leben von Soldatenfrauen. 5vier.de stellte einer von ihnen ein paar Fragen.
Katrin Schwarz ist vierfache Mutter, treusorgende Ehefrau und Buchautorin. Bis hierhin schon außergewöhnlich. Führt aber nicht gerade zu einem Aufschrei. Die Massen spalten sich erst, wenn man das Thema ihres Buches erfährt und zudem den Beruf ihres Mannes, mit dem sie seit über 25 Jahren verheiratet ist: Er ist Soldat und ihr Buch eine Sammlung von (Liebes)briefen von anderen Soldatenfrauen an ihre Männer im Einsatz. Mit „Ich kämpf mich zu dir durch, mein Schatz“ ist es betitelt. Soldatenfrauen schreiben an ihre Männer, berichten über die Geschehnisse daheim, was die Kinder so in der Schule machen, wie der Alltag so läuft. Aber natürlich schreiben sie auch etwas von Vermissen, Wiedersehensfreude und Liebe. Trotzdem sind es „keine Liebesbriefe in dem Sinne, aber es steckt viel Liebe drin“, weiß Katrin Schwarz. Auch aus eigener Erfahrung.
Auch ihr Mann war für mehrere Monate im Einsatz. Weg von daheim. Auch sie spürte den Trennungsschmerz, in dem Moment in dem er die Haustür hinter sich zugezogen hatte. Den Alltag mit vier Kindern bewältigen, alle noch relativ klein, die Tränen und das Vermissen herunter kämpfen, den Part des Partners mit übernehmen. Keine leichte Sache, aber dennoch „lebbar“. „Im Prinzip ist es wie ein Mobilé bei dem man ein Teil herausnimmt, erst mal ist es im Ungleichgewicht, aber nach einer Weile pendelt es sich von selbst wieder ein.“ Der Einsatz ihres Mannes hat sie aber nicht nur Nerven gekostet, sondern auch stärker gemacht. „Man sieht, wie viel man eigentlich schaffen kann. Man organisiert sich anders und wird selbstständiger.“
Der fehlende Part
Nach einer Weile hatte sich das Familien-Mobilé wieder eingependelt; doch was passiert, wenn der fehlende Teil plötzlich wieder angehangen wird? „Dann ist es erst mal wieder im Ungleichgewicht.“ Mit der Rückkehr des Mannes kommen dann auch Fragen auf, organisatorischer, wie zwischenmenschlicher Art: Wie empfängt man den Heimkehrer? Party oder gemütliche Stunden daheim? Vorher nochmal zum Frisör? Neue Unterwäsche kaufen? Ein beliebtes Thema auch im Internet-Forum, welches Schwarz aufgebaut hat. Hier können sich Soldatenfrauen austauschen, über Ängste und Fragen, dumme Kommentare der Nachbarn und nicht zuletzt, Vorbereitungen für die Heimkehr des Partners.
„Eine Party geht oft nach hinten los“, weiß Schwarz. Es gibt einige Berichte im Forum über missglückte Willkommensfeiern. „Meistens wollen die Männer Ruhe haben, immerhin kommen sie nach Hause.“ Aber auch sie hatte das erste Wiedersehen vorbereitet. Die Haare ordentlich frisiert, dem Mann nicht unbedingt in Jogginghose die Tür aufgemacht, das Lieblingsessen gekocht. Doch nach den Fragen kommen oft die Ängste und Zweifel, die viel tiefer gehen. An den Nerven kratzen und die Emotionen aufwühlen: Wie wird er sein, wenn er wiederkommt? Hat er sich verändert? Hat man sich entfremdet?
Missglückte Willkommensfeiern
Wichtige und gewichtige Fragen, denn eine Abkürzung wird immer mehr zum Standardkürzel beim Gedanken an heimgekehrte Soldaten: PTBS. Eine Posttraumatische Belastungsstörung kann die Folge eines Einsatz in einem Krisengebiet sein. Muss es aber nicht. „Die Männer kommen schon verändert nach Hause, aber nicht jeder trägt eine Belastungsstörung davon. Man muss bedenken, dass sie monatelang in einem völlig fremden Land waren. Eine völlig andere Kultur und oft auch Armut und Not gesehen und erlebt haben“, weiß Schwarz, dennoch kennt auch sie die Gefahr. In ihrem Forum frauzufrau-online.de tauschen sich die Frauen über die eigenen Ängste und Bedenken aus, mit psychischen Belastungsstörungen ihres Partners gehen sie allerdings an andere Stellen. „Hierfür gibt es spezielle Anlaufstellen, die wesentlich fundierter helfen können und das auch müssen.“ Diese Hilfe muss über das gegenseitige Austauschen hinausgehen. Dennoch ist gerade dieses für die Frauen besonders heilsam.
„Ich bekomme viel positives Feedback. Man weiß, dass alle in derselben Situation sind, man muss sich also nicht nochmal erklären.“ Gerade dieser Austausch auf einer gemeinsamen Ebene ist für viele mehr als wichtig. „Manchmal denke ich, es bewahrt vor ernsthafteren Erkrankungen, die durch die dauernde Sorge und den zusätzlichen Stress ausgelöst werden können. Viele der Frauen berichten über die besondere Heftigkeit der Emotionen, die in ihnen hochkommen. Dass sie andauernd mit den Tränen kämpfen und nicht glauben, dass es besser wird mit den Monaten. Aber es wird besser.“
Heftigkeit der Emotionen
Eine Extrarubrik gibt es für ein ebenfalls (leider) immer wiederkehrendes Thema: „Dumme Sprüche“. Ein besonders beliebter und oft gehörter Satz: „Das wusstest du doch.“ „Natürlich wusste man, als man sich in einen Soldaten verliebt hat, dass der möglicherweise mal nicht Zuhause sein wird.“ Aber an den Gefühlen, die man hat, ändert das herzlich wenig. „Ich denke nicht, dass Leute so etwas sagen, um einen zu verletzen oder weil sie unsensibel sind. Ich denke, derjenige schottet sich ab, weil es ihnen zuviel ist. Oder es ist einfach nur so daher gesagt.“ Für viele ist es schwer vorstellbar mit einem Soldaten in einer Beziehung oder gar verheiratet zu sein. Ein seltsames Beispiel hat auch Katrin Schwarz zu berichten: „Damals war Karneval im Kindergarten und eine der Kindergärtnerinnen wies mich etwas verschämt darauf hin, dass die Kinder keine Spielzeugpistolen mit in den Kindergarten bringen durften. Das müsste ich einfach verstehen.“ Schwarz lacht: „Ich glaube, sie dachte, dass unsere Kinder daheim mit Waffen spielen dürfen.“ Die Kindergärtnerin fürchtete wohl einen etwas „unvorsichtigen Umgang“ mit Schusswaffen in der Familie eines Soldaten. Eher das Gegenteil ist der Fall. „Mein Mann ist wohl, gerade weil er die Gefahr kennt, vorsichtiger mit Waffen.“ Eines wird man aber nie vermeiden können. „Kinder basteln sich aus Ästen Waffen, zum Spielen.“
Vorurteile kommen von verschiedensten Seiten, oft gerade von solchen von denen man diese nicht erwartet hätte. In ihrem Forum können sich Freundinnen und Ehefrauen von Soldaten über dieses und vieles mehr austauschen. Auch in Friedenszeiten bleibt der Beruf ‚Soldat‘ für viele ein rotes Tuch. Für deren Frauen ist es meist nur ein Aspekt ihres Mannes. Ein Aspekt, der mit den eigentlichen Gefühlen für den Menschen dahinter wenig zu tun hat. Aber es ist eben auch alles erlaubt, in der Liebe.
[statistik]Hier geht’s zu Schwarz‘ Onlineforum frauzufrau-online.de
Und hier zu ihrem Buch: „Ich kämpf mich zu dir durch, mein Schatz“[/statistik]
Kommentar verfassen