Die Trierer Bundesliga-Handballerinnen haben ausgerechnet im prestigeträchtigen Rheinlandpfalz-Derby gegen die Vulkan-Ladies aus Koblenz ein Lebenszeichen gesendet. Durch den verdienten 29:23 (16:9)-Heimsieg ist im Kampf um den Klassenverbleib wieder alles drin. Unter den Augen von Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Toto Lotto Geschäftsführer Frank Zwanziger sowie 1600 fantastischen Zuschauern agierten die Miezen als geschlossene Einheit, mussten allerdings durch ein Wechselbad der Gefühle, ehe der vierte Saisonsieg unter Dach und Fach war.
Trier. Es gibt Momente im Sportlerleben, die vergiss man das ganze Leben nicht, an die erinnert sich jeder zurück, weil sie außergewöhnlich sind, weil sie kaum zu wiederholen sind: Jener 11. April 2015 wird allen Handballfreunden, Zuschauern, Fans und Sponsoren der Trierer Bundesliga-Handballerinnen wohl noch lange im Kopf bleiben. Es war nicht nur ein 29:23 (16:9)-Derbysieg gegen den Kontrahenten vom Deutschen Eck, das lang ersehnte Signal, der vierte Saisonsieg nach zuvor sechs Niederlagen in Serie – dieser Sieg war Balsam für die zuletzt arg gebeutelte Miezen-Seele und Werbung in eigener Sache, in der die Verantwortlichen auch finanziell jedes Jahr hart kämpfen müssen.
Wer hier heute dabei war, der sollte gesehen haben, dass es sich lohnt diese Mannschaft und den Frauenhandball in Trier zu unterstützen“, so ein euphorisierter MJC-Vorstand Jürgen Brech, der gleich eine Kampfansage an die Konkurrenz hinterherschickte: „Wir werden alles, aber auch alles dafür geben, um ein weiteres Jahr in der ersten Liga zu bleiben.“ Zunächst einmal genossen aber alle Beteiligten nach nervenaufreibenden 60 Minuten, in der die Moselstädterinnen bereits geschlagene Gäste durch eigene Unzulänglichkeiten wieder ins Spiel brachten, das Gefühl des Sieges. „Das heute war unser erstes Endspiel und die Mannschaft hat diese Herausforderung mit Bravour gelöst“, so eine stolze Trainerin Cristina Cabeza.
Die Spanierin war es, die ihrer Sieben in der zweiten Hälfte die nötige Sicherheit gab, es schaffte in der spannenden und dramatischen Endphase Ruhe zu bewahren. Da führten die Miezen nach einer sensationellen ersten Halbzeit scheinbar beruhigend mit sieben Toren, hatten Koblenz mit der wohl besten Abwehrleistung der Saison demoralisiert und hatten das Moment klar auf ihrer Seite. Allein: Der Handball und vor allem Derbys schreiben ihre eigenen Gesetze. Und so schafften es die Vulkan-Ladies mit einer einfachen Manndeckung gegen Spielführerin Katrin Schneider die Miezen völlig aus dem Konzept zu bringen, das Selbstvertrauen der ersten Hälfte wie weggeblasen. Aus einer 16:9-Halbzeitführung war zehn Minuten vor Spielende ein mickriges 22:21 geworden.
„Wir müssen nicht um den heißen Brei reden, dass in dieser Phase die Hände gezittert haben, wir viele falsche Entscheidungen getroffen haben. Das werden wir auch analysieren“, so Cabeza, die aber ergänzte: „Letztlich haben wir dem Druck standgehalten.“ Und die Miezen hielten dagegen, präsentierten sich an diesem Abend als eingeschworener Haufen, als Kollektiv. Da war einmal Torfrau Verena Flöck, die eine fulminante erste Hälfte spielte, in der zweiten Hälfte aber keine Hand mehr an den Ball bekam und von ihrer Kollegin Jessica Kockler abgelöst wurde. Und die rechtfertigte ihre Einwechslung mit zwei entscheidenden Paraden, darunter einem 7-Meter (51.). In der Offensive glänzte Maxime Struijs mit sechs Treffern, auch auf die Außenspielerinnen Megane Vallet (5) und Judith Derbach war Verlass.
1600 Zuschauer erhoben sich bereits fünf Minuten vor Spielende, die Spielerinnen wurden minutenland nach Spielende gefeiert, genossen das Bad in der Menge. Die Botschaft eindeutig: „Wir leben noch, wir sind noch da.“ In zwei Wochen geht es dann in das nächste Endspiel: Mit einem Sieg in Celle (25.4 /19.30 Uhr) und einer gleichzeitigen Niederlage von der Vulkan-Ladies können die Miezen am Rivalen aus Koblenz vorbeiziehen.
Von Franzi Garcia
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Stenogramm: Jessica Kockler, Verena Flöck; Celine Michielsen, Hannah Sattler, Esther Mohr, Katrin Schneider (5/3), Linsey Houben (1), Mégane Vallet (5), Judith Derbach (6), Jana Kordel, Maxime Struijs (6), Silvia Solic (3), Franziska Garcia (3), Cristina Cabeza
Schiedsrichter: Andreas Briese/Kim von der Beeck – Zuschauer: 1600
Beste Werferinnen Koblenz: Annika Ingenpaß (8/6), Zorica Despodovska (6)
Spielfilm: 6:2 (8.), 10:3 (15.), 11:8 (21.), 16:9 (30.), 16:12 (33.), 20:16 (38.), 22:21 (48.), 26:22 (55.), 29:23 (60.)
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