„Ziemlich beste Freunde“, der große Kinoerfolg des Jahres 2011 in Frankreich, erzählt die Geschichte einer seltsamen Freundschaft zwischen zwei Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Und selten wurde eine solche Geschichte so warmherzig, liebevoll und urkomisch erzählt. 5vier.de-Redakteur Andreas Gniffke hat sich den Film bereits angesehen.
Philippe ist reich, sehr reich sogar. Und Philippe ist vom Kopf abwärts gelähmt und auf eine Rundumbetreuung angewiesen. Da Philippe aber auch kein besonders einfacher Charakter ist, lässt sich kaum ein Pfleger länger als ein paar Tage auf den Job ein und die Suche nach geeignetem Personal gestaltet sich schwierig, vor allem weil der Patient klassischen Pflegekräften ausgesprochen wenig Sympathie entgegenbringt. Der Zufall will es, dass sich auch Driss um den Job bewirbt. Der gründlich vorbestrafte Vorstadtbewohner mit Banlieue-Manieren will sich eigentlich nur eine Unterschrift abholen, um seine Arbeitslosenunterstützung zu sichern, für die er drei Vorstellungsgespräche nachweisen muss. Doch Philippe ist fasziniert vom frischen Wind, den der ungehobelte Driss in den verstaubten Innenstadtpalast bringt und bietet ihm einen Probemonat an. Freie Kost und ein luxuriöses Domizil (inkl. freistehender Badewanne) machen Driss die Entscheidung leicht und er geht völlig unbefangen und ohne jegliche Kompetenz im Pflegesektor auf das Angebot ein. Philippes Umfeld ist entsetzt …
Was folgt ist wenig überraschend und kann somit ohne zu viel vorwegzunehmen hier erzählt werden. Natürlich entwickelt sich eine Freundschaft zwischen dem ungleichen Paar und beide profitieren vom anderen. Driss entdeckt ungeahnte künstlerische Interessen und entwickelt sich im Umgang mit dem behinderten Philippe auch in menschlicher Hinsicht weiter. Dieser dagegen genießt den vorurteilsfreien und manchmal brutal mitleidlosen Umgang und fährt außerdem viel lieber mit seinem Maserati als mit dem praktischen, behindertengerechten Langweilermobil. Driss behandelt ihn als Menschen und nicht als Pflegebedürftigen. Und so kehrt die Lebensfreude zurück und Philippe beginnt, sein Leben wieder in vollen Zügen zu genießen, Joints und leichte Mädchen inklusive. Aber auch wenn die Geschichte wenig Neues bietet, ist die Art, wie sie erzählt ist, erfrischend und herzerwärmend und man wundert sich nicht, warum bereits 17 Millionen Franzosen in die Kinos geströmt sind, um dieses kleine Meisterwerk zu sehen. Zusätzliche Glaubwürdigkeit verleiht dem Film dabei die Tatsache, dass es sich um eine weitgehend wahre Geschichte handelt. Philippe Pozzo di Borgo, Chef der berühmten Champagnerdynastie Pommery, verunglückte im Jahr 1993 beim Paragliden und ist seitdem auf den Rollstuhl angewiesen. Zu seinem aus armen Verhältnissen stammenden Pfleger Abdel Sellou pflegt er bis heute ein freundschaftliches Verhältnis und beide sind auch am Ende des Films zu sehen.
Das Regieduo Olivier Nakache und Eric Toledano schafft es, jenseits aller Klischees die Geschichte eines Behinderten zu erzählen, der als Mensch wahrgenommen werden möchte und auch die Entwicklung von Driss, der dem Schicksal seiner Herkunft entfliehen kann, bleibt glaubwürdig. Das ist vor allem der Verdienst der beiden großartigen Hauptdarsteller. François Cluzet (Prêt-à-porter, French Kiss) spielt den aufblühenden Griesgram Philippe, Omar Sy den sympathisch-durchgeknallten Driss. Doch auch die Nebenrollen sind charmant ausgefüllt. Philippes Assistentin Magalie (Audrey Fleurot) widersteht hartnäckig den zum Teil recht merkwürdigen Annäherungsversuchen von Driss und selbst Yvonne (Anne Le Ny), die gestrenge gute Seele des Hauses, schließt den Neuankömmling schließlich in ihr Herz.
Selten konnte 5vier.de mit solcher Überzeugung eine Kinoempfehlung geben. „Ziemlich beste Freunde“ wird sicherlich niemanden kalt lassen und verbreitet über die positive Botschaft hinaus verdammt viel Spaß. Bitte den 17 Millionen Franzosen nachmachen und ins Kino gehen!
Der Film läuft im Broadway-Trier, die Spielzeiten gibt es hier.
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