Ich hatte gehofft, dass pünktlich zum Erscheinen dieses Artikels die Sonne raus kommt, die Krokusse sprießen und im Wald die Karnickel anfangen, rumzukarnickeln, damit sie an Ostern genug Eier zum legen haben. Lehre des Tages: Wer nicht hofft, wird nicht enttäuscht.

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Nun gut: es regnet infernal, und bei so manchem Bewohner in der Region werden verständlicherweise noch nicht so alte Traumata getriggert. Dazu ist es auch immer noch kalt – es freuen sich die Energieversorger, während sich der zynische Boulevard-Mensch in mir fragt: wo ist der Klimawandel, wenn man ihn braucht? Ich weiß – Boomerhumor. Aber auch das ist ein Teil des Spektrums. Ich jedenfalls warte darauf, wie der Frühling die Vertreter dreier Spezies wieder nach draußen holt.
Daunensenioren
Mit dem Beginn der Strassencafe-Saison freue ich mich auf die Zeit, in der die männlichen Vertreter der „Daunensenioren“ aus dem Winterschlaf erwachen. Das Männchen der Spezies Daunensenior trägt meist eine Skinny Jeans – gerne mit „Ehrlich Brothers style“ Beschädigungen, dazu möglichst auffällig bunte Kai Pflaume style sneaker, einen Hoodie, bzw. ein Hemd mit vielen Random prints über die Buxe oder auch ein Poloshirt mit hochgeklapptem Dracula-Kragen – und natürlich eine alien-esque Sonnenbrille in einer grellen Farbe. Dazu kommt das wohl auffälligste Merkmal neben dem zum schicken Schnitt drapierten silbernen Haupthaar und den frisch aufgehellten Zähnen: die federleichte, farblich sehr selbstbewusste , meist quer gesteppte Daunen-Übergangsjacke. Favorisierte Marken sind Oakley, Superdry, Camp David, Camp David und Camp David.
Lehrerkinderpunks
Gibt es sie noch? Ich weiß es nicht, aber in meiner Jugend gab es sie zuhauf. Lehrerkinderpunks erkennt man meist daran, dass sie Unsummen Taschengeld investieren, um den Eindruck zu vermitteln, sie führen das Leben eines Obdachlosen. Meist gut gebildet aus Haushalten des oberen Mittelstands kommend, haben sie ideologisch die Weisheit mit Löffeln gefressen und dulden normalerweise nur sehr schwer gleichgesinnte im eigenen elitären Rudel (, während übrigens Naziprolos dahingegen eine regelrechte Masseninklusion betreiben, kein Wunder dass das Land nach rechts rückt). Sie rauchen, trotz des brutalen Preises, rote Gauloises und trinken Billigbier aus Attitüdegründen. Aber eben auch nur so viel, dass das mit dem guten Abi noch klappt. Über die Lebensräume kann ich leider wenig sagen, dazu bin ich mittlerweile zu alt und das ExHaus zu lange zu. Vielleicht Berlin? Zu weit, um die Dreckwäsche ins Elternhaus zu bringen.
Gruppenleaser
Die nächste Spezies findet sich – ähnlich den Daunensenioren – im Umfeld der Straßencafes. Ich wage mal den Vergleich des Strassencafes mit einem Wasserloch in der Savanne – dort sind u.A. die Daunensenioren (und ich) diejenigen, die sich irgendwann ans Wasser wagen, um zu trinken – wohl wissend, dass ein Rudel Löwen, diese Wasserstelle umkreist. Mittlerweile wissen wir aber, dass diese Löwen nicht wirklich Wild reißen, sondern es nur nerven – meist mit Krach, Gestank und Einschränkung der Möglichkeiten, irgend wo lang zu laufen. Der Gruppenleaser tritt in kleinen Rudeln auf, meist in einer Stuttgarter Mittelklasselimousine mit dem Stern drauf und einem Bass vom MediaMarkt im Kofferraum, dazu der laute Auspuff für die Brunftgeräusche. Für die Raten wird zusammengelegt und jeder darf mal lenken. Dann geht die Fahrt im Schrittempo los, vom Stockplatz über den Viehmarkt dorthin, wo sich sonst überall noch Leute in Stühlen versuchen, zu unterhalten. Das ganze so langsam und laut, dass man erst denkt, es ist Karneval und gleich fliegen die Kamellen aus dem Benz. Die optischen parallelen zum Standart-Großstadt-Koksdealer sind hier übrigens völlig willkommen – ähnlich den Lehrerkinderpunks träumen die Gruppenleaser wohl auch von einem Leben in Deutschlands Hauptstadt.
Fazit
Suchen wir unsere Ferngläser und Bestimmungsbücher raus, denn bald wird Triers Innenstadt wieder zum Zoo der Eitelkeiten.
Ihr Senf hierzu interessiert mich natürlich sehr – also kommentieren Sie was das Senfglas hergibt! Mehr Senf von mir gibt es hier !
Mehr Sempf bekommt Ihr in Johannes´ Podcasts „Discöföx“ (zusammen mit Philipp Godart) und „Schier sein Podcast“ – überall wo es Podcasts gibt und auf den Websites der Boys:
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