Trier. Wenn es um den deutschen Wald geht, ziehen Forstleute, Politik, Hochschullehrer und Unternehmer an einem Strang. Auch wenn man in Detailfragen an der ein oder anderen Stelle schon mal unterschiedlicher Meinung ist. Das zeigte das vom Forstamt Trier und der Stadt Trier ausgerichtete 6. Trierer Waldforum, zu dem Fachleute aus dem gesamten Bundesgebiet sowie aus Luxemburg gekommen waren. Das Interesse war groß: mehrere Hundert Fachleute verfolgten die Tagung in der Europahalle, eine ähnlich große Zahl über das Internet. Um auch Hörgeschädigten die Teilnahme zu ermöglichen, hatten die Organisatoren zudem zwei Gebärden-Dolmetscher verpflichtet.

In Trier trafen sich Förster mit Politikern, Unternehmern und Hochschullehrern, um über die Zukunft des deutschen Waldes zu diskutieren
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer brachte es gleich zu Beginn auf den Punkt: „Unser Wald ist für uns lebens- und überlebenswichtig. Ob als ‚Klimaanlage‘ in Hitzesommern oder als wichtiger Lebensraum von Pflanzen und Tieren.“ Für die Politikerin steht fest: „Der Wald als CO2-Senke ist unerlässlich.“ Zudem sei der Wald auch ein häufig unterschätzter Wirtschaftsfaktor. In dem Zusammenhang verwies Dreyer auch auf die Förderung von Holz als klimapositiven Baustoff und die Verwendung regionalen Holzes, das regionale Wertschöpfung sowie Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen stärke.

Windkraft im Wald kein Tabu-Thema
Sehr wichtig sei, den Ausstoß von Treibhausgasen so schnell wie möglich zu reduzieren, forderte die Politikerin. Hierbei könne die Nutzung von Windenergie einen großen Beitrag leisten. Womit die Ministerpräsidentin auf ein Spannungsfeld aufmerksam machte. Denn gut 42 Prozent der Fläche des Landes Rheinland-Pfalz sind mit Wald bedeckt. Windkraftanlagen im Wald sind für sie kein Tabu-Thema mehr. Um an das gemeinsame Ziel zu gelangen, bedürfe es Konsens- und Kompromissfähigkeit, um eine gute Balance zwischen Waldschutz und Waldnutzung zu gewährleisten. Bis spätestens 2040, so Dreyer weiter, soll die Klimaneutralität erreicht sein. Angesichts des voranschreitenden Klimawandels bedeute dies eine Herkulesaufgabe. Diese vor Ort und weltweit zu bewältigen, dazu brauche es Mut, gemeinsam erforderliche Veränderungen anzupacken. Außerdem soll in Zukunft die wald- und klimabezogene Forschung sowie die Weiterbildung und Qualifizierung gestärkt werden, zum Beispiel durch eine gemeinsame Forstliche Forschungsanstalt mit dem Land Baden-Württemberg oder den Ausbau des Weiterbildungszentrums Hachenburg. In dem Zusammenhang hob die Ministerpräsidentin besonders die enge Zusammenarbeit mit deutschen und europäischen Nachbarn hervor.
Die Situation des Waldes ist auch Dreyers Kabinettskollegin, Umweltschutzministerin Katrin Eder, wohl bewusst. Ihren Worten zufolge bedroht der Klimawandel den Wald existenziell: „85 Prozent der Bäume sind unter anderem aufgrund langer Dürrephasen geschädigt.“ Es sei immens wichtig, die Wälder zu erhalten „und da, wo der Wald dem Klimawandel zum Opfer fiel, diesen wieder nachhaltig aufzubauen.“ Sie hat Verständnis für die Waldbesitzenden, die für diese Aufgabe finanzielle Unterstützung benötigen. Für die Ministerin ist das gut angelegtes Geld: „Allein die Wälder in Rheinland-Pfalz speichern rund ein Viertel unserer CO2-Emissionen.“ Und auch die Funktion des Waldes als Wasserspeicher dürfe hier nicht aus dem Blick verloren werden.

Mit fachlichen Vorträgen Situation beleuchtet
Für den fachlichen Input sorgten eine Reihe von Vorträgen. Dr. Thorsten Welle, Leiter Wissenschaft und Forschung an der Naturwaldakademie gGmbH Lübeck, forderte Zielkonflikte im Sinne des Klimaschutzes, der Artenvielfalt und der Klimaanpassung abzuschaffen. In diesem Kontext müssten zudem bestehende Förderprogramme und Subventionen kritisch geprüft werden. Der frühere rheinland-pfälzische Waldbaureferent, Ministerialrat i.R. Georg-Josef Wilhelm, sprach sich für eigendynamische Selbstorganisations- und Selbstregulationsprozesse im Wald aus. Seiner Überzeugung nach muss die kohlenstoffbasierte Energieerzeugung rasch abgelöst werden, wobei Energie aus Biomasse in der „hoffentlich kurzen Übergangszeit“ eine wichtige Rolle spiele. Christoph Ewers, Vizepräsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates und Vorsitzender des Gemeindewaldbesitzerverbandes Nordrhein-Westfalen, legte seinen Fokus auf den Kommunalwald. Dieser stehe wie keine andere Waldbesitzform für die Vielfalt der Waldbewirtschaftung mit je nach lokalen Erwartungen und Bedürfnissen unterschiedlichen Schwerpunkten bei den Funktionen Erholung, Holzwirtschaft sowie Natur- und Umweltschutz. Um diese befriedigen zu können, müsse eine naturnahe Bewirtschaftung des Waldes stärker durch Bund und Länder gefördert werden. Zudem dürfe es keine weiter einschränkende gesetzlichen Regelungen geben. Der Präsident von NABU-Deutschland, Jörg-Andreas Krüger, favorisiert „in unzähligen Bereichen“ Holz als Zukunftsrohstoff.
Nachhaltige Waldpolitik und die Herausforderungen der Zukunft
Ein Problem sieht er in der begrenzten Verfügbarbarkeit, weshalb eine Priorisierung und ein effizienter Umgang mit der Ressource Holz und eine möglichst geschlossene Biokreislaufwirtschaft erforderlich sei. Nutz- und Schutzaspekte des Waldes müssten mit Blick auf Erosion, Wasserrückhalt, Hochwasserschutz, Trinkwasserneubildung, „Kühlzelle“ in der Landschaft, Lebensraum, Erholungsraum etc. neu austariert werden. Von daher begrüße der NABU das Vorhaben der Bundesregierung, ein zeitgemäßeres Bundeswaldgesetz zu erarbeiten. Das solle einen klaren Ordnungsrahmen mit deutlich höheren Grundpflichten für die Waldbewirtschaftung bilden. Der Generalsekretär des Bundesverbandes Deutsche Säge- und Holzindustrie e. V., Lars Schmidt, sieht auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Waldpolitik neben den Ländern und dem Bund auch Europa in der Pflicht. Aufgrund der zunehmenden Wetterextreme werde es künftig in einigen Regionen zu unerwarteten Schäden in den Wäldern kommen. Um deren Auswirkungen zu begrenzen und die Hölzer ressourceneffizient weiter verarbeiten zu können, brauche es ein Kalamitätsmanagement von Prävention, Lagerung, Transport und Logistik.

Alles in allem gab es so eine Vielzahl an Anregungen, die von Moderatorin Tanja Busse für Diskussionen und Gesprächsrunden aufgenommen wurden. Am Ende der Veranstaltung war es an Gundolf Bartmann, Leiter des Forstamtes Trier, Bilanz zu ziehen. Sein Fazit: „Der Blick auf unser Tun in der Forstwirtschaft wandelt sich; die Gefahren für den Wald steigen zeitgleich mit den Leistungsansprüchen; mit dem Interesse der Gesellschaft am Wald gibt es aber neue Chancen; bestehende Zielkonflikte müssen faktenbasiert ausgehandelt werden und im Wissen um die gemeinsame Verantwortung müssen alle Waldakteure zusammenarbeiten.“ Zudem bestehe die Hoffnung, dass die Politik auf dieser Basis bessere Entscheidungen treffe und hoffentlich die Waldwirtschaft der Zukunft nachhaltig finanzieren werde.
PM des Forstamts Trier
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