Von Monika Pradelok (Text und Fotos)
Die Sommerferien sind seit letzter Woche offiziell vorbei, es geht wieder in die Klassenzimmer. Seit gestern werden sich Kinder vielerorts über ihre Ferienaktivitäten austauschen. Einige von ihnen werden über ihre Zeit auf der TUFA.topolis Kunst.Bau.Stelle berichten und mit Stolz erzählen, woran sie gearbeitet haben. Der Ferien-Workshop fand einen krönenden Abschluss am Freitag, 16. August – bei strahlendem Sonnenschein feierten die jungen Handwerker in Anwesenheit ihrer Eltern sowie aller Betreuer das Ende von zwei langen und produktiven Wochen.
Freitag, 11 Uhr. Auf dem Gelände der Wechselstraße 4 – direkt neben der TUFA – herrscht bereits emsiges Treiben: Kinder turnen auf den selbstgebauten Dächern der kleinen TUFA-Stadt herum, Hämmer- sowie Sägegeräusche sind zu vernehmen. Sachen werden einander zugerufen, Holzlatten werden von A nach B transportiert und Werkzeuge geschwungen.
Hier liegt TUFA.topolis, die Kunst.Bau.Stelle der TUFA. Seit 2010 wird hier gehämmert, gebaut, gebohrt und geplant. Erwachsene sind auf dem städtischen Gelände nur in unterstützender Funktion tätig, denn die Hauptakteure sind die 9 bis 14-Jährigen, die während ihrer Sommerferien und darüber hinaus immer Freitag nachmittags die Möglichkeit haben an Gebäuden, Türmen, Rückzugsorten oder Brücken mitzubauen. Tätigkeiten, die das Gemeinschaftsgefühl sowie das Selbstvertrauen der jungen Menschen stärken und Rücksicht im Umgang mit anderen lehren.
An die 500 Kinder haben bislang an dem Projekt teilgenommen, Tendenz steigend. Dieses Jahr haben laut Laas Koehler (40), einem Betreuer der Kunst.Bau.Stelle., 24 Kinder mitgewirkt. Der Konzeptkünstler und seine Kollegen – insgesamt fünf an der Zahl – assistieren und passen zudem auf, dass nichts passiert. Aktive Hilfe wird nur geleistet, wenn die eifrigen Werkelmeister explizit danach fragen.
Keine Regeln, kein Erwartungsdruck
„Hier gibt es keine Machtverhältnisse, denen die Kinder ausgesetzt sind“, erklärt Sebastian Böhm (41), einer der Bildenden Künstler. Er ist seit Anfang an mit von der Partie und erzählt, wie viel Spaß die Kinder am Workshop haben. „Einige der Kinder blühen richtig auf.“ Und auch das Selbstvertrauen würde gestärkt.
Darüber hinaus seien Erwachsene und Kinder aufgrund der freien Strukturen auf gleicher Augenhöhe. Um der Kreativität der Kinder freien Lauf zu lassen, wird somit auf Vorschriften bewusst verzichtet. „Sie legen ihre Lernziele selber fest“, merkt Böhm weiterhin an.
So hat sich Ben (11) zum Beispiel dazu entschieden, sich neben seiner Arbeit am großen Haus an einem Stein auszuprobieren. Eine genaue Vorstellung über das Endprodukt habe er noch nicht, bemerkt er locker, doch eins weiß er mit Bestimmtheit – die Arbeit und das Herumexperimentieren machen ihm Spaß.
Abenteuerspielplatz „Stadt“
Der Umgang mit Werkzeugen sowie diversen Naturmaterialien wie Holz, Stein oder Lehm bietet den Kindern die Möglichkeit ihre Umwelt aktiv zu gestalten. Spielerisch realisieren sie ihre Ideen oder probieren „einfach mal was aus“. Dabei wird auch die Kommunikation mit den anderen Kindern sowie den Betreuern geübt – ein gute Schule für soziale Kompetenzen. „Laas, kommst du?“ – zwei Mädchen benötigen beim Bohren die Hilfe von Betreuer Laas Koehler. Sie scheinen es eilig zu haben, denn ein „Ich komme gleich“ wird nicht akzeptiert. Getreu dem Motto: Der Bau muss unbedingt weitergehen.
Jedes Kind, sei es in der Gruppe oder alleine, ist mit irgendeinem Projekt beschäftigt. „Die Kiddies reflektieren über verschiedene Themen und setzen sie gestalterisch um“, sagt er. So gibt es neben einem Eiscafé auch einen Kiosk, eine Küche, eine Chill-Ecke sowie verschiedene Rückzugsorte, die mit viel Fantasie verwirklicht wurden. „Sie setzen das um, was ihnen wichtig ist.“ Dies zeigt, dass sich die jungen Baumeister mit ihrem Alltag auseinandersetzen und darüber hinaus selber abwägen können was in ihrer Stadt gebaut wird.
„Ich warte immer noch darauf, dass in Zeiten von PRISM und Tempora eines der Kinder vorschlägt Überwachungskameras aus Holz zu basteln.“
Eine Stadt im ständigen Wandel
Koehler erinnert sich weiterhin, dass einige Teilnehmer einst eine Eisenbahnstrecke mit einem Wagen gebaut haben. Davon gibt es jedoch keine Spur mehr. „Es ist ein ständiger Fluss“, schildert Christina Biundo, Initiatorin und Projektleiterin, und illustriert wie sich TUFA.topolis in einem ständigen Veränderungsprozess befindet:
Wenn ein Kind gerade sein Werk vollendet hat, kann bereits im nächsten Moment jemand daraus etwas völlig Neues kreieren. Ausbauen und umgestalten – einige Kinder müssen laut Biundo erst teilen und akzeptieren lernen. Denn hier wird mit der Gemeinschaft für die Gemeinschaft gearbeitet. Das Projekt trägt somit zu einer nachhaltigen Entwicklung bei – einer Entwicklung, die den Bedürfnissen der jetzigen Generation dient, ohne die Möglichkeiten zukünftiger Generationen einzuschränken.
Das Konzept der Kunst.Bau.Stelle. kommt bei den jungen Teilnehmern sowie den Eltern gut an. „Es ist eine sinnvolle Beschäftigung“, findet eine Mutter. So würde ihr Sohn, der über einen Freund an den Workshop gekommen sei, den Umgang mit verschiedenen Werkzeugen lernen, die man nicht alltäglich nutzt. Ein Vater eines anderen Teilnehmers ist von dem Workshop ebenfalls überzeugt, denn das Projekt würde die Kinder von ihren Bildschirmen wegziehen. Sein Sohn ist bereits seit Anfang an dabei.
Der TUFA.topolis Gemeinschaftsgarten – Ein Nutzgarten für Alle
„Pizza! Wer möchte Pizza?“, ruft einer der älteren Jugendlichen und bietet den Anwesenden eine selbstgemachte Pizza an. Das Besondere daran: die Zutaten kommen aus dem Gemeinschaftsgarten, der dieses Jahr angepflanzt wurde. Gebacken wurde sie im eigenen Lehmofen.
In Kooperation mit dem Transition e.V., dem BUND und der AG Frieden in Trier ist auf dem Gelände ein public gardening entstanden, bei dem sich nicht nur die Kinder, sondern auch Bürger um die Pflege des Gartens kümmern können. Die Förderung von Zusammenhalt und Gemeinschaft steht also auch hier im Vordergrund.
„Die Kinder können das selbstgezüchtete Gemüse oder Obst selber ernten“, berichtet die 19-jährige Ditlinde Clavien. Sie absolviert gerade ihr Freiwilliges Soziales Jahr (kurz: FSJ) bei der AG Frieden und beim Bund Raum Trier/Saarburg. Ihr Kollege Simon Mewes (29) zählt auf, was man im Garten vorfinden kann: Tomaten, Kohlrabi, Zucchini, verschiedene Salate, eine Auswahl an Kräutern, Kürbisse und Erdbeeren. Eine Bereicherung, wie beide finden, denn so lernen die Kinder auch etwas über gesunde Ernährung und Selbstversorgung.
Wer ist hier der Boss?
Die selbständige Koordinierung der Arbeitsabläufe, die gemeinschaftliche Zusammenarbeit und die Verständigung untereinander – auf TUFA.topolis lernen die Kinder nicht nur künstlerische und handwerkliche Fähigkeiten, sondern auch soziale Kompetenzen. Sie lernen früh Verantwortung zu übernehmen und eigene Ideen umzusetzen. So haben einige Kinder auf dem Gelände Sicherheitsmaßnahmen ergriffen. „Die Kinder denken eigenständig mit“, sagt Koehler. Er zeigt auf eine Absperrung, die um eine Schaukel errichtet wurde. Es solle schließlich niemand verletzt werden.
Mit der Kunst.Bau.Stelle auf TUFA.topolis wurde ein Natur-Kunst-Projekt ins Leben gerufen, welches das Selbstvertrauen und die Kreativität von Kindern und Jugendlichen stärkt. Hier werden spielerisch wertvolle Kenntnisse vermittelt, die eine positive Entwicklung in den jungen Menschen hervorrufen, die von Betreuern sowie Eltern gleichermaßen bestätigt werden können.
Aber auch Außenstehende werden direkt bemerken, mit wie viel Eifer und Engagement die Kinder und Jugendlichen auf dem Gelände herumwuseln.
Der Spaß und die Freude an der Arbeit sind deutlich zu spüren. Und dem ein oder anderen Beobachter wird sicherlich ein Schmunzeln ins Gesicht gezaubert werden, wenn Kindern über das richtige Einhämmern eines Nagels diskutieren.
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EXTRA
Parallel zu dem TUFA Sommerfest, das am 31. August stattfindet, veranstaltet der TUFA-Gemeinschaftsgarten sein eigenes kleines Sommerfest. Workshops wie
- „Kunst im Garten“ (ab 16 Uhr),
- „Essbare Wildpflanzen und Heilpflanzen“ (17 Uhr),
- „Kochen mit Kräutern und Gemüse aus dem Garten“ (18 Uhr)
- und „Trommeln für Anfänger“ (19 Uhr)
stehen auf dem Programm. Ab 20 Uhr gibt es dann ein Lagerfeuer sowie eine offene Bühne.
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Außerhalb der Ferien findet die Kunst.Bau.Stelle immer freitags von 15 bis 18 Uhr statt.
Weitere Informationen gibt es auf der Seite der TUFA Trier.
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