Bill Bryson schildert in seinem Buch „Picknick mit Bären“ seinen Versuch den Appalachian Trail zu bezwingen – ein Reisebericht der anderen Art.
Reiseberichte gibt es wie Sand am Meer. Gute Reiseberichte sind da schon seltener. Und wer Reiseberichte sucht, die spannend sind, und wer bei der Lektüre auch mal laut lachen möchte, der kann eigentlich nur zu Bill Brysons Büchern greifen.
Der gebürtige Amerikaner erlangte schon 1989 mit seinem Buch über seine Tour durch Großbritannien „Reif für die Insel“ internationale Anerkennung. Brysons Reiseberichte sind weit mehr als nur eine simple Beschreibung der Landschaften, die er durchwandert. Er integriert seine persönlichen Erfahrungen und historische Begebenheiten in seine Berichte, ohne dabei jemals schmalzig oder langweilig zu werden. Weder Gesellschaftskritik, noch die ganz persönlichen Peinlichkeiten seiner Unternehmungen bleiben außen vor – und „Picknick mit Bären“ ist sein bis dato bestes Reisebuch.
Nachdem Bill Bryson viele Jahre mit seiner Familie in Großbritannien gelebt hat, kehrt er 1996 nach Amerika zurück, nur um festzustellen, dass sein neues Heim direkt am Nordende des längsten Wanderweges der Welt liegt: dem Appalachian Trail. Als eingefleischter Wanderer und Trekking Fan ist der Plan schnell gefasst: Bill Bryson wandert den Appalachian Trail – von Süden nach Norden, über 3500 Kilometer.
Bryson beschreibt seine Odyssee vom ersten Gedanken, über die Ausrüstung zu einer kleinen Expedition bis zum letzten Schritt auf dem langen Weg. Vor allem die Entscheidung, den bereits aus älteren Büchern Brysons bekannten Stephen Katz als Begleiter zu wählen erweist sich als echte Bereicherung, wenn auch nicht immer im positiven Sinne.
Das besondere an „Picknick mit Bären“ ist in erster Linie Bill Bryson selbst. Er hat nicht die nötige Erfahrung, um eine solch große Tour zu bewältigen, er ist getrieben von der Faszination des ältesten Fußweges Amerikas und stürzt sich im wahrsten Sinne des Wortes ins Abenteuer. Dabei vergisst er nie sich selbst mit einer gehörigen Portion Ironie zu betrachten. Diese seltene Eigenschaft, gepaart mit Brysons Hang zu tiefgreifender Recherche und seinem lebensnahem Schreibstil machen „Picknick mit Bären“ zu einem echten Erlebnis. Es ist eines der Bücher, die man besser nicht in der Öffentlichkeit liest, immer auf die Gefahr hin, dass man laut loslachen muss.
Die Mischung aus Landschaftsbeschreibungen, Hintergründen zu der bewegten Geschichte des Trails und Brysons Gedanken auf dem Weg ergeben eine Mischung, die so authentisch, wie fesselnd ist. Ob es um Begegnungen mit skurrilen Wanderern, Sckokoladenneid oder um Briefträgertaschen als Rucksackersatz geht, „Picknick mit Bären“ ist anderen Reiseberichten immer einen Schritt voraus.
Der Appalachian Trail ist eine Trekkingherausforderung, die an die Substanz geht und im Verlaufe des Buches darf der Leser Höhen und Tiefen des ungleichen Duos miterleben. Heimweh, Selbstzweifel, Müdigkeit auf der einen Seite und ein tiefer Sinn von Frieden und echte Freude bei Erfolgserlebnissen auf der anderen Seite begleiten Bryson und Katz auf ihrem langen Weg durch die Appalachen. Die Leser von „Picknick mit Bären“ dürfen an dieser einzigartigen Erfahrung teilhaben – mitlachen, mitleiden, mitwundern. Wie das Ganze schließlich ausgeht, was Katz alles auf dem Trail verliert und ob die beiden wirklich einem Bären begegnen, das muss jeder selbst herausfinden.
Ein Buch nicht nur für Trekkingfans und Liebhaber von Reiseberichten, sondern für jeden, der das Abenteuer in einer viel zu leblosen Welt sucht – oder einfach gute Unterhaltung.
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