Wie jedes Jahr lockte auch heuer die Messe SPIEL Verlage, Autoren und natürlich jede Menge begeisterte Brett- und Kartenspieler nach Essen. Über 800 Aussteller aus 39 Ländern präsentierten sich dem Publikum, stellten ihre Neuheiten vor und luden zum ausgiebigen Probespielen ein. Außerdem wurde der Gewinner des diesjährigen Deutschen Spielpreises bekanntgegeben: Terra Mystica, das 5vier natürlich bald genauer vorstellen wird.
Auch in Zeiten von Spielkonsolen und Apps, die jedes Handy oder Tablet in eine beliebig große Spielesammlung verwandeln, haben Brett- und Kartenspiele nichts von Ihrer Faszination eingebüßt. Die klassischen Gesellschaftsspiele sind sogar ein Zugpferd bei den Spielwaren insgesamt und können 2013 je nach Spielart mit einem stolzen Umsatzplus von 8% bis 15% aufwarten. Einzig die Sammelkartenspiele befinden sich dieses Jahr im Minus, aber das ist laut Branchenkennern im Rahmen der für diese Spiele üblichen Umsatzschwankungen und kein Grund zur Sorge. Kein Wunder also, dass die Stimmung bei den Spieleschmieden gut ist und dass die SPIEL in Essen auch in diesem Jahr wieder gewachsen ist. Natürlich habe auch ich mich aufgemacht, um vier Tage lang die bunte Welt der Spiele zu erforschen.
Ein Wiedersehen mit Alten Bekannten
Der große Reiz der SPIEL liegt darin, dass es eine Messe zum anfassen ist: Alles kann vor Ort getestet werden. Während Branchenriesen wie der Heidelberger Spieleverlag dabei Heerscharen von „Erklärbären“ einsetzen, kann man bei den kleinen Verlagen oft auch die Autoren selbst treffen und sich die Spiele aus erster Hand erklären lassen. Besonders spannend ist das dann, wenn das Spiel in der Entwicklung und noch gar nicht im Handel ist. Schon im letzten Jahr waren die Prototypen einer meiner Höhepunkte und deshalb habe ich mich riesig gefreut, dass einer der Prototypen vom letzten Jahr auch wieder da war: Am Stand von Arctic Union gab es ein Wiedersehen mit Autor Juha Salmijärvi und der aktuellen Version seines Spiels Pandemonium. Im letzten Jahr hatten wir zu viert den ersten Entwurf getestet und uns dann lange mit dem Autor unterhalten. Für ihn ist die Messe auch ein Testlabor für seine Ideen und darum freut er sich über jedes Feedback. Da war es ihm so willkommen wie uns, dass wir auch dieses Jahr in der gleichen Besetzung vor Ort waren – die perfekten Voraussetzungen für einen aussagekräftigen Vergleich. Bei dem ausgiebigen Testspiel wurde schnell klar, dass Juha die Zeit seit der letzten Messe gut genutzt hat: Die Runden sind schneller, das Spiel läuft flüssiger und die Regeln sind klarer. Trotzdem wird es noch etwas dauern, bis Pandemonium in den Regalen steht, denn noch gibt es Raum für Verbesserungen. Zum Beispiel haben wir dieses Mal noch Spielfiguren über den Plan geführt, die alle die gleichen Eigenschaften hatten. In der endgültigen Version soll es dann auch die Möglichkeit geben, die Figuren mit unterschiedliche Fähigkeiten auszustatten. Dadurch wird das Spiel abwechslungsreicher und gerade für Vielspieler interessanter. Auf jeden Fall waren wir – Spieler und Autor – uns am Ende einig: Nächstes Jahr werden wir uns auf der SPIEL wiedersehen – und Pandemonium spielen.
Brettspiele und die digitale Welt
Die meisten Brettspiele funktionieren rein mechanisch, unabhängig von Betriebssystemen oder dem Ladestand eines Akkus. Aber Smartphones und Tablets gehen auch an den traditionellen Spieleverlagen nicht spurlos vorbei und die Firmen überlegen Strategien, um Handy & Co. in ihre Spiele einzubinden. Der Verlag Queen Games setzt dabei z.B. darauf, seine Brettspiele auch als App anzubieten. Sozusagen das Brettspiel für unterwegs, das sich auch mal im Zug spielen lässt, ohne die Gefahr dabei Spielfiguren, Würfel oder Karten zu verlieren. Eine andere Idee hat Ravensburger für einen seiner Klassiker: Bei Scotland Yard Master jagen die Spieler nach wie vor Mister X quer durch London und über den Spielplan – aber in dieser Version gibt es die Möglichkeit, zusätzlich per App eine digitale Dimension mit einzubeziehen. In dieser Variante macht Mr X seine Züge am Smartphone oder Tablet und die Verfolger erhalten von Zeit zu Zeit das Gerät. Ein Passwort verhindert dabei, dass sie es sich einfach machen und mal eben die Spielzüge des Gesuchten abrufen. Die Jäger können jetzt aber modernste Technik nutzen, z.B. die Ortung des Handys ihrer Beute. Dafür wird die Kamera des Tablets auf vier Funkmasten gerichtet, die auf dem Spielplan verteilt sind. Rote, gelbe oder grüne Funkwellen auf dem Bildschirm zeigen an, ob der Gesuchte in der Nähe ist. Gelungen finde ich an dem Konzept, dass sich das Spiel auch ohne die App spielen lässt. Und für alle, die beim Spielen ganz auf Handy und Tablet verzichten wollen gibt es Scotland Yard ’13, ohne die Option auf das Spiel mit der App.
Ein Kuriosum dagegen ist in meinen Augen der Dice+. Mit diesem Hightech-Würfel kann man seine Spiele vollständig digital am Tablet spielen, hat aber trotzdem einen Würfel, den man per Hand werfen muss. Die Würfelergebnisse werden nicht nur durch LEDs angezeigt, sondern auch per Bluetooth an das jeweilige Spiel übertragen. Allerdings spielt Dice+ nur mit Spielen zusammen, die speziell für ihn programmiert sind, und die verbaute Technik hat ihren Preis. Da sind Spiele mit einer integrierten Würfel-Funktion kostengünstiger – und unterwegs auch praktischer. Die Technik des Dice+ ist faszinierend – aber für mich ist er keine Alternative zum guten alten mechanischen Würfel. Und dass Würfel nicht gleich Würfel sein muss sieht man spätestens an den Ständen der Würfelschmieden, bei denen es die Spielhelfer in allen Größen, Farben und Designs gibt. Die Neuheit bei Chessex war dieses Jahr ein Ring, der Schmuckstück und Würfel zugleich ist.
Fazit
Die SPIEL ist und bleibt DAS Ereignis für Spielefans. Nirgendwo sonst kann man so viele Neuheiten und Klassiker testen, nirgendwo sonst kommt man mit so vielen Autoren und Gleichgesinnten aus aller Welt ins Gespräch – und nirgendwo sonst kann man so schnell viel Geld für Spiele ausgeben…
Gabi meint
Super Bericht, danke für die interessanten Einblicke! Macht Lust, sich einiges davon mal genauer anzuschauen 🙂