Von Andreas Gniffke
Am idyllischen Bostalsee, knapp 40 km von Trier entfernt, begann am vergangenen Wochenende die Festivalsaison für Freunde der härteren und dunklen Musik. Mehrere tausend Zuschauer feierten von Freitag bis Sonntag bei bis auf einen Schauer herrlichstem Wetter Szenegrößen wie Subway to Sally, Paradise Lost und Das Ich. Während am Freitag bei der Walpurgisschlacht vor allem die Anhänger der härteren Musik auf ihre Kosten kamen, standen beim Hexentanz Festival am Samstag und Sonntag Mittelalterrock und Gothic im Mittelpunkt. Auch wenn der Artikel in der Rubrik Buntes möglicherweise etwas deplatziert erscheinen mag, zeigten die in der Öffentlichkeit häufig als düstere Trauerklöße wahrgenommenen Anhänger der Gothicszene wieder einmal eindrucksvoll, dass man auch in Schwarz eine zünftige, gut gelaunte und vor allem friedliche Party feiern kann.
Organisiert von Frank Schulz, Betreiber des Club Schulz in Ottweiler, präsentierte das sechste Hexentanz Festival an zwei Tagen insgesamt 14 unterschiedliche Bands, die fast alle Spielarten der schwarzen Musik repräsentierten. Für Festivalatmosphäre auf dem wunderschönen, aufgrund der Wetterlage aber extrem staubigen Gelände direkt am See, sorgten neben der Musik auch ein kleiner Mittelaltermarkt mit Gauklern und Spielleuten sowie ein vielfältiges kulinarisches Angebot zu verhältnismäßig moderaten Preisen. Im Mittelpunkt stand aber die Musik und von Samstagmittag bis Sonntagnacht wurde gerockt, getanzt und gefeiert was die Kondition hergab.
Samstag, 30. April
Der erste Tag des Hexentanz Festivals wurde eröffnet von Asator, die sich über einen Wettbewerb für den Startplatz qualifiziert hatten. Geboten wurde harter Wikinger-Metal und trotz der frühen Mittagsstunde hatten sich schon zahlreiche Anhänger vor der Bühne versammelt. Höhepunkt der Show war eine Schlacht zweier verfeindeter Armeen, wobei Statisten schnell gefunden und stilecht mit (aufblasbaren) Morgensternen und Äxten ausgestattet wurden. Daran anschließend boten Stahlmann deutsche Texte in ‚Neuer deutscher Härte‘. Optisch als silberne Variante der Blue Man Group angetreten, überzeugte das Programm nach eher zähem Beginn am Ende doch noch, da die späteren Songs deutlich vielseitiger daherkamen als der Beginn es erwarten ließ.
Etwas früh am Tag dann ein erster Höhepunkt des Festivals. Das Ich gaben sich die Ehre und feierten mit den Fans eine eindrucksvolle Best-of-Show. Auf der Bühne standen dabei echte Szene-Legenden. Seit mehr als 20 Jahren prägt die Band um Bruno Kramm und Stefan Ackermann (meines Wissens weder verwandt noch verschwägert mit episkopaler Stadtprominenz) als Vertreter der sog. ‚Neuen Deutschen Todeskunst‘ die schwarze Szene mit elektronischer Musik und düster-zynischen und oftmals provokanten deutschen Texten. Klassiker wie Kain und Abel und Gottes Tod wurden begeistert aufgenommen, durch die frühe Spielzeit endete der Auftritt allerdings viel zu schnell.
Im Anschluss boten Megaherz wieder ‚Neue deutsche Härte‘ und mit Agonoize folgte ein Fremdkörper im Festivalprogramm. Aggressiver Düstertechno zauberte dunkle Wolken an den Himmel und ein heftiger Schauer ergoss sich über das tanzende Publikum. Der Aggrotech von Agonoize polarisierte die Massen. Während eine Hälfte begeistert tanzte, gab es auch kritische Stimmen. Eine Meinung wie „Jetzt fehlt nur noch Scooter“ blieb aber die Ausnahme. Auch wenn es persönlich nicht mein Fall ist, muss festgestellt werden, dass die Stimmung ausgezeichnet war. Somit kann man dem Veranstalter nur sagen: „Alles richtig gemacht.“
Die dunklen Wolken verzogen sich auch recht schnell wieder und mit Eluveitie aus der Schweiz wurden wieder ordentliche Gitarren auf die Bühne gebracht. Die Schweizer boten Pagan-Metal mit keltischen Einflüssen und überzeugten trotz technischer Probleme am Beginn voll und ganz. Live deutlich härter als auf Platte, feierten die Zuschauer ausgelassen und Eluveitie waren der ideale Anheizer für den Headliner des Tages: Subway to Sally. Die Band aus Berlin und Umgebung kann schon fast als Ehrenbürger des Saarlandes bezeichnet werden, so oft beehrt man die Hallen und Festivals der Region. So war es auch keine Frage, die aktuellen Studioaufnahmen für das neue Album Schwarz in Schwarz zu unterbrechen und einen Abstecher an den Bostalsee zu unternehmen. Ohne die Zwänge ein neues Album promoten zu müssen, bot die Band um Sänger Eric Fish ein grandioses Best-of-Set, das durch sehenswerte Pyroeffekte optisch sehr schön ins Licht gesetzt wurde. Kaum einer der zahlreichen Klassiker wurde ausgelassen und von Kleid aus Rosen über Sag dem Teufel bis zum unvermeidlichen Julia und die Räuber (von Eric Fish als neues saarländisches Volkslied angepriesen) wurde alles geboten, was das Herz der Mittelalterrock-Freunde erwärmen konnte.
Sonntag, 1. Mai
Der zweite Festivaltag sollte vornehmlich der Mittelalterfraktion überlassen werden. Wanderreigen boten soliden Mittelalter-Folkrock und auch Ignis Fatuu präsentierten mit Drehleier, Dudelsack, aber auch Schlagzeug und elektronischer Gitarre genretypische Kost ohne große Überraschungen. Vor allem der Gesang wusste nicht wirklich zu überzeugen, aber am Ende sorgte Nordwind, sicher einer der bekanntesten Songs der Band, doch noch für ausgelassene Stimmung.
Die Spielleute von Cultus Ferox führten das Festivalschiff auf hohe See und boten die gewohnt wilde Piratenfolk-Show. Auch wenn die Band nahezu vollständig neu zusammengestellt wurde, bot die Bande um Captain Brandan eine routinierte Show, die durch einige optische Leckerbissen aufgepeppt wurde. Gefeiert wurden vor allem die älteren Songs der Band, wohingegen die neuen Titel eher zögerlich aufgenommen wurden. Man darf gespannt sein, wohin die Reise des Piratenschiffs Cultus Ferox gehen wird. Auf die wilden Piraten folgte der stimmungsmäßige Höhepunkt des Tages. Die Mittelalter-Comedyshow von Feuerschwanz führte zu ungezügelter Partyatmosphäre, staubiger Polonaise und flachen Witzen, die souverän weit unter dem Lendenschurz ihr Ziel fanden. Unter dem Motto ‚Met und Miezen‘ überzeugte der Haufen um Hauptmann Feuerschwanz, Prinz Hodenherz und Johanna von der Vögelweide auf ganzer Linie.
Danach gab es wieder ruhigere Klänge zu hören und die Feuerschwanz-Anhänger konnten wieder zu Atem kommen und sich mit dem ein oder anderen Met versorgen. Die niederländische Band Omnia spielte Pagan-Folk unter anderem mit Harfe, Gitarre, Schlagzeug und Didgeridoo. Ihre sphärisch-mystische Musik wurde handwerklich perfekt vorgetragen und glänzte darüber hinaus mit einem erstklassigen Sound. Nach einigen Besetzungswechseln haben Omnia vor allem durch die ungemein attraktive zweite Sängerin Maral deutlich Qualität hinzugewonnen. Mastermind Steve Sic führte souverän und witzig durch das enorm vielseitige Programm, das sowohl nachdenklich-ruhige Klänge als auch tanzbare Klänge bis hin zum Pagan-Rap beinhaltete. Höhepunkt war sicherlich das großartige Wytches‘ Brew. Leider war es Omnia aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht vergönnt noch eine Zugabe zu spielen, hier war die Organisation etwas zu streng und sorgte für einigen Unmut bei den Zuschauern.
Danach war es mal wieder an der Zeit, Legenden zu huldigen. Nach einem Nachmittag voller mittelalterlicher Klänge der verschiedensten Spielarten, brachte Umbra et Imago wieder bodenständigen Gothic-Rock auf die Bühne. Bandboss Mozart war bestens gelaunt und führte durch ein solides Programm mit den gewohnt scharfzüngigen Texten zwischen Zynismus, Politik und Moral. Leider hatten Umbra et Imago den mit Abstand schlechtesten Sound des Festivals, so war es musikalisch ein etwas zwiespältiges Vergnügen. Auf eine ausufernde Show wurde weitestgehend verzichtet, wobei Mozarts Klettereinlage mit Bengalo doch für einiges Aufsehen sorgte. Das Cover von Rock Me Amadeus bildete den Abschluss und als letzte Band des Tages stand mit Paradise Lost eine weitere Legende des Gothic-Rock auf der Bühne, wobei viele Besucher das Festival zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen hatten.
Zu Ende ging ein hochklassiges Hexentanz Festival, das von Frank Schulz und seinem Team wie gewohnt professionell organisiert wurde. Zu loben ist auch die außerordentlich freundliche und unkomplizierte Security sowie der insgesamt phantastische Sound. Das kleine und beschauliche Festival am Bostalsee bietet die nahezu einmalige Möglichkeit, die Größen einer vielseitigen und offenen Szene in entspannter Atmosphäre nahezu hautnah zu erleben.
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