Schon am morgigen Dienstag trifft Fußball-Regionalligist Eintracht Trier in der zweiten Hauptrunde des DFB-Pokals auf den Bundesliga-Dino Hamburger SV. Eintracht-Torhüter André Poggenborg wird bei dieser Partie im ausverkauften Moselstadion sicherlich besonders im Blickpunkt stehen. Denn er wird es sein, der die Torschüsse der HSV-Offensive um die Stars Mladen Petric und Paolo Guerrero abwehren soll. 5vier sprach mit dem 28-Jährigen über die bisherige Regionalliga-Saison, das Gefühl bei Gegentoren und natürlich über den HSV.
Nach dem souveränen 4:0-Erfolg im Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach II am Freitagabend und vor dem Kracherspiel im DFB-Pokal am Dienstagabend im Moselstadion gegen den Hamburger SV ließ man es im Lager der Eintracht ein wenig gemächlicher angehen. Am Samstag stand eine Videoanalyse des Pokalgegners Hamburger SV auf dem Programm, am Sonntag traf man sich dann zu einer leichten Trainingseinheit. Spaß haben stand ganz oben auf der Tagesordnung. Und sie hatten Spaß, denn in vier Teams aufgeteilt durften sich die Jungs von Trainer Roland Seitz beim Fußballtennis und Basketball auf dem Streetball-Feld neben dem Moselstadion austoben. Spaß hatte auch einer, den man auch sonst bei fast jeder Trainingseinheit lächeln sieht: André Poggenborg. Triers Torhüter hat derzeit auch allen Grund, um fröhlich zu sein: Vier Mal in Folge blieb der gebürtige Münsteraner ohne Gegentor. Auf diese Serie angesprochen übt der 28-jährige sich jedoch in äußerster Bescheidenheit: “Die Prämisse, zu Null zu spielen, gilt bei uns für die gesamte Mannschaft. Denn letzten Endes ist die Balance in allen Mannschaftsteilen entscheidend, um ohne Gegentor zu bleiben.“
Die gesamte Mannschaft steht im Vordergrund, diese Aussage hört man im Umfeld der Eintracht in den letzten Tagen und Wochen immer wieder. Und für diese Mannschaft hat der Schlussmann auch lobende Worte parat: “Die Mannschaft steht von Spiel zu Spiel kompakter, auch fußballerisch werden wir immer besser.“ Dass Kompaktheit und fußballerische Klasse in dieser Saison nicht immer zu den Tugenden der Trierer Eintracht zählten, weiß auch Poggenborg nur zu gut. Beim 0:3-Heimdebakel gegen die zweite Mannschaft von Mainz 05 musste der Keeper drei Mal hinter sich greifen, den Ball ein ums andere Mal aus dem eigenen Netz holen. Keine leichte Aufgabe für einen Torhüter, der von sich selbst behauptet: “Gegentore kotzen mich einfach an, egal ob im Training oder sonst wo.“ Als Knackpunkt für die Erfolgsserie von fünf Spielen ohne Niederlage (vier Siege) will Poggenborg die Mainz-Pleite zwar nicht erklären, dennoch findet er sechs Wochen danach markige Worte: “Das Spiel gegen Mainz hat uns vieles offenbart, das als ambitionierter Regionalligist so eben nicht laufen darf. Die Stimmung in der Woche danach war dementsprechend, aber es sieht so aus, als hätten wir so einen Schlag ins Gesicht gebraucht.“ Die vergangenen fünf Wochen scheinen ihm und seinen Mannschaftskollegen Recht zu geben.
Ein Spaßvogel, der weiß, wann es zählt
Dass ebenjene Mannschaftskollegen ihren Torhüter so schätzen, liegt wohl weniger an seiner Größe von 1,86 m oder seinem muskulösen Körper als vielmehr an der Tatsache, dass dieser André Poggenborg ein Kumpeltyp zu sein scheint. Ein Spaßvogel, jedoch in den entscheidenden Situation mit voller Ernsthaftigkeit und einhundertprozentigem Einsatz bei der Sache. „Das ist einfach meine Art. So bin ich, so war ich schon immer, und so werde ich auch bleiben“ lächelt „Pogge“, wie er von seinen Mitspielern gerufen wird. Dann muss das Interview kurz warten, Chhunly Pagenburg läuft vorbei und beide überlegen sich, welche Redensarten man denn noch unbedingt in die Antworten Pogges einbauen müsse. Ein Spaßvogel eben. Dass er jedoch auch lauter werden kann und oftmals sogar muss, hänge mit seiner Position zusammen, erklärt er: “Als Torwart sieht man oftmals mehr vom Spiel, deswegen muss man sich bemerkbar machen. Meine Aufgabe ist es, die Verteidiger abzusichern. Denn für sie ist es leichter, wenn sie einen sicheren Torhüter hinter sich wissen.“
Er wirkt selbstbewusst in seinen Aktionen, dieser André Poggenborg. Sein Selbstbewusstsein wirkt jedoch keinesfalls überzogen, wie so oft bei einigen seiner Kollegen auf einer Position, die oftmals mit den Attributen „verrückt“ oder „durchgeknallt“ in Verbindung gebracht wird. Dieses schlichte Selbstbewusstsein ist jedoch auch von Nöten, wenn die gegnerischen Angriffe immer und immer wieder auf den Torwart zurauschen. Für ihn mache es jedoch keinen Unterschied, ob ein x-beliebiger Stürmer aus der Regionalliga zustürmt oder etwa ein Mladen Petric, ein Angreifer mit Weltformat, der am Dienstag im DFB-Pokal mit dem HSV in Trier aufläuft. „Der einzige Unterschied ist, dass man seine Gegenspieler fast täglich im Fernsehen sieht, aber vor Ehrfurcht wird keiner von uns erstarren“, sagt Pogge. Da war es wieder, das besagte Selbstbewusstsein.
„Der HSV ist ein Highlight, aber die Liga ist wichtiger“
Dennoch beschreibt der Trierer Schlussmann die Begegnung gegen den Bundesligisten als „ein besonderes Highlight“. Doch sein Blick hat Weitsicht, das Hauptaugenmerk müsse definitiv weiter auf der Regionalliga liegen: “Es ist zwar wichtig, dass wir uns vernünftig präsentieren. Ich ziehe letzten Endes aber Siege in den Ligaspielen dem HSV vor, denn wir wollen weiter ganz oben mitspielen in der Regionalliga.“ Dass man einen möglichen Pokalsieg auch nicht überbewerten darf, weiß Poggenborg genau: “Vor zwei Jahren stand Eintracht Trier im Pokal im Achtelfinale, aber das Ende vom Lied ist uns allen bekannt.“ Das Ende vom Lied, der sportliche Abstieg aus der Regionalliga, der nur wegen diverser Lizenzentzüge nicht zum ganz großen Alptraum wurde, erlebte Poggenborg nur noch in seinen Ausläufern. Zur Saison 2010/11 wechselte er von Ligakonkurrent SF Lotte an die Mosel und avancierte seither zum Stammtorwart im Dress der Blau-Schwarzen. 27 Spiele bestritt er in der vergangenen Saison in der Regionalliga West, in der aktuellen Spielzeit fehlte er wegen muskulärer Probleme lediglich beim 0:0 in Koblenz.
Am Dienstag gegen den HSV wird es wohl auch auf einen gut aufgelegten André Poggenborg ankommen, wenn sich die Offensivabteilung des Hamburger SV daran versuchen wird, die Torlos-Serie des Trierer Keepers zu brechen. „Noch bin ich nicht aufgeregt, aber wer weiß, vielleicht kommt das ganz große Kribbeln ja noch“, sagt Pogge und schlendert gelassen in Richtung Kabine.
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