Der Freundeskreis Trierer Universität e.V. feiert Geburtstag: Zum 50-jährigen Jubiläum freute sich Helmut Schröer, ehemals Oberbürgermeister von Trier und heutiger Vorsitzender des UNI-Freundeskreises, Prof. Dr. Norbert Lammert begrüßen zu dürfen. Der Bundestagspräsident a.D. konnte für eine Gastprofessur im Sommersemester 2019 gewonnen werden. „Ich freue mich über Ihr großes Interesse“, begrüßte Prof. Dr. Michael Jäckel den sehr gut besuchten Audimax der Universität Trier. Lammert hatte bereits am 29. April 2019 (alleine) einen Auftritt an gleicher Stelle, als er einen Vortrag zum Spannungsverhältnis zwischen Politik und Religion hielt. Am Abend des 01. Juli war der geschätzte Politiker aus Berlin angereist, um sich eine lebhafte Diskussion mit dem Trierer Bischof zu widmen. Auch Bischof Stephan schlug sich tapfer und wacker, wobei Lammert die größten Lacher auf humorvolle Art und Weise auf seine Seite ziehen konnte.
Ein Überblick über die wichtigsten Aussagen / Fragen
Wie sähe Trier aus, wenn es das Christentum nicht gäbe? (Frage Moderator Raab)
„Ohne das Christentum hätte es keine Religionskriege in Europa gegeben“, äußerte sich Lammert zur ersten Frage.
„Trier ohne Christentum sähe städtetechnisch ganz anders aus“, meinte Ackermann.
Mit der zweiten Frage sollte diskutiert werden, ob und wie viel christliches Gedankengut im Grundgesetz steckt. Die beiden Prominenten kamen überein, dass Staat und Religion einander abhängig sind.
Eine aktuelle Frage zur Moral wurde in den Raum gestellt, als es um Genveränderungen und technische medizinische Neuerungen ging. Hier bezog Lammert klar Position: „80 Prozent der Bevölkerung sind der Auffassung, dass nicht alles, was technisch möglich ist, auch gut ist, sondern lehnen es ab. Problematisch ist, wenn sich der Mensch als Schöpfer sieht. Es gibt Grenzen und sollte sie auch in Zukunft geben!“
Hitzig diskutiert wurde die Frage, ob die Kirchenbindung zurückgeht. Lammert ist der Auffassung, dass die Kirchenbindung zurückgehe, nicht aber die Religiosität.
Auch Ackermann ist der Auffassung, dass Grenzen wichtig sind: „Es gibt Dinge, die möglich sind, aber im Inneren weiß man, dass es nicht gut tut. Das ist ein überreligiöses Gefühl des Menschen, ein Gewissen.“
Missbrauchsskandal der katholischen Kirche
Nach der (Ent-)Demokratisierung der katholischen Kirche wurde das Thema Kirchensteuer angesprochen, bevor es zum aktuellsten und wichtigsten Thema des Abends kam – dem Missbrauchsskandal.
Triers Bischof ist Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz, was Lammert zu folgender Aussage verleitete: „Der Missbrauchsskandal ist ein wichtiges und dringliches Thema, was ich heute Abend unbedingt ansprechen wollte. Herr Ackermann, gibt es eine Rechtfertigung für diese Delikte?“
Stephan Ackermann überlegte nicht lange, sonder stellte unter leichtem Applaus klar: „Nein! Es gibt keinen rechtfertigenden Grund dafür, sondern ist strafbar.“
Lammert hakte nach und wollte wissen, warum die Delikte jahrzehntelang zurückgehalten blieben, obwohl sie in Kirchenbüchern notiert waren, aber die Justiz nie davon erfuhr. Hierzu Bischof Stephan: „Das ist ein dunkles Kapitel. Die Fälle hätten angezeigt werden müssen. Hierbei muss man aber unterscheiden, warum die Fälle nicht früher öffentlich wurden. War es Schlamperei, oder wollten es die Opfer nicht öffentlich machen vor Scham, oder wurde es vertuscht. Wichtig ist die Aufarbeitung, die noch andauert.“
Ernst blieb es auch, als es um das Entstehen und Beenden von Leben ging. Lammert und Ackermann diskutierten die Frage, wo Leben anfängt und ob es vorzeitig beendet werden darf und wer darüber zu entscheiden hat. Lammert versicherte, dass er diese Problematik fast 40 Jahre lang in Berlin mitbekommen habe und sie sehr vorsichtig diskutiert wird, aber eine richtige Entscheidung schwierig und auch für die Rechtsprechung fast unlösbar sei.
120 Minuten und paar Lacher
Norbert Lammerte hat einen feinen Humor und schaffte es mit folgender Aussage, das Publikum zum Lachen zu bringen: „In der Kirche ist mir ein genialer Organist, der aus der Kirche ausgetreten ist lieber, als ein katholischer Organist, der die Orgel nicht beherrscht.“ (als Beispiel auf die Frage, wie es sein kann, dass einem Oberarzt gekündigt wird, der sich scheiden lässt und danach wieder heiratet).
Trier darf gespannt sein, welcher Redner zum 51.jährigen Bestehen die Gastprofessur übertragen bekommt. Einen besseren Redner als Prof. Dr. Norbert Lammert hätte sich die UNI zum runden Jubiläum jedenfalls nicht wünschen können. Die Zuhörer waren begeistert und ließen den Abend bei einem Stehempfang ausklingen.
Autor: Vinzenz Anton
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