Sie ist bekannt für ihren Witz, ihre schwungvollen (Musik)Nümmerchen und ihre drolligen Charaktere – „Die Fledermaus“. Am Samstag, den 2. November hatte die weltberühmte Operette nun seit zehn Jahren das erste Mal wieder Premiere im Theater Trier. Regie führte Klaus-Dieter Köhler.
Sowas dummes! Der alte Liebhaber ist in der Stadt und ausgerechnet jetzt muss der Gatte seine achttägige Haftstrafe antreten. Wie soll man denn da seinen Anstand bewahren? Arme Rosalinde. Muss der Gatte, Gabriel von Eisenstein, denn auch den Beamten mit der Reitgerte verdreschen? Naja, nun ist er erst mal weg für ein paar Tage, da kann der Abgelegte auch vorbeikommen und noch mal mit seinem schönen Tenor verzücken. Natürlich nur, damit man ihn in einem Rutsch direkt in seine Schranken verweisen kann. So plant zumindest Rosalinde. Ihr Gatte plant in der Zeit auch, nämlich statt brav seine Haftstrafe anzutreten, lieber noch einen Abend auf der groß angelegten Feier des Prinzen Orlofsky zu verbringen. Fällt der Gattin ja nicht auf, die wähnt den Gatten ja gut verwahrt hinter schwedischen Gardinen. Gut, dass selbst das brave Dienstmädchen sich einen freien Abend ergaunert hat, um ebenfalls (im Gewand der Gattin von Eisenstein) auf die Prinzenfeier zu gehen.
Unterhaltung, Ja!
Aber woher hat ein Stubenmädchen die Einladung? Und woher weiß Gatte von Eisenstein von der Feier? Und wie kommt auf einmal diese unbekannte, maskierte, ungarische Gräfin auf den Ball, die der Rosalinde von Eisenstein in Statur und Verhalten so ähnlich scheint? Das klingt doch, als hätte einer die Strippen gezogen. In der Tat. Das Ganze ist ein kleiner Racheakt des Notars Dr. Falke, der wurde nämlich vor einigen Jahren von Gabriel von Eisenstein nach einem Maskenball abgefüllt und als Fledermaus verkleidet unter einem Baum liegen gelassen. Das amüsante, kleine Verwechslungsspiel amüsiert letzten Endes nicht nur den Dr. Falke, sondern auch den Prinzen Orlofsky, nebst kompletter Hofgesellschaft und am Schluss sogar den verschmähten Liebhaber, den fast gehörten Gatten und die hintergangene Gattin von Eisenstein.
Klingt nach Friede, Freude, Eierkuchen. Ist es auch. Wer die Fledermaus kennt, weiß was ihn musikalisch erwarten wird. Hit folgt auf Hit. Unter der musikalischen Leitung von GMD Victor Puhl, gewohnt mit Schwung und flotter Führung vorgetragen, holt man auch das Letzte aus dem kleinsten Nötlein heraus. Ebenso die Solisten und Mitglieder des Chores; auch wenn man manchmal nicht jede Silbe verstehen kann, Schwung und Hitverdächtigkeit kommen rüber.
Leider kann man von der Darbietungsweise her an diesem Abend fast alle Darsteller über einen Kamm scheren. Bis auf wenige Ausnahmen, hier sei allen voran Kristina Stanek als gelangweilter russischer Prinz zu nennen, schlagen die Solisten von ihrem Spiel her in diesselbe Kerbe. Da wiederholen sich selbst die Gesten und die Gesichtsausdrücke irgendwann: die Gattin, alias Joana Caspar, hebt beschwörend die Hände, fasst sich verzückt in den Schritt, sobald der Tenor zum hohen b anstimmt. Das Stubenmädchen, gespielt von Evelyn Czesla, verteilt einmal zu oft Hiebe mit dem geliehenen Fächer und verzieht einmal zu oft das Gesicht zur Komödienfratze. Der abgelegte Liebhaber, der es einfach nicht kapieren will, schmachtend gespielt und schmachtend gesungen von Svetislav Stojanovic, wirft auf den Takt genau den Schal um den Sängerhals. Auch der Gast der Inszenierung Norbert Schmittberg als von Eisenstein, ist zwar renommiert, aber kann darstellerisch zu keiner rechten Hochform auflaufen.
Tiefgang, eher Nein.
Die leiseren Töne der Nebenfiguren sind da manchmal richtig erholsam „gespielt“, wie etwa von László Lukács als Dr. Falke, der zeigt, dass er auch mal ganz einfach, durch pure Präsenz überzeugen kann. Oder vom außergewöhnlichen Frosch, Peter Singer, der mit einem offensichtlichen, „kleinen“ Alkoholproblem übriggebliebene Elefanten, rote Männchen und immer mehr Besucher hin und her schieben muss, um wieder Ruhe in sein Gefängnis zu bekommen. Ein Beamter braucht ja schließlich seine Ruhe. Aber allen voran überzeugt Kristina Stanek in der Hosenrolle des Prinzen Orlofsky: Sie/Er schlurft gelangweilt, mit langgezogenem, russischen Akzent über die Bühne, legt lässig den Arm um die Mädels, schmuhlt mehr oder weniger heimlich in mehr oder weniger präsentierte Ausschnitte, spricht tief und wechselt dafür behende in die Singstimme. Großes Lob und großer Beifall.
Regisseur Klaus-Dieter Köhler hielt, was er ankündigte (siehe 5vier.de Vorbericht): Diese Operette soll unterhalten, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Das tut sie auch. Es ist durchaus unterhaltsam den drolligen Charakteren bei ihrem drolligen Unterfangen zuzusehen. Vor allem ist es schön dem gut aufgelegten Orchester und den Solisten bei ihrer musikalischen und gesanglichen Darbietung zuzuhören, wen störts da, dass bei altbekannten Liedern die eine oder andere Silbe akustisch untergeht. Alte humoristische Bringer werden oft und gerne und vielleicht zu oft und zu gerne zitiert, aber sie bringen’s halt. Die aufwendigen, farbenfrohen, detailreichen Kostüme von Carola Vollath sorgen für den Augenschmaus und die tief ausgeschnittenen Dekolletés, das tolle Bühnenbild von Wolf Wanninger für den geeigneten, großzügigen Raum. Die Choreographien von Jean-Pierre Lamberti sorgen zwischendurch für den kleinen Wow-Effekt. Alles schön. Alles gut. Aber bis auf die Ausschnitte, gibt es nicht viel Tiefgang.
Fazit: Diese Operette erfindet das Rad nicht gerade neu, aber sie tut auch nicht weh. Ein Garant für einen schönen Abend, aber nicht gerade eine für eine bleibende Erinnerung.
Fotos: Theater Trier
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