Mit „Naokos Lächeln“ läuft in den deutschen Kinos eine Verfilmung eines Haruki Murakami–Romans an. Ein Hit oder eher misslungen? 5vier.de-Redakteurin Silke Meyer hat sich den Film angesehen.
Japan, Ende der 60er Jahre: Einige Jahre nach dem Selbstmord ihres gemeinsamen Freundes Kizuki treffen der Student Toru und die zurückhaltende Naoko zufällig wieder aufeinander. Zwischen den beiden entwickelt sich eine tiefe Zuneigung, aber die Vergangenheit liegt wie ein bedrohlicher Schatten über den aufkeimenden Gefühlen. Toru muss erkennen, dass Naoko tiefe seelische Schäden mit sich herum trägt. Nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht verlässt sie ihn und begibt sich in einer Einrichtung in Behandlung.
Die Vergangenheit lässt sie nicht los
Während Naoko dort verweilt, kommt Toru mit der Studentin Midori zusammen, die zwar eigentlich in einer Beziehung ist, ihn aber trotzdem gerne mag und wiederholt trifft. Dennoch hängt Torus Herz an Naoko. Er schreibt ihr Briefe und darf sie sogar besuchen. Doch Naokos Zustand ist instabil. Ist sie in einem Moment glücklich, so ist sie im nächsten traurig. Und ihre Gefühle für Kizuki, zu dem sie ein sehr enges Verhältnis hatte, sind ungebrochen stark. Die Vergangenheit lässt sie einfach nicht los.
Tran Anh Hungs Film „Naokos Lächeln“ (im Original „Norwegian Wood“) basiert auf einem Roman des erfolgreichen Schriftstellers Haruki Murakami, der jüngst mit seinem Mammutprojekt „IQ84“ im Fokus vieler Literaturmagazine stand. In „Naokos Lächeln“ vereinen sich die Themen Liebe und Verlust, die in Murakamis Literatur häufig eine wichtige Rolle spielen. Gekonnt in Szene gesetzt wird die schwermütige Geschichte durch eindrucksvolle Kameraperspektiven und bedeutungsschwangere Naturaufnahmen.
Schwermütige Filmkost
Die Charaktere sind vielschichtig und menschlich, allerdings wird ein Bezug zu ihnen durch eine emotionale Distanz zwischen ihnen und den Zuschauern erschwert, was aber durchaus gewollt sein kann. Allerdings bleibt man so stets nur Beobachter, das Mitfühlen mit den Personen, das Erleben der Emotionen, ist kaum möglich. Dadurch wirken die dargestellten Individuen in ihrer eigenen Welt wie Fremdkörper. Sie agieren und reagieren, aber ihre Motivationen und Gefühle bleiben den Zuschauern größtenteils verschlossen.
Die Schauspieler dürften den Zuschauern hierzulande kaum bekannt sein, machen ihren Job aber allesamt sehr gut. Eine Laufzeit von über 130 Minuten und ein eher langsames Erzähltempo machen Geduld und Sitzfleisch unabdingbar. „Naokos Lächeln“ ist mit einer FSK 12 – Freigabe gekennzeichnet, wird wohl aber für die meisten Zuschauer dieses Alters zu komplex sein. Zudem enthält der Film sehr viele Sexszenen, sowie Szenen, in denen sich Charaktere umbringen.
Mein Fazit. Kein einfacher Film – „Naokos Lächeln“ ist schwermütig, aber bildgewaltig. Nicht uneingeschränkt zu empfehlen, aber für Fans von Murakami und distanzierten Charakterstudien ein angemessener Zeitvertreib.
Erdbeerkuchen meint
Ein bemerkenswerter Film, auf den man sich aber einlassen muss. An einigen Stellen gnadenlos symbolüberfrachtet, aber dennoch ein bildgewaltiger Filmgenuss.
Die Tiefenschärfe der Charaktere beschränkt sich dabei allerdings auf die drei Hauptfiguren, die Nebenfiguren bleiben seltsam diffus. Das mag in der literarischen Vorlage anders sein.
Ein Highlight: Midoris Definition von Liebe. Frauen sind halt seltsame Geschöpfe. Kulturübergreifend.