Von Stephen Weber
Saisonende bedeutet im Fußball oftmals Umbruch – so auch bei der Eintracht. Am vorletzten Spieltag, beim letzten Saisonauftritt der Eintracht im heimischen Moselstadion, wurde Stadionsprecher Martin „Köbi“ Köbler nach zweijähriger Mikrofonführung von Fans und Verantwortlichen gebührend verabschiedet. 5vier unterhielt sich mit dem blau-schwarz-weißen Sprachrohr.
Als am 30. Juli 2011 der Pokalschreck von der Mosel die Kiez-Kicker aus St. Pauli in der ersten Runde DFB-Pokal empfing, war dies nicht nur der Beginn einer jungfräulichen Spielzeit, sondern auch der erste Arbeitstag des damals neuen Trierer Stadionsprechers Martin Köbler. Seit diesem Tag hat der 28-Jährige eine Vielzahl an Duellen seiner Eintracht akustisch untermalt und deshalb auch abseits des Mikrofons viel zu erzählen. Mit 5vier sprach er über…
…seine Beweggründe zu Saisonende aufzuhören
Nach 626 Tagen im Amt des Stadionsprechers sagte Martin Köbler am vergangenen Samstag allen Anwesenden im Moselstadion Goobye und sah zum Abschied ein sommerliches 1:1 der Trierer gegen die Hessen aus Eschborn. Im Anschluss durfte er viele Hände schütteln, einige Klopfer auf die Schulter einstecken oder Herzungen entgegennehmen – und dabei sicher mehr als einmal erklären, wieso er seinen Posten eigentlich niederlegt: „Das hat berufliche Gründe. Aktuell bin ich Steuerfachwirt und werde die nächsten eineinhalb Jahre eine Weiterbildung zum Steuerberater machen. Das bedeutet dann, dass ich die anstehenden Samstage in Köln verbringe und leider keine Zeit mehr habe, die Eintracht verbal zu begleiten.“ Nicht einfach für den leidenschaftlichen Stadiongänger, der sich ein wenig vor der „entbehrlichen Zeit“ fürchtet, in der er allerdings „weiterhin jedes Wochenende der Eintracht die Daumen drücken“ wird.
…Tipps für seinen Nachfolger
Wer der neue Mann am Stadionmikro wird, steht derweil noch nicht fest. Aber der scheidende Köbler hält für seinen Thronfolger schon mal einige Leitlinien parat: „Es ist eine zweigeteilte Angelegenheit. Natürlich ist man auf einer Seite Fan der Eintracht, was man bei Toren und Auswechslungen durchaus lautstark ausdrücken darf. Dennoch ist man ebenfalls Sprachrohr des Vereins. Man muss sich stets fair und neutral dem Gegner gegenüber verhalten, als Ansprechpartner für beide Seiten zur Verfügung stehen und, auch wenn es manchmal schwerfällt, dem Rivalen respektvoll zum Sieg gratulieren.“ Bei komplizierten Spielernamen empfiehlt er: „Lieber mal mit dem Betreuer des anderen Vereins Rücksprache halten, damit sich peinliche Versprecher vermeiden lassen.“
…seine Vorbilder aus anderen Stadien
Stadionsprecher werden in ihren Vereinen und in den Medien oftmals zu Kultfiguren stilisiert. Ob nun Norbert Dickel bei Borussia Dortmund oder Lotto King Karl beim HSV, die Männer am Funksprecher erfreuen sich stets großer Beliebtheit. Köbler selbst versuchte einen eigenen Stil bei seinen Durchsagen zu gestalten: „Eigentlich hab ich mich an niemanden orientiert. Allerdings hat mir Peter Pries, mein Vorgänger, anfangs geholfen und wertvolle Tipps gegeben. Dafür war ich die ersten fünf bis sechs Spiele sehr dankbar, danach ging es dann großteils alleine.“ Dennoch gesteht er, dass er vielleicht unbewusster Beeinflussung unterlag: „Nach dem Spiel gegen Ulm vergangene Woche war ich in der Allianz Arena und der Stadionsprecher (Stephan Lehmann, Anm. d. Red.) begrüßte lautstark und schwungvoll den Einlauf der Teams mit einem: ‚Und hier sind… der FC Bayern München und der… (Gegner)‘ Das hab ich vielleicht ungewollt übernommen und FC Bayern München durch SV Eintracht Trier 05 ersetzt.“
…den Superschuss
Ein Ritual in der Halbzeit des Moselstadions ist der dotierte Superschuss, bei dem drei Fans die Möglichkeiten haben, den Ball von der Mittellinie ohne Bodenberührung bis ins Tor zu schießen. Dem Gewinner winkt ein lukratives Preisgeld. Köbler moderierte und kommentierte das Gewinnspiel in jeder Pause – doch trat er auch mal selbst an? „Unser damalige Stürmer Thomas Kraus verdonnerte mich in der vergangenen Saison einmal dazu. Doch der Versuch ging nicht in die Annalen des Superschusses ein. Ich bin kläglich gescheitert.“
…besondere Momente in seiner Zeit als Stadionsprecher
Bei dieser Frage muss Köbler nicht lange sinnieren und antwortet: „Auf jeden Fall meine Premiere gegen St. Pauli im DFB-Pokal. Das war einfach ultimativ. Vor 8000 Zuschauer, als dann Martin Hauswald in der 89. Minute das 2:1 für uns erzielte und im Stadion alle Dämme brachen. Das Spiel hab ich mir damals auf Sky aufgenommen und schaue es mir heute noch hin und wieder mal an – vor allem gerne in Zeitlupe, wenn man sieht wie nach dem Siegtor in der Ostkurve alle übereinander fallen. Einmalig!“
Auch an sein zweites Spiel denkt der Ansager gerne zurück: „Das Ligaspiel gegen Wiedenbrück war ebenfalls verrückt. Es war eine Woche nach der Pokalsensation und es hat geregnet ohne Ende, sodass die Partie zwischenzeitlich unterbrochen werden musste. Das ganze Szenario hat an Deutschland gegen Polen bei der WM ’74 erinnert. Die Tonalage und die Videowall sind sogar vor Nässe ausgefallen. Das weiß ich deshalb so genau, weil Fahrudin Kuduzovic damals in der 41. Minute einen Elfmeter verwandelte, den ich nicht moderieren konnte. Als dann nach der Halbzeit die Technik wieder funktionierte, kam es dann zu dem Kuriosum, dass ich mit 20 Minuten Verspätung den Torerfolg mit den Fans zelebrierte. So hatte ich in einer Woche quasi schon alles erlebt als Stadionsprecher.“
Der Pokalfight gegen den HSV in der zurückliegenden Saison ist dem Sprecher gleichwohl positiv in Erinnerung geblieben: „Da war alles dabei. Ausverkauftes Haus, Flutlicht, Spannung pur, nur der Ausgang trübte das Gesamtbild. Dennoch war auch das einfach ein einmaliges Erlebnis.“
…Wünsche für die Zukunft des SVE
Trotz der Niederlegung seiner Sprechertätigkeit bleibt Köbler ein begeisterter Anhänger der Blau-Schwarz-Weißen, weshalb er seine Wünsche für die kommenden Jahre der Eintracht deutlich formuliert: „Ich hoffe, dass diejenigen Menschen, die sich täglich und wöchentlich für den Verein den Arsch aufreißen – das kann auch genauso geschrieben werden – das ernten, was sie verdient haben und dass der Verein endlich wieder aus der Versenkung emporsteigt.“
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