Am gestrigen Mittwoch präsentierte der Dresdener Künstler Sebastian Lohse zusammen mit Pianist Matthias Krüger seine aktuelle CD Erfolg in der Trierer Tuchfabrik. Leider wurden nur wenige Zuschauer Zeuge seines wundervollen Auftritts.
Wer kennt diesen Mann? In Form eines Fahndungsplakates warb Sebastian Lohse auf Flyern und Plakaten für sein Konzert. Die Antwort auf diese Frage schien allerdings in Trier nicht positiv gewesen zu sein, weniger als 20 Zuschauer wollten den Dresdener im kleinen Saal der Tuchfabrik sehen. Dabei hat Lohse bereits ein bewegtes musikalisches Leben hinter sich. Als Sänger und Texter der ‚Letzten Instanz‘ erspielte er sich ein treues Publikum vor allem unter den Liebhabern düsterer Rockmusik. Nach seinem Ausstieg 2004 widmete er sich verstärkt kleineren Projekten, arbeitet für Theaterproduktionen und ließ sich im Bereich Schauspielerei ausbilden.
Lohse erzählt Geschichten

Das virtuose Zusammenspiel von Lohse und Pianist Matthias Krüger machte den Abend zu einem besonderen Erlebnis.
Musikalisch ist die Musik seines aktuellen Soloprojekts schwierig zu beschreiben, vor allem wenn man den oftmals negativ besetzten Begriff ‚Liedermacher‘ zu vermeiden versucht. Lohse erzählt Geschichten und lässt sich bei der musikalischen Umsetzung unter anderem von Chansons und der Musik der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts inspirieren. Berthold Brecht/Kurt Weill und Georg Kreisler lassen grüßen. Unterstützt wird er dabei normalerweise von seiner Begleitband ‚Die feine Gesellschaft‘, die diesmal allerdings nur in Person von Pianist Matthias Krüger die neunstündige Zugreise von Dresden nach Trier unternommen hatte. Das fiel allerdings nicht negativ auf. Das virtuose Klavierspiel von Krüger und die variable Stimme von Lohse sorgten von Beginn an für eine intensive Konzertatmosphäre, die durch den äußeren Rahmen noch einmal an Intimität gewann (auch wenn man den Künstlern natürlich ein größeres Publikum gewünscht hätte).
Das Thema ‚Erfolg‘ zog sich leitmotivisch durch den Abend, meistens ironisch gebrochen und von tiefem Pessimismus durchzogen. Lohse ist niemand, der mit seiner Sicht der Dinge hinter dem Berg hält. Die deutschen Afghanistan-Aktivitäten werden ebenso zum Thema wie deutsche Waffenlieferungen, Arbeitslosigkeit und die Auswüchse der modernen Konsumgesellschaft. Aber immer wieder kommt Lohse zum ewigen Hauptthema der Kunst zurück: der Liebe. Doch er schafft es, trotz allem Augenzwinkern und bitterer Ironie, niemals platt zu wirken, zu sprachmächtig und filigran sind seine Texte. Dies in Verbindung mit seiner einzigartigen Stimme vermag es, dass der Zuhörer in einem Moment tief berührt und im nächsten Moment lauthals lachend auf seinem Stuhl sitzt.
Leichte Kost war es nicht
Nein, leichte Kost war es wirklich nicht, was Lohse und Krüger dem Trierer Publikum präsentierten. Vorsichtige Versuche, diese beim Brunnenlied zur Interaktion zu bewegen, waren von wenig Erfolg gekrönt. Und wieder… schaffte es aber später, einen zum Teil eindrucksvollen Backgroundchor zu erzeugen. Für die Zuschauer birgt eine intime Atmosphäre dieser Art natürlich auch Risiken. Es fällt zum Beispiel auf, wenn man nach der Pause nicht rechtzeitig wieder seinen Platz eingenommen hat. Doch zum Service des Entertainers Lohse gehört es eben auch, Nachzügler höchstpersönlich vom Tresen des ‚Textoriums‘ zurück in den kleinen Saal zu holen.
Im Zugabenblock tauchte Lohse tief ein in seine musikalische Vergangenheit. Kopfkino, eines der intensivsten Lieder der ‚Letzten Instanz‘, präsentierte er in einer wundervoll reduzierten und zerrissenen Version und sorgte sicher bei einigen Zuschauern, denen dies vertraut war, für einen echten Gänsehautmoment. Mit dem tieftraurigen Adieu verließen Sebastian Lohse und Matthias Krüger die Bühne der Tufa und sicherlich keiner der wenigen Zuschauer wird es bereut haben, diese zwei Stunden Zeit investiert zu haben. Musik dieser Art wird wohl nie ein Massenphänomen werden. Aber irgendwie ist das ja auch so etwas wie ein Erfolg.
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Fotos: Andreas Gniffke
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