Bei unseren Umfragen und in Folge der bestehenden Ängste [ unser Bericht ] unter Trierer Bürger und Bürgerinnen hören wir regelmäßig: „Für mich, meine Frau und meine Tochter habe ich Pfefferspray gekauft“ [ unser Bericht ]. Wir hören von momentanen Lieferschwierigkeiten. Wir hören von Bürgerwehren. Und immer wieder die Frage: Was können wir tun? Wie können wir uns helfen?
Trier / Berlin. Gesetze gelten in der Regel bundesweit. Und da wir seit mehreren Jahren einen guten Kontakt zu dem Rechtsanwalt Thomas Meier-Bading in Berlin (www.meier-bading.de) pflegen, gingen die aktuell den Raum erfüllenden Fragen direkt zu ihm. Hierbei geht es um Pfefferspray, Selbstverteidigung, Täterabwehr, Hilfeleistung gegenüber Dritten, Diebstahl mit Pfefferspray und das Thema Bürgerwehr.
5vier.de: Pfefferspray – bei unseren Gesprächen mit Trierer Bürgern hören wir immer häufiger, dass diese Prefferspray mit sich führen. Darf ich Pfefferspray einfach so einsetzen? Was sind die Konsequenzen eines Einsatzes?
Thomas Meier-Bading: Pfefferspray ist eine Waffe. Jedenfalls dann, wenn es gegen Menschen eingesetzt werden soll – und sei es zur Abwehr. Anders aber, wenn man das Pfefferspray gegen Tiere einsetzen will, z.B. gegen Hunde.
5vier.de: Also stimmt der Hinweis, welcher auf jedem Pfefferspray steht: Zulassung als Tierabwehrspray. Und der Grund, warum man Pfefferspray mit sich führt – juristisch sagt man „Bereithaltegrund“ – ist die Tierabwehr. – Und wenn ich das Pfefferspray gegen Menschen einsetze?
Thomas Meier-Bading: Dann muss tatsächlich eine Notwehr oder Nothilfe-Situation vorliegen, ein tatsächlicher oder physischer Angriff einer Person, die gegen mich oder eine andere Person gerichtet ist und anderweitig nicht abwehrbar gewesen wäre. – Man sollte allerdings als Pfefferspray-Bereithaltende/r gerade im grenznahmen Trier beachten: In Luxemburg gilt Pfefferspray als „Verbotene Waffe“ – auch ein Besitz oder ein Mitführen ist verboten. Das gleiche gilt für Belgien und für die Niederlande.
5vier.de: Dann bin ich in diesen Ländern ein Waffenbesitzer?
Thomas Meier-Bading: Das ist eine Frage, die ich nur für Deutschland beantworten kann: Es ist nur dann eine Waffe, wenn man es gegen Menschen einsetzen will. Natürlich unterstellen die einem das erst einmal. Und sicherlich ist es auch fast immer so, gerade in dem Zusammenhang, in dem Sie berichten. Man muss sich dann gegenüber der Polizei vernünftig verteidigen. DAS ist das Risiko.
Besser ist es, kein Pfefferspray dabei zu haben, dann gibt es nämlich hinterher erst gar keine Diskussionen.
Und darum ist meine Quintessenz: lieber einen Taschenalarm als ein Pfefferspray, letzteres hat einfach zu große Nachteile.
Nicht unerwähnt lassen möchte ich in diesem Zusammenhang: Wer in Deutschland einen Diebstahl „mit Waffen“ begeht wird mit Freiheitsstrafe nicht unter 3 Monaten bestraft, und zwar mit allen Augen zugedrückt. Man muss die Waffe auch nicht einsetzen, um den Straftatbestand zu verwirklichen. Wenn nun Pfefferspray eine Waffe ist, dann darf man als Jugendliche(r) keinen Kaugummi im Laden klauen, wenn man eine Dose Pfefferspray in der Tasche hat – denn dann ist man zwingend für 3 Monate weg.
5vier.de: Und was ist mit einem Messer, das ich mit mir führe?
Thomas Meier-Bading: Mit einem Messer ist es das Gleiche. Auch ein Messer kann eine Waffe sein, allerdings nach dem Waffengesetz nur: Springmesser, Fallmesser, Faustmesser, Butterflymesser und Wurfsterne, nicht aber Taschenmesser oder Küchenmesser, außer wiederum über 12 cm Klingenlänge. Nur: bekommen Sie mal ein Taschenmesser in einer Notwehrsituation aufgeklappt! – Das ist also auch keine wirkliche Option.
5vier.de: Wie verhalte ich mich dann in einer Notwehrsituation? – Wie kann ich mich oder eine dritte Person verteidigen bzw. helfen?
Thomas Meier-Bading: Man kann aber auch mit eher unverdächtigen Gegenständen halbwegs gute Notwehrwaffen fertigen, z.B. eine zur Stange aufgerollte Zeitschrift. Noch eher zu empfehlen sind aber Dinge, die schnell viel Krach machen, z.B. eine Trillerpfeife oder Geräte für Taschenalarm. Die meisten Täter nehmen Reißaus.
5vier.de: Und wenn ich keinen Erfolg habe? Wie „stark“ darf ich mich wehren – wann werde ich selbst als mich oder eine dritte Person Verteidigender zu einem Täter?
Thomas Meier-Bading: Jede Straftat – ob nun nach dem Waffengesetz oder nach dem Straf-Gesetz-Buch (StGB) – ist grundsätzlich verboten. – Es sei denn es gibt einen Rechtfertigungsgrund. Derer gibt es nicht viele, aber einer davon ist die Notwehr, geregelt in § 32 StGB. In einer Notwehrsituation darf man ausnahmsweise eine Straftat begehen, und zwar im Grunde theoretisch sogar einen Mord. Doch Halt, dies ist kein Freibrief. Denn dafür gelten sehr enge Voraussetzungen, die hier nur kurz grob angerissen werden können:
– es muss eine Bedrohung für ein Rechtsgut bestehen – hier: das Leben oder das Eigentum
– diese Bedrohung muss unmittelbar bevorstehen, gerade stattfinden oder noch andauern
– die Notwehrhandlung muss das mildeste wirksame Mittel sein. Wenn man also noch Zeit hätte, die Polizei oder andere Hilfe zu rufen, muss man das tun. Dann erst darf man das Pfefferspray einsetzen oder seine Zeitschrift zusammenrollen und losschlagen.
– es gibt noch weitere Bedingungen, z.B. darf kein extremes Mißverhältnis zwischen den Rechtsgütern bestehen (wegen eines geklauten Kaugummis auf Kinder schießen).
In der Praxis am schwierigsten ist aber der Nachweis der Notwehrlage. Insbesondere, wenn man mehreren Tätern gegenübersteht, denn dann hat man ein paar Gegenzeugen. Da man nicht ständig eine Drohne zur Kameraüberwachung mit sich führt (und auch nicht dürfte) ist es eine der besten Vorsichtsmaßnahmen, wenn man schlichtweg nie allein unterwegs ist.
5vier.de: Darf ich einen Kinnhaken zur Abwehr geben?
Thomas Meier-Bading: Schlagen ist oft das mildeste Mittel – wenn Hilfe rufen nicht geht. – Wie gesagt: man sollte die Notwehrsituation beweisen können. Wenn man also allein ist, ist auch das Weglaufen durchaus eine Option.
Während unseres weiteren Gesprächs mit Thomas Meier-Bading kamen wir auch auf das Thema „Bürgerwehr“, wozu wir folgende Antwort erhielten:
Thomas Meier Bading: Kurz zum Thema Bürgerwehr: aus einem regelmäßigen gemeinsamen Spaziergang von Freunden kann ganz leicht eine bewaffnete Gruppe werden. Deren Mitgliedschaft, Bildung und Unterstützung ist nach § 127 StGB strafbar. Also: keine Waffen (Messer, Pfefferspray, Waffen) mit sich führen. – Eine Bürgerwehr darf auch niemanden auf der Straße anhalten und kontrollieren. Erst, wenn es eine Straftat gibt, dann darf man den Täter festhalten, bis die Polizei kommt. Und auch nur das. – Und natürlich darf man sich nicht als Amtsperson ausgeben oder andere Straftaten begehen.
5vier.de: Danke für Ihre Ausführungen.
Weitere Informationen können – unter Berechnung einer kleinen Pauschale – können direkt bei Rechtsanwalt Thomas Meier Bading (Tel. 030 – 340.60.478 oder [email protected] ) erfragt werden.
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