Eigentlich wollte ich mich noch weiter im Thema „Gefallene Helden“ herumtreiben (begonnen hatte ich das Thema in der neuesten Folge vom „Discöföx“ Podcast – zu hören überall wo´s Podcasts gibt und natürlich von 5vier.de präsentiert). Jetzt habe ich mir letzten Samstag mit Interesse und Chips den ESC angeschaut – und dachte zuerst, ich hätte in Malik Harris einen zusätzlichen gefallenen Helden gefunden. Wie anmaßend, er war nie ein Held.
Abgesagt
Ich glaube wirklich, man sollte ihn nicht in die Schüssel mit Boris Becker oder von mir aus Fynn Kliemann werfen. 2 Gründe: Zum einen hat er keine Scheiße gebaut, er ist nur mit einem schlechten Song Letzter beim ESC geworden. Zum zweiten hatte er gar keine Zeit, so hoch in den Olymp zu steigen, daß er die Schwelle zum Helden hätte überschreiten können.
Abgeschmackt
Ich zäume das Pferd von hinten auf – vielleicht sollte ich erst einmal meine Erfahrung mit der TV Nacht am Samstag hier droppen. Ich nehme an, dass viele von Ihnen die Show gesehen haben und bin gespannt, ob Sie es ähnlich wahrgenommen haben.
Bleiben wir zunächst in Deutschland und beim WarmUp. Erwartungsgemäß grinsen mich beim Einschalten des TVs zuerst Barbara Schöneberger mit irren Augen und Thomas Hermanns mit gekünzelter Prosecco Visage an. Kamera fährt raus , dann sehe ich, da sitzt auch noch Michelle und Max Giesinger – das macht es nicht besser. Mir bleibt erst mal nix übrig als spontan den Ton auszumachen. Leider half es wenig, denn die Beleidigung war auch eine visuelle. Ich sag mal so: Schönebergers Kleid erinnerte mich spontan an ein Dessert, das man bei einem Diplomatentreffen in Moskau serviert bekommt und von dem man erwarten muss, dass es bis zur Halskrause mit Novichok vollgepumpt ist.
Abgestellt
Es hilft nix, ich schalte also den Ton wieder an, gerade um mitzubekommen, dass man Johnny Logan vom Speicher gekramt hat. Ich bin nicht Thomas Hermanns oder ein begeisterter Alt-ESC – Fan, also ist Google mein Freund. Wäre nicht nötig gewesen, denn Frau Schöneberger sagt ihn quasi mit seinem kompletten Wikipedia Eintrag an, damit das Publikum auf dem Wissensstand von Herrn Hermanns ist. Ich fühle mich an den armen John Miles erinnert, der zu Lebzeiten immer für die „Night of the proms“ aus der vernagelten Holzkiste geholt wurde um noch mal „Music“ zu singen und ich empfinde Mitleid für Herrn Logan – ob zurecht oder aus meiner Lebenseinstellung als zynischer Arsch heraus vermag ich nicht zu sagen.
Abgepasst
Danach das Wort zum Sonntag. Echt! Und wieder erinnere ich mich an die Passion auf RTL, aber das habe ich hier zu Genüge ausgeführt. Gut, ich bin ja jetzt kein Kirchenmensch, wer hier mitliest wird sich da nicht wundern, aber ich muss jetzt mal eines loswerden: Dieses Wort zum Sonntag an diesem Grand Prix Abend, irgend wo zwischen dem Wahnsinn Schönebergers und dem medialen Overkill, der danach aus Turin kam, vorgetragen von dieser Dame, die offensichtlich ernsthaft der Welt etwas mitzuteilen hatte, jene Worte der Vernunft und des Glaubens waren einfach perfekt gesetzt – um sich noch mal schnell eine Schüssel Chips zu holen, noch mal fix die Keramikausstellung zu besichtigen (gibt schließlich keine Werbepausen) und um sich mit genügend Getränken einzudecken. Chapeau ARD für diesen Move.
Abgerockt
Wer jetzt aus der Pause zu spät zurück kam, der verpasste letztlich nur die „Rocking 1000“ (die größte Band der Welt – quasi die Fischer Chöre des Rock), die „Give Peace a Chance“ spielten. Über das Thema Gratismut habe ich ja auch schon so Meines gesagt, gehört hier jetzt nicht her. Jedenfalls schöne Bilder und guter Wille.
Abgeschätzt
Hier findet sich kein Platz um über die in Turin dargebotenen Lieder zu urteilen. Trotz des berechtigten Verdachts der Schleichwerbung weise ich hierzu auf die nächste Folge des „Discöföx“ Podcasts, da ist dann Zeit um alles im Detail durchzukauen. Insgesamt möchte ich aber sagen dass man 2 Trends deutlich spürte: Exaltierte Performance und Verrücktheit sind leider zugunsten großer Power Balladen mit reichlich Falsett in der Männerstimme gewichen. Der ganze Abend hatte (vielleicht verständlicherweise) einen melancholischen und fragilen Touch, da half auch die unfassbare Bühnentechnik nichts, denn kaum ein Künstler nutzte sie. In den Performances setzte man auf kleine Gesten und einfache Kostüme. Man könnte fast denken die Künstler bekamen alle jeden Morgen zum Frühstück ein ganzes Stück Adele vorgesetzt (… so wertvoll wie ein kleines Steak…). Dazu hat sich der DJ Sound zugunsten von HipHop Anleihen verabschiedet, passt auch besser zur allgemeinen Melancholie. Witzigerweise war eine der Ausnahmen (was Melancholie betrifft) hierbei die Ukraine, die das ganze dann auch gewonnen hat (was wahrscheinlich auch an der Solidarität der anderen Staaten liegt, aber sie waren auch echt gut!).
Abgeschmiert
Nachdem alles zu Ende war kam noch die Nachgeburt aus Hamburg: Die wandelnde Hochzeitstorte Schöneberger interviewt wild um sich, Michelle legt trotz des erkennbar hohen „Reifegrades“ eine Show in einem Kostüm hin, über das sich jede gleichaltrige Puffmutter auf der Reeperbahn gefreut bis geschämt hätte. Dazu Gesang im Ultraschallbereich und neben lausigen Dance Beats (hier gibt es sie noch) eine alibi-queere Love Story im Text. Prompt kommt eine WhatsApp von einem Freund: „Das finde selbst ich als Schwuler scheisse“. Keine weiteren Fragen. Man fischt halt da wo man anfüttert. Mal sehen ob sie beissen.
Ich freue mich auf nächstes Jahr in Kiew – bin gespannt, wer kommt .
Ihr Senf hierzu interessiert mich natürlich sehr – also kommentieren Sie was das Senfglas hergibt! Mehr Senf von mir gibt es hier!
Mehr Sempf und weitere Themen von Johannes‘ bekommt ihr in seinem Podcast „Discöföx“, in dem er zusammen mit Philipp Godart das Weltgeschehen kommentiert. „Schier sein Podcast“ ist schier gut. Weitere Infos findet ihr zudem auf den Websites der Boys:
Jöhännes www.johanneschier.de
Philipps: www.philippgodart.de
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