Ich muss schon wieder über die Midlife Crisis im weitesten Sinne sprechen. Vielleicht macht mich der gerade so nicht tödliche Männerschnupfen, der mich erwischt hat, etwas dünnhäutig, aber was soll´s: Es ist Herbst, und Vergänglichkeit und Tristesse liegen in der Luft. Also reden wir doch mal über das Gefühl, Zeit verloren zu haben. Es kann ja nicht sein, dass ich der Einzige bin, dem es gerade so geht.
Peter Pan am Arsch
Als Anlass für diesen Text nehme ich das Erscheinen des neuen Buchs von Florian Schröder. Nein, ich habs noch nicht gelesen, mir aber auf Youtube seine Lesung mit Marco Seiffert angeschaut. Und ich dachte mir so:“Mann Mann, wenn ich groß bin, dann will ich auch mal so intelligent und witzig reden können, so pointiert und trotzdem nie klamaukig ernste Themen auf Augenhöhe mit den wichtigen Organen dieses Landes diskutieren können, und trotzdem nicht die Fähigkeit zum gepflegten Pimmelwitz verlieren. Die gute Nachricht ist: letzteres ist mir gelungen. Aber: „Wenn ich groß bin“? Wie alt wird der Kerl denn sein? Fix mal nachgeschaut und mit einem Handkantenschlag in den Nacken festgestellt: er ist jünger als ich. Also nix mit „Wenn ich groß bin“. Ich glaube ich habe mich zu lange als Kind gefühlt. Peter Pan am Arsch.
Kleiner Prinz am Arsch
Nach einer gefühlten Woche Selbstmitleid, in der ich bei ALLEM, was ich so tue, festgestellt habe, dass diejenigen, die es am Besten können, fast alle jünger als ich sind, wird es wohl Zeit, zur Stufe des Akzeptierens über zu gehen. Nicht nur, dass ich im Schnitt älter bin, als ein großer Teil der Podcaster, deren Arbeit ich die ganze Woche über so höre, sondern ich finde auch auf Youtube und Konsorten sehr junge Musiker, die alles, was ich kann völlig deklassieren. Die jüngsten sind gerade mal 10. Ich hoffe, sie werden zum Üben geschlagen – aber ich hoffe es nur ganz kurz, dann habe ich mich wieder im Griff und schäme mich für den Gedanken. Gerade im Alter sollte man ja gönnen können. Ich glaube, dafür bin ich noch zu jung und charakterschwach. Kleiner Prinz am Arsch.
Momo am Arsch
Ruckzuck ist man auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Was hielt mich davon ab, in all den Bereichen eine altersgemäße Meisterschaft zu erreichen? Man kann natürlich schnell mit fehlendem Talent, fehlendem Biss oder fehlenden förderlichen Ausgangsbedingungen argumentieren, sich darauf ausruhen, dass es Ende der 90er schwieriger war, einen Studienplatz für Gitarre zu bekommen als heute, dass man nicht vom heimischen Wohnzimmer aus Teil der Medienwelt werden konnte und dass auf dem Land die Mühlen sowieso langsamer mahlen. Letztlich ist es meistens Blödsinn. Ich denke, das Gras ist immer grüner auf der anderen Seite, will sagen: jeder schaut von seiner Stufe aus nach oben und vergleicht sich, man könnte es Ehrgeiz nennen. Oder Selbsthass, keine Ahnung. Jedenfalls wurde die Zeit nicht gestohlen und meistens sinnvoll genutzt, wahrscheinlich nur in zu vielen Teilbereichen gleichzeitig. Ist doch auch was wert wenn man semi-gut in Vielem ist. Verkauft sich nur schwierig auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Egal. Die Zeit wurde jedenfalls genutzt. Momo am Arsch.
Blechtrommel am Arsch
Dabei ist Erwachsen sein echt geil. Zwar mit viel Verantwortung verbunden, aber auch mit Freiheit. Ein Kumpel bezeichnete die Lebensepoche zwischen 40 und 60 als die beste Zeit im Leben : Man ist finanziell aus dem schlimmsten raus, oft sind die Kinder schon groß, und man ist körperlich noch fit für so ziemlich alles. Hat er nicht Unrecht mit. Die Frage bleibt aber, wie viel inneres Kind man sich zu erhalten erlaubt. Zu viel kann da genau so beschissen enden, wie zu wenig. Vielleicht liegt in diesem Maß der Schlüssel zu Glück und Erfolg. Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich mich immer auf das erwachsen sein gefreut hatte, um dann nicht zu bemerken, dass ich es längst bin. Also weshalb krampfhaft jung bleiben wollen? Blechtrommel am Arsch.
Reife am Arsch
Jedenfalls ein interessanter innerer Paradigmenwechsel, wenn man feststellt, dass die Menschen, zu denen man – besonders was „Gehirn-Zeug“ betrifft – aufschaut, meist jünger sind, als man selbst. Dem muss doch auch was positives abzugewinnen sein. Immerhin bin ich noch nicht an dem Punkt, an dem ich morgens den Wirtschaftsteil der FAZ lese und stramm konservativ wähle. Wobei das auch kein Attribut des Alters mehr ist. Wahrscheinlich hat das Internet Meme mit dem Reinhard Wandtner Zitat Recht: „Die Kunst besteht darin, jung zu sterben, das aber so spät wie möglich.
Ihr Senf hierzu interessiert mich natürlich sehr – also kommentieren Sie was das Senfglas hergibt! Mehr Senf von mir gibt es hier !
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