Von Stefanie Braun (Text und Fotos)
Am vergangenen Wochende spielte sich einiges ab auf dem Kornmarkt der Stadt Trier. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn das Theater Trier feierte sein alljährliches Theaterfest dieses Mal mitten in der Innenstadt. Sehr zur Freude der vielen Besucher.
Wie zu jedem Spielzeitbeginn gab es auch in dieser Saison wieder ein Theaterfest. Letztes Jahr zu Ehren der West Side Story auf dem etwas außerhalb gelegenen Bobinetgelände, dieses Jahr mal zentraler, sozusagen fast im Zentrum der Stadt. Nicht auf dem Hauptmarkt, aber immerhin auf dem Kornmarkt hatten die fleißigen Mitarbeiter des Theaters eine Bühne aufgebaut, einen Platz fürs Orchester geschaffen und genügend Technik angebracht, um es auch den Gästen der umliegenden Gaststätten zu ermöglichen, etwas von dem Spektakel mit zu bekommen. Wider Erwarten hatte sich schnell ein großes Publikum um die Bühne versammelt, selbst hartgesottene Shoppinglustige mussten bei dem aufgefahrenen Programm wenigstens für ein paar Minuten stehen bleiben.
Kunst in 30 Minuten
In jeweils halbstündigen Sequenzen hatten die drei Sparten des Hauses Zeit sich und ihr Können vorzustellen. Sogar in (fast) eigens für dieses Wochenende kreierten Ministücken. So hatte das Schauspiel das waghalsige Projekt in Angriff genommen, Goethes Faust auf schlappe 30 Minuten herunter zu kürzen. Heraus kam ein kurzweiliger, manchmal klamaukiger aber oft höchst amüsanter Seitenhieb auf Lokalpolitik, Stadtgeschehen und Goethes Werk selbst. Dabei scheuten sich die Darsteller auch nicht noch so tief in die Klamauk-Trickkiste zu greifen, mit der langen, blonden Haarpracht zu wedeln oder als Guildo Horn flotte Nummern hinzulegen. Besonders hinreißend dabei Sabine Brandauer als Feuermelderrote Mephista und Michael Ophelders als alternder Lüstling Faust.
Gekürzt aber ebenso schön die Nummer des Musiktheaters: Einmal Carmen in weniger als 30 Minuten, bitte. Ein erfreuliches Wiedersehen gab es dabei mit Carlos Aguirre, dem ehemaligen Barriton des Theaters, der nun seit ein paar Monaten einen Stimmfachwechsel zum Tenor anstrebt und am Wochenende schon mal eine kleine Kostprobe von den bisherigen Lernerfolgen demonstrierte. Das macht gespannt auf mehr und man kann sich schon darauf freuen, ihn nach seinem abgeschlossenen Fachwechsel zu hören. Neben ihm brillierten Neuzugang Stanek, die mit dunkler Mähne die feurige Carmen gab, Sopranistin Caspar mit blondem Zopf als verliebte Unschuld und László Lukács als Torrero.
Eine echte kleine Premiere war die Vorstellung des Tanztheaters. Mit einer Happy End Version von Romeo und Julia zeigten sie nicht nur eine kleine Neuschöpfung, sondern verbanden diese auch in einem Zug mit etwas Moderne. Spielten sie doch einen Song vom lokalen Musiker Daniel Bukowski in die Partie ein. Zu „Leben nach dem Flirt“ tanzten die Paare die verschiedenen Irrungen und Wirrungen, die in einer Beziehung außerhalb der Shakespearschen Tragödie auf ein junges Paar zukommen können.
Bravo Frau Ullmann!
Die Gewinnerin der diesjährigen Theatermaske steht nun auch fest: Es ist Barbara Ullmann. Nicht nur für ihre Leistungen in der letzten Spielzeit, wie Dieter Lintz bei der Verleihung so schön sagte, sondern direkt für ihr bisheriges Lebenswerk. Zuletzt konnte sie als Puck im „Sommernachtstraum“ begeistern, eine eher heitere Rolle, schaut man sich die sonstigen an. Als da wären Mutter Courage oder Elisabeth die I. in Schillers „Maria Stuart“. Mit diesen Paraderollen setzte sie sich auch gegen die starke Konkurrenz wie den erstmals nominierten Opernchor durch, der in „Peter Grimes“ für großes Aufsehen gesorgt hatte. Letztendlich war es aber doch Ullmanns Präsenz und Wandlungsfähigkeit, die den Ausschlag gab. Glückwunsch und ein wohlverdientes Bravo!
Nicht nur das Wetter spielte bei diesem Theaterfest geradezu traumhaft mit, auch das Publikum strahlte bei soviel hautnaher Kunst. Mehr davon, wurde oftmals gewünscht. Das Theater solle mal mehr in der Stadt machen, damit man auch mal etwas mitkriegt davon, hieß es dann an anderer Stelle. Bei schönem Wetter könnte man doch mehr auf dem Kornmarkt machen oder auf anderen Plätzen. Überhaupt mal mehr raus, näher an die Leute. Frei nach dem Motto „Wenn man die Leute nicht ins Theater bringt, bringt man das Theater eben zu den Leuten“. Mehr „spontane“ Showeinlagen bitte. Vielleicht ist das der richtige Weg um die breite Masse erstmal auf den Geschmack zu bringen. Passanten und Zuschauer am Wochenende sind sich jedenfalls einig: mehr Theater in die Stadt!
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