Eine der wertvollsten Handschriften des Trierer Stadtarchivs wurde neu eingebunden. Anlass für die Präsentation des Codex Egberti, der als eines von weltweit 158 Dokumenten in das UNESCO-Weltdokumentenerbe einging – und doch nur den wenigsten Trierern bekannt sein dürfte.
Zwischen 977 und 993 n.Chr. für den Trierer Erzbischof Egbert angefertigt, enthält der 168 Seiten starke Codex knapp 60 Abbildungen („Miniaturen“). Vor allem diese Bilder sind es, die die Handschrift so kostbar machen – sie gehen unter anderem auf einen der berühmtesten Maler der ottonischen Zeit, den Meister des Registrum Gregorii, zurück. Die Anfertigung von Handschriften generell und Bildminiaturen im Besonderen war vor der Erfindung des Buchdrucks eine teure Angelegenheit: Texte mussten per Hand fehlerlos zu Papier gebracht, Farben aus teils seltenen Naturmaterialien gewonnen und in mühevoller Kleinstarbeit aufgetragen werden. Ein aufwendiger Prozess, an dem vor allem Trierer Schreiber und Künstler beteiligt waren – ein Grund mehr für den Stellenwert des Codex als Kulturgut der Stadt. Bücher, zumal von dieser handwerklichen Güte, waren seltene Luxusgüter – und nur wenige dieser Art haben sich bis heute erhalten. So ist der Codex Egberti weltweit der älteste erhaltene Bildzyklus vom Leben Jesu.
„Wollen nichts historisieren“

Bürgermeisterin Birk und Bibliotheksleiter Embach präsentieren den „neuen“ Codex Egberti. Foto: Spieth
Der letzte Schritt im Restaurierungsprozess der Handschrift wurde mit der Präsentation des neuen Einbandes nun vollendet. Im Gegensatz zu der 2006 angefertigten Replik erhält das Original keinerlei Verzierungen auf dem Einband: „Wir wissen nicht, wie er ursprünglich ausgesehen hat“, erklärt Bibliotheksleiter Michael Embach. „Wir wollen nichts historisieren.“ So steht neben der schlichten Schutzfunktion die Verwendung zeitgenössischer Materialien im Vordergrund. Der neue Einband besteht aus schlichtem Kalbsleder; der Replik hatte man dagegen noch einen mittelalterlich anmutenden Metallbeschlag samt einer Abbildung Egberts spendiert. Bürgermeisterin Angelika Birk betont: „Die Wiederherstellung des Codex Egberti ist beispielhaft für die enge Zusammenarbeit von Stadt und Bibliothek.“
Vorbote auf die neue Stadtbibliothek
Auch nach der Instandsetzung bleibt die Aufbewahrung des knapp 1070 Jahre alten Codex eine Kunst für sich. Zweimal täglich werden die Klimabedingungen im Archiv kontrolliert, die Räumlichkeiten sind mehrfach abgeriegelt und gesichert. „Selbst, wenn nur eine Seite fehlt – das wäre der absolute Horror“, so Michael Embach zum immensen Wert der Handschrift. Den will er finanziell lieber nicht beziffern: „Es gibt einfach keinen Vergleichswert.“ Gefürchteter als Diebstahl aber sind Feuchtigkeit, Wärme und Licht – sie können in Verbindung mit den in altem Papier und Pergament enthaltenen Pilzsporen zu einem fatalen Zersetzungsprozess führen.
Der Codex soll den Reichtum der über 3000 im Archiv befindlichen Schriftstücke verdeutlichen, darunter eine der wenigen erhaltenen Gutenberg-Bibeln. „Die Trierer Stadtbibliothek hat in dieser Hinsicht eine Spitzenposition inne“, so Embach. Die Handschrift im neuen Gewand wird erstmals im Rahmen der „Langen Nacht der Wissenschaft“ am 28. September öffentlich ausgestellt. „Der Codex ist unser bestes Stück“, versichert Bibliotheksleiter Embach. Die Präsentation darf gleichsam als Startschuss für die Erneuerung und Erweiterung der Stadtbibliothek gelten; so sollen historische Kostbarkeiten des Archivs ab 2014 permanent zu besichtigen sein.
Weitere Informationen zum Codex Egberti findet ihr auf der Seite der Stadt Trier.
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