Die Suche nach dem Glück kann eine verdammt aufwendige Sache sein, das zumindest erlebt der Psychiater Hector in der Verfilmung des Bestsellers Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück von François Lelord. Andreas Gniffke hat sich den Film im Trierer Broadway angesehen.
Bin ich glücklich? Wahrscheinlich jeder hat sich in irgendeiner Lebensphase diese entscheidende Frage bereits einmal gestellt und die Antworten dürften entsprechend vielfältig sein. Auch der Londoner Psychiater Hector (Simon Pegg, Shaun of the Dead) befindet sich in einer Lebens- und Sinnkrise, für die es vordergründig keine Ursache zu geben scheint. Sein Leben ist wohl geordnet, die Patienten stehen in seiner Praxis Schlange, in seiner Designerwohnung wartet eine bildhübsche Freundin (Rosamund Pike, A Long Way Down) auf ihn, die auf der einen Seite leidenschaftliche Liebhaberin ist, auf der anderen Seite aber auch die Socken in die richtige Schublade räumt. Alles ist perfekt, dennoch ist Hector weit davon entfernt, ein im Innersten glücklicher Mensch zu sein. Die typischen ‚First World Problems‘ seiner Patienten beginnen ihn zu nerven und ausgerechnet eine durchgeknallte Wahrsagerin (Veronica Ferres) bringt ihn auf die richtige Spur. Hector braucht Abstand, um über sich selbst und sein Leben nachzudenken.
Bewaffnet mit einem (noch leeren) Glückstagebuch begibt sich Hector auf eine Forschungsreise auf der Suche nach der geheimen Glücksformel. Sein Weg führt ihn in die glitzernde Metropole Schanghai, die afrikanische Steppe und nach Los Angeles zu seiner Jugendliebe (Toni Colette). Sein Tagebuch kritzelt er unterwegs mit höchst banalen Glücksbotschaften und naiven Zeichnungen voll und er macht Erfahrungen, die sein Leben verändern.
Hector ist ein sympathischer Held, der mit kindlicher Neugier und großen Augen durch die Welt läuft, und eine ganz eigene Sicht auf die Dinge entwickelt. Der Blick hinter die Kulissen ist seine Sache nicht und auch der Film begnügt sich weitestgehend mit Klischees und Kitsch.Gleich in der ersten Nacht landet er im Bett mit einer bezaubernden Chinesin, die sich erst im Nachhinein als Prostituierte und Geschenk eines vergnügungs- und erfolgssüchtigen Bankers (Stellan Skarsgård, Der Medicus) entpuppt. Im Rausch einer glitzernden Großstadt liegt das Glück für Hector offenbar nicht, da sind die Weisheiten der tibetischen Mönche auf der nächsten Etappe doch deutlich besser geeignet. In Afrika sind die Eindrücke wiederum andere und dieser Abschnitt ist der mit Abstand ärgerlichste des Films. Gezeichnet wird ein Afrika derartig triefend vor Klischees, dass es fast schmerzt. Eine glückliche Einheimische mit Großfamilie zeigt Hector, dass das Glück auch in einem einfachen Süßkartoffeleintopf, landestypischen Tänzen und einer zum Beischlaf bereiten Cousine liegt. Ein alter Studienfreund hat seine Berufung in einem Hospital in der Steppe gefunden, um dort Kindern zu helfen. Aber Afrika ist natürlich gefährlich, daher tummeln sich dort auch finstere Gestalten wie der Drogenbaron Diego (Jean Reno) und lokale Warlords, von denen Hector prompt entführt wird. Doch auch diese fast tödliche Grenzerfahrung bringt ihn seinem Ziel im gnadenlos der Erlösung entgegen hastenden Plot näher, letzte Station Los Angeles. Dort sieht er sich mit seiner Vergangenheit konfrontiert und erst danach ist der Schritt zum Glück endlich frei. Hach, als ob wir jemals daran gezweifelt hätten.
Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück ist ein Wohlfühlfilm, und dieses Versprechen löst er ein. Regisseur Peter Chelsom (Hannah Montana: Der Film) hat das Glück, ein gut aufgelegtes Starensemble zur Verfügung zu haben, das über die flache Handlung oftmals hinwegtäuschen kann. Simon Pegg gibt Hector den nötigen Witz und eine ganz eigene Art von naivem Esprit, die man einfach mögen muss. Wirklich berühren kann einen Hector allerdings nicht, auch wenn die unangenehme Lebensfrage, der er sich stellt, vielen durchaus vertraut sein dürfte. Das ist schade, denn so bleiben am Ende zwei Stunden Kuschelkino, die nur den Wenigsten länger als bis zum nächsten Realitätsschock in Erinnerung bleiben dürften.
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