Roland Seitz will nach der dritten Heimpleite Konsequenzen und analysiert die Situation. Im Interview mit 5vier warnt der Eintracht-Trainer aber auch vor einer überzogenen Erwartungshaltung.
5vier: Sie waren am Wochenende in Ihrer Heimat. Wie haben Sie dort das 0:3 gegen Mainz II verkraftet?
Roland Seitz: Das war gar nicht so einfach. Es war die dritte Heimniederlage in Folge, da ist es doch klar, wenn man sich ärgert. Ich habe mir schon viele Fragen gestellt, woran es gelegen hat. Aber daheim fehlte mir der Ansprechpartner, da habe ich kein Feedback bekommen. Das habe ich mir nun bei der DVD-Analyse mit der Mannschaft am Montag geholt.
5vier: Was hat Sie an der Niederlage am meisten geärgert?
Seitz: Es war der gleiche Ablauf wie in den Heimspielen zuvor. Es reicht nicht, wenn vier, fünf Spieler nur 80 Prozent ihres Leistungsvermögens ausschöpfen. Wir haben in der Gesamtheit nicht die Aggressivität gezeigt, die man gegen solche Gegner braucht.
5vier: Die Niederlage gegen Mainz hat viele geschockt. Kann man jetzt schon von einer Krise sprechen?
Seitz: Vielleicht von einer Heimkrise. Wenn wir vier, fünf Spiele in Folge nicht gewinnen, dann wäre das eine Krise. Aber Ihre Frage zeigt mir was anderes …
5vier: Was denn?
Seitz: Viele im Umfeld dachten, dass diese Saison ein Start-Ziel-Sieg für Eintracht Trier wird. Aber das ist nicht umsetzbar, dagegen wehre ich mich. Wir hatten doch jetzt 15 Monate Sonnenschein. Erinnern Sie sich an die Situation am 30. Juni 2010. Der Etat wurde gekürzt, die Eintracht war sportlich abgestiegen und musste eine ganz neue Mannschaft zusammenstellen. Das Jahr ist dann sensationell gelaufen. Wir sind auf Platz zwei gelandet und haben als i-Tüpfelchen noch das Rheinlandpokal-Finale gegen Koblenz gewonnen.
5vier: Und in dieser Saison?
Seitz: Da haben wir viele Leistungsträger verloren und uns in der Breite verstärkt. Die Spieler müssen wir erst einbauen. Die Saison ist noch jung, das wird Zeit brauchen.
„Die Spieler müssen spüren, dass es so nicht geht.“
5vier: Ist Druck ein Grund dafür, dass die Mannschaft daheim nicht ihr Potenzial entfacht?
Seitz: Nein. Unsere Neuzugänge kennen das doch. Denny Herzig hat in Dresden vor 30.000 Fans um den Aufstieg gespielt, Martin Hauswald spielt seit zehn Jahren auf dem Niveau, Oliver Stang hat in Osnabrück immer 16.000 Zuschauer in der 2. Bundesliga erlebt. Dazu haben wir weitere Routiniers. Wenn ich dann in Trier mit dem Druck nicht zurechtkomme, kann ich das nicht gelten lassen. Damit muss die Mannschaft auskommen. Etwas anderes ist da schon das Selbstvertrauen. Das fehlt daheim sicherlich.
5vier: Könnte Überheblichkeit ein Grund für die kleine Misere sein?
Seitz: Wir haben eine starke Vorbereitung gespiel, in der wir Sonnenhof/Großaspach und die Stuttgarter Kickers geschlagen haben, die in der Regionalliga Süd jetzt in der Spitzengruppe stehen. Die Eindrücke und der Pokalsieg gegen St. Pauli haben vielleicht beim ein oder anderen zu dem Gedanken geführt, dass jetzt alles von alleine geht.
5vier: Sie beklagen, dass viele Spieler ihr Potenzial nicht abrufen.
Seitz: Es ist in jeder Mannschaft der Welt so: Wenn drei, vier Spieler nicht jeden Samstag alles geben, gibt es immer Probleme, ob in der Regionalliga oder Kreisliga. Leider gibt es diesen Trend bei uns nicht erst seit Mainz. Daher wird es nun Konsequenzen geben. Die Spieler müssen spüren, dass es so nicht geht.
5vier: In welcher Form? Drohen schöpferische Pausen?
Seitz: Wenn Sie es so ausdrucken möchten. Der ein oder andere Spieler sollte schon mal in Ruhe nachdenken, warum er in Trier spielen will.
5vier: Ein Problem gegen Mainz war das kreative Vakuum im Mittelfeld. Wie kann das gelöst werden?
Seitz: Eine schwere Frage. Wir müssen Fahrudin Kuduzovic dahin bringen, dass er das leistet, was er in der Rückrunde der letzten
Saison geleistet hat. Dann haben wir einen Top-Mann für die Liga. Im defensiven Mittelfeld ist die Verletzung von Jeremy Karikari bitter, mit seinem Können ist er schon überragend. Nun hängt viel davon ab, ob er in Köln spielen kann.
5vier: Wie stehen die Chancen?
Seitz: Er ist in ständiger Behandlung, vielleicht kann er schnell wieder ins Mannschaftstraining einsteigen. Wenn nicht, stehe ich in dieser Woche vor einer schweren Aufgabe.
5vier: Eine Systemumstellung kommt nicht in Frage?
Seitz: Nein, weil wir mit Pagenburg, Pollok und Kulabas drei starke Stürmer haben, mit denen wir Torgefahr entwickeln können. Da wäre es schade, nur einen zu bringen. In Dortmund haben wir mit einer kompakten Spielweise bewiesen, dass wir mit dem aktuellen System bestehen können.
5vier: Wird noch ein Spieler verpflichtet?
Seitz: Ehrlich gesagt – nein. Erstens ist das eine Geldsache. Die Mittel, die wir uns vorgenommen hatten, sind ausgeschöpft. Zweitens fehlt neuen Spielern zunächst der sportliche Rhythmus. Sie brauchen erst Spiele, um reinzukommen. Wenn mir jetzt aber ein Sechser angeboten wird, der sich sportlich schon bewiesen hat, werde ich mir natürlich Gedanken machen.
5vier: Mainz bezauberte mit einem traumhaften Fußball, die Bundesliga-Reserven haben vielseitig ausgebildete Talente. Haben Traditionsvereine bei so viel Qualität eigentlich noch eine Chance auf den Aufstieg?
„Wir wollen Wiedergutmachung betreiben“
Seitz: In der letzten Saison sind doch auch Münster, Chemnitz und Darmstadt aufgestiegen. Es gibt in der Regionalliga viele gute erste Mannschaften. Was die Zweitvertretungen den Aufstieg kosten kann, ist die fehlende Konstanz in der Aufstellung. Mainz spielte gegen Leverkusen II mit Malik Fathi, Fabian Schönheim und Nicolai Müller. So können sie an jedem Wochenende jeden Gegner zerlegen. Gegen Lotte traten sie wegen der Länderspielpause aber ohne fünf Spieler aus dem Leverkusen-Spiel an.
5vier: Am Samstag geht es zu Köln II. Ihre Einschätzung?
Seitz: Köln hat eine freche, junge Mannschaft und ist überraschend gut gestartet. Aber wir wollen Wiedergutmachung betreiben.
gerd meint
guter Artikel, plus gutes Interview, das die Sachverhalte auf den Punkt bringt
Eins ist leider auch klar, im Kopf eines jeden Eintracht Fans ist Trier eine, wenn auch kleine Fussballmacht, in Sachen Finanzen und Marketing reißen die Trier nicht wirklich viel, wenig
großzügige Sponsoren und insgesamt eine bescheidene, zum Teil biedere,oder prollige Außendarstellung des Vorstands.