Das Fußballgeschäft ist seit 1990 immer professioneller und lukrativer geworden. Mit Vermarktungsrechten, Merchandising, Sponsoring und Ticketverkauf werden mittlerweile Umsätze in Milliardenhöhe erwirtschaftet. Der Umsatz von Fußballvereinen wird dabei maßgeblich durch den sportlichen Erfolg bestimmt. Um den erforderlichen sportlichen und damit verbundenen wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen, investieren die Vereine kontinuierlich in die Qualität ihrer Mannschaften. Dementsprechend versuchen die Klubs fortlaufend, mit potenziell geeigneten Spielern in Kontakt zu kommen, um die Möglichkeiten einer Vertragsübereinkunft auszuloten. In dieser Gemengelage entwickelte sich schließlich die Branche der Spielerberater, die zu einem lukrativen Geschäft geworden ist.

Auch Alexander Bergweiler ist in dieser Branche tätig, die er neben seiner anderen Berufung als Rechtsanwalt in der Kanzlei König Rechtsanwälte Trier (Schwerpunkt Sportrecht), mit reichlich Leidenschaft ausübt. Einer seiner Schützlinge ist Antonio Rüdiger, Spieler des FC Chelsea und Deutscher Nationalspieler. Zudem ist Herr Bergweiler auch Rechtsanwalt der Trierer Eintracht und war vor einiger Zeit auch dort als Aufsichtsratsmitglied aktiv.
Neben einer guten Verhandlungsstrategie, geht es in der Branche der Spielerberater auch um sehr große Geldsummen. 5vier.de-Redakteur André Mergener sprach mit Alexander Bergweiler über die Arbeit als Spielerberater, über diverse Vorurteile und über seine Erfahrung sowie Erlebtes.
Guten Tag Herr Bergweiler – was ist eigentlich die primäre Aufgabe eines Spielerberaters?
Alexander Bergweiler: Ich glaube ein guter Spielerberater versucht dem Spieler bei seiner Karriere zu helfen. Das heißt, ihn individuell besser zu machen und das Beste aus seinen Möglichkeiten herauszuholen und ihm immer als Ansprechpartner gegenüber zu stehen und zwar als ehrlicher Ansprechpartner. Die brauchen keinen die einem alles schön reden. Sicherlich brauchen die Spieler mal einen die einem das Haar graulen und sagen, komm das bekommen wir hin. Aber generell müssen die immer kritisch sein, müssen sagen so oder so könnten wir uns das vorstellen – oft einige Möglichkeiten aufzeigen und dann mit dem Spieler zusammen die beste Lösung finden.
Die Anfänge
Wie kamen Sie eigentlich in diese Branche?
Alexander Bergweiler: Es war sozusagen ein wenig Zufall. Ich war damals als Aufsichtsrat bei Eintracht Trier, da spielte zur damaligen Zeit auch Sahr Senesie. Wir haben uns kennen und schätzen gelernt und darüber habe ich dann auch seinen Bruder Antonio Rüdiger kennengelernt und ihn parallel mitberaten. 2015 war dann schließlich die erste große Vertragsbestreitung – Rüdigers Wechsel vom VfB Stuttgart zum AS Rom und damit ging es schließlich los.
Nebenher gingen auch immer schon zwei Spieler mit die Sahr mitbetreut hat, die damals 15 oder 16 Jahre alt waren. Der eine ist Cyrill Akono und spielt beim VfB Lübeck, der andere Mexwell Gyamfi, der beim Hamburger SV II unter Vertrag steht. Mein persönliches Feld war immer mehr die Vertragsberatung und Ähnliches und das hat sich schließlich zum Full-Hand-Service ausgebreitet, dass man praktisch auch mit Versicherungsangelegenheiten oder privaten Planungen berät und hilft.
Talente entdecken…
Wie gewinnt man denn Talente für sich – was für ein Gespür braucht man?
Alexander Bergweiler: Also wir haben Leute die beurteilen können wer talentiert ist und wer nicht. Aber ich erlebe immer weiter, dass viel mit 16, 15 oder 14 Jahren in der Szene schon klar ist, wer die Möglichkeiten hat eventuell Bundesliga oder mehr zu spielen. Klar war, dass Jan Thielmann hier aus der Region ein herausragendes Talent ist. Klar war – BoteRidle Nzuzi Baku vom VfL Wolfsburg war hier, damals spielte er noch für die zweite Mannschaft des FSV Mainz 05. Es war völlig klar, dass er ein herausragendes Talent ist. Du siehst schon wer übermassig begabt ist.
Ob du die dann gewinnen kannst, ist dann immer die zweite Variante. Oder Leandro Barreiro, heute in Luxemburg aktiv, mit dem habe ich schon damals als 15-Jähriger gesprochen und wir sind zusammen durchgegangen, was denn vernünftig sein könnte. Also man sieht, in der Region geht kein großes Talent an dir vorbei, ob du die dann längerfristig binden kannst, hängt dann auch mit der Familie, mit der Planung und mit anderen Sachen zusammen.
Entwicklung der Branche
Was hat sich in all den Jahren in dieser Branche verändert – gibt es diesbezüglich eine Prognose?
Alexander Bergweiler: Also einmal muss man sehen, dass die Gehälter nach unten immer schwächer werden. Das heißt dritte, vierte und fünfte Liga siehst du nicht jedes Jahr, aber so alle zwei Jahre halbieren sich die Gehälter, dass ist schon enorm. Das Geld unten ist nicht mehr so locker wie es mal war. Also ich weiß noch, ich habe Regionalliga-Verträge gesehen die so 14000 / 15000 Euro Brutto-Gehälter datierten und das ist eine absolute Ausnahme.
Davon gibt es höchstens noch fünf bis sechs und dann hört es auch schon auf. Aber festzuhalten gilt, nach unten werden die Summen geringer und oben immer höher. Man stellt fest, dass diese Tatsachen immer weiter auseinanderklaffen – Ausnahme ist jedoch die zweite Bundesliga, da hält es sich relativ stabil mit einem kleinen Plus. In der Bundesliga wird natürlich richtig gut gezahlt.
Aber auch in den Jugendbereichen, außer die absoluten Toptalente, ist die Tendenz der Gehälter extrem fallend. Das betrifft in erster Linie auch die kleinen Vereine wie zum Beispiel Nürnberg, Freiburg und Mainz. Dortmund zum Beispiel zahlt auch im Jugendbereich ein sehr gutes Geld, aber nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip, sondern die suchen sich auch die Jungs aus, die für ganz oben schließlich Perspektiven haben. Und das was ich auch noch beobachte für mich ist, dass so ein bisschen mehr Vertrauen in ausländische Talente fließt, weil man die auch für Transfersummen holt. Man hat Geld dafür bezahlt und möchte die schließlich auch aufbauen – als ab und zu auch auf die eigenen Talente zu schauen und diese zu fördern.
Vorurteile
Kommen wir mal zu den Vorurteilen dieser Branche. Viele Spielerberater haben in diesem Geschäft viel böses Blut vergossen durch Betrug, Machtgier und vieles mehr. Wie sehr schaden solche Personen dieser Branche, die eigentlich von Ehrlichkeit und Vertrauen leben müsste?
Alexander Bergweiler: Leider hat unsere Branche auch aktuell noch einen sehr schlechten Ruf. Die Frage ist immer noch schlecht oder schlecht. Also jemand, der osteuropäisches Geld wäscht, ist für mich immer noch ein Verbrecher und das gibt es auch noch heute – leider. Man muss abwägen – ein Spielerberater der sich an Recht und Gesetz hält und die Spieler vernünftig berät, der rennt dann bei mir offene Türen ein. Wenn es jemand ist der sich nur um sein eigenes Wohl kümmert, der Fokus liegt ihr auf der finanziellen Bereicherung und nebenbei einem auch noch die Spieler selbst egal sind, dann ist der Ruf dieser Branche völlig zu Recht schlecht.
Man muss die Spieler im Auge haben, man muss beachten das die Spieler gegebenenfalls eine Ausbildung haben und man darf sie später natürlich auch nicht fallen lassen, sollte es mit dem ganz großen Sprung nicht klappen. Ganz im Gegenteil, man muss dann für solche Jungs sorgen das sie irgendwo unterkommen. Und genau diese Einstellung vieler Berater vermisse ich in dieser Branche sehr. Nicht alle, aber viele – so zumindest mein persönlicher Eindruck. Man versucht das schnelle Geld zu machen, man versucht in Vereinbarungen dazwischen zu kommen, obwohl die Jungs vielleicht schon Berater haben und versucht noch schnell einen Euro heraus zu handeln und das fügt meines Erachtens zu diesem schlechten Bild dieser Branche.
Aber es gibt auch viele seriöse Spielerberater, die über die Ländergrenzen tingeln und sich die Spieler angucken und versuchen junge Spieler aufzubauen. Und genau diese Brater verdienen im Schnitt relativ wenig. Also Fakt ist, du brauchst einen Bundesligaspieler, am besten auch gleich zwei, um auskömmlich leben zu können. Also wenn du nur mit Regionalliga-Spielern am Start bist, da wird die Luft finanziell extrem dünn.
Große Geldsummen
Über was für Geldsummen geht es – was staubt am Ende ein seriöser Spielerberater ab, der zumindest einen Top-Star, wie zum Beispiel Antonio Rüdiger, unter Vertrag hat?
Alexander Bergweiler: Man kann quasi immer so sagen Pi mal Daumen 5% des monatlichen Spielergehalts – der Spielraum liegt so zwischen 5% und 10%. Aber das ist immer individuell und die Fifa versucht natürlich diverse Dinge diesbezüglich einzuschränken. Das was am Ende immer falsch kolportiert wird, ist das die Spielerberater automatisch an den Transfersummen beteiligt sind. Das hat die Fifa vor drei Jahren verboten. Und von daher ist diese Branche auch nicht mehr das Land, wo Milch und Honig fließt.
Es gibt ja auch kein Spielerberater der vier oder fünf Nationalspieler bündelt. Sondern es sind meistens einzelne Spieler und das ist dann so eine Mischkalkulation. Ich weiß noch, wir hatten mal einen Spieler aus Rostock und da ist man schnell seine Provision los, wenn man zweimal die Spieler besucht. In der dritten Liga bekommt man 1000 Euro Provision und dreimal nach Rostock gefahren, kann man sich schnell ausrechnen, was nach der Reise und deren Kosten dann noch übrig bleibt.
Verhandlungen und Co.
Wie eiskalt muss man bei solchen Verhandlungen sein?
Alexander Bergweiler: Je mehr der Verein einen haben muss, desto mehr sind sie dann auch bereit über die normalen Gehälter hinaus zu gehen. Aber muss ja sehen, man hat nicht nur Superstars die jeder praktisch haben möchte. In der Regel hast du einen Spieler, den du in irgendeinem Verein unterbringen muss. Wenn du Glück hast rufen die Vereine nach einem Angebot an. Man kann dann nicht sagen – Augen auf unendlich. Du musst die Situation abpassen und das kann dann auch sein, dass dann Gehälter auch mal runter gehen, damit der Spieler letztendlich spielen kann. Für den Spieler selbst ist es aber auch immer ein Risiko – getreu dem Motto, wenn es schief geht, geht es schief.
Corona-Zeiten
Welche Veränderungen konnten Sie in dieser Branche nun in Zeiten der Corona-Pandemie beobachten?
Alexander Bergweiler: Also es ist deutlich weniger Fußball geworden. Die Vereine in der dritten Liga und abwärts sind finanziell extrem schlecht aufgestellt. Ihnen fehlt eine wesentliche Einnahmequelle – die Zuschauer und die leben von der Hand in den Mund. Und wenn du da Spieler anbietest, jammern wir gerne, aber es darf nichts kosten – und das ist wirklich ernst gemeint.
Wie stehen Sie in Kontakt mit Ihren Jungs während Corona?
Alexander Bergweiler: Also ich versuche ehrlich gesagt weite Reise derzeit zu vermeiden. Sicherlich schickt man sich Whats-App-Nachrichten oder man telefoniert auf die Schnelle, zum Beispiel mit Antonio Rüdiger. Aber große Treffen finden momentan nicht statt. Allein die Quarantäne-Bestimmungen für die Einreise nach London sind einfach zu kompliziert. Wir halten den Draht aus der Ferne somit aufrecht – in diesen Zeiten leider nicht anders möglich.
Rüdiger als Top-Star
Antonio Rüdiger ist ja Ihr bekanntester Spieler – wie blicken Sie auf seine sportliche Entwicklung?
Alexander Bergweiler: Sehr positiv! Also ich glaube das ist eine richtige Erfolgsgeschichte und da hat sein Bruder Sahr Senesie einen ganz erheblichen Anteil dran. Der Wechsel von Stuttgart nach Rom hat ihn auch in der Nationalmannschaft noch einmal stark nach vorne gebracht, aber auch international. Der Ritterschlag war dann schlussendlich der Vertrag beim FC Chelsea. Chelsea gehört zu einem der Topclubs in Europa. Für ihn also eine richtig gute Adresse – wo er sich sportlich auf jeden Fall ganz stark weiterentwickeln konnte. Die letzten Spiele mit ihm die ich mir angeschaut habe, machten richtig Spaß. Der Junge gibt in diesem Verein wirklich alles – dass merkt man in jedem Spiel.
“Toni’s“ Entwicklung in der Nationalelf
Und seine Rolle in der Nationalmannschaft beäugen Sie wie?
Alexander Bergweiler: Ich denke das “Toni“ im Team von Jogi Löw eine führende Rolle und Stammposition auch in der Zukunft einnehmen wird. Er zählt als wichtiger Schlüsselspieler in der Abwehr und dürfte uns bei EM und WM noch reichlich Spaß bereiten. Er ist auf einem sehr guten Weg – dass macht mich schon stolz.
Die Eintracht im Herzen
Schwenken wir den Blick nun auf den regionalen Fußball. Ehemaliges Aufsichtsratsmitglied und noch aktiver Rechtsanwalt von Fußball-Oberligist Eintracht Trier. Wie viel Blau-Schwarz-Weiß steckt noch in Ihnen drin?
Alexander Bergweiler: Die Farben füllen mich noch voll und ganz aus. Eintracht Trier ist mein Verein, wo nicht nur schöne Erinnerungen, sondern auch sehr viel Herzblut dranhängt. Ich komme mit dem Chef-Trainer Josef Cinar sehr gut klar und Alfons Jochem ist ein langjähriger Freund von mir und viele aus dem aktuellen Aufsichtsrat kenne ich noch aus meiner Zeit. Also es gibt sehr viele Verknüpfungen, die mich an diesen tollen Verein noch binden. Stolz macht auch ein Blick auf die aktuelle Entwicklung des Vereins.
In der Liga Tabellenführer sowie eine tolle und gesunde Vereinspolitik, die mit diversen Verstärkungen aus dem eigenen Nachwuchstopf aufhorchen lässt. Ich finde alle Beteiligten machen einen guten Job, um den Verein wieder dort hin zu bringen, wo er hingehört. Ich traue dem SVE durchaus den Aufstieg in die Regionalliga zu und hoffe, dass die Corona-Pandemie eine Fortsetzung der Saison noch möglich macht.
Wäre die Eintracht in der Regionalliga wettbewerbsfähig?
Alexander Bergweiler: Ich wünsche der Eintracht natürlich den Sprung nach oben. Obwohl ein Dasein in der Regionalliga sicherlich kein Selbstläufer werden wird. Gute und starke Vereine sind dort seit vielen Jahren ansässig. Die Eintracht hätte es zunächst schwer, man müsste gute Einkäufe tätigen um dort schlussendlich konkurrenzfähig zu sein. Trotz allem würde der Sprung dem SVE gehörig helfen, sportlich sowie auch finanziell. Ich bin gespannt wie es weitergeht und würde es mir natürlich sehr wünschen.
Wie viel Verhandlung steckt von Ihnen bei der Trierer Eintracht mit drin?
Alexander Bergweiler: Gar nichts! Die Eintracht ist komplett selbstständig, sei es die Entscheidungen von Transfers oder auch Vertragsverhandlungen. Sicherlich wird man mal nach Tipps oder Meinungen gefragt, aber mehr ist da auch nicht drin. Die Eintracht hat schon gute Leute an der Hand, die allesamt auch eine gute und professionelle Arbeit leisten.
Und privat….?
Ein Blick auf Ihren privaten Bereich – was macht Alexander Bergweiler wenn er nicht verhandelt oder berät, gibt es bei Ihnen einen sportlichen Ausgleich?
Alexander Bergweiler: Ich spiele immer noch sehr gerne Tennis – dank Corona derzeit etwas weniger. Ich spiele auch weiterhin leidenschaftlich Basketball in einer Altherren-Gruppe und mache nebenbei auch noch ein wenig Fitness. Dieser sportliche Ausgleich tut gut, hält fit und macht auch noch Spaß.
Und Ihre Familie – wie viel Zeit haben Sie für Frau und Kinder neben ihrer zeitaufwendigen Arbeit?
Alexander Bergweiler: Viel zu wenig! Meine beiden Jungs sind 17 und 18, die machen sowieso ihr eigenes Ding. Aber alle anderen kommen definitiv zu kurz. Ich würde mir sehr oft viel mehr gemeinsame Zeit wünschen.
Aktuell ist ja Lockdown, was vermissen Sie derzeit am meisten?
Alexander Bergweiler: Ich würde gerne mehr Sport treiben, Tennis und Basketball spielen. Ich würde auch gerne mal wieder mit Freunden etwas essen gehen, dazu ein Glas Wein und sich gesellig austauschen. Und natürlich würde ich auch gerne mal wieder mir live ein Fußballspiel von der Tribüne aus anschauen. Dabei ein Bier in der Hand und sich über das Spielgeschehen austauschen. Das sind alles Dinge die ich aktuell sehr vermisse.
Okay Herr Bergweiler – ich danke Ihnen für das Interview und wünsche Ihnen weiterhin als Spielerberater viele weitere erfolgreiche Verhandlungen, privat alles Gute und viel Gesundheit.
Alexander Bergweiler: Ich danke Ihnen ebenfalls!
André Mergener
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Denn: Motivation ist wichtiger als Erfahrung!
Lucas Weber meint
Mein Sohn möchte Rechtsanwalt werden und interessiert sich sehr für Fußball. Daher ist es interessant zu sehen, wie er diese beiden Leidenschaften kombinieren könnte. Ich denke, das Vertreten von Vereinen wäre sicherlich eine gute Option für ihn.