Niemand Geringeres als die Pioniere der elektronischen Musik besuchten am Dienstag auf ihrer 3D-Tour Luxemburg. Kraftwerk prägen seit Jahrzehnten die Musik auf der ganzen Welt, in (fast) allen Genres. Den Atelier lud sie in die Abtei Neumünster. Ein mehr als würdiger Rahmen für ein besonderes Konzert.
Luxembourg. Es gibt nicht viele deutsche Musikschaffende, die man mit Fug und Recht als Weltstars bezeichnen kann. Wenn man dieses Label an ein Konstrukt verleihen darf, dann an Kraftwerk. Von Los Angeles bis Tokio treten die Mensch-Maschinen in ausverkauften Häusern auf. Auch wenn sie charttechnisch nicht so sehr in Erscheinung traten wie andere Musiklegenden (schließlich haben sie seit den 90er-Jahren nur zwei Studioalben veröffentlicht) ist ihr Wirken unbeschreiblich.
Kraftwerk auf der Höhe der Beatles
Die New York Times bezeichnete Kraftwerk einst als die „Beatles der elektronischen Tanzmusik“. Der Zufall wollte es, dass beide Bands im Jahr 2014 einen Grammy für ihr Lebenswerk erhielten. Es gibt kaum eine Musikrichtung, die nicht in irgendeiner Weise von dem (über die Jahre wechselnden) Quartett beeinflusst wurde. Egal ob Rammstein, Coldplay oder Jay-Z – etliche Künstler zollten den Deutschen schon ihren Tribut. Nur mit Moses P. kam es wegen eines Samples zu einem jahrelangen Rechtsstreit.
Dabei gingen sie nicht nur musikalisch eigene Wege. Auch die Perfomance war und ist einzigartig. So kam Kraftwerk zum Beispiel auf die Idee, Roboter anstelle sich selbst auf die Bühne zu stellen. Im Jahr 2011 traten sie in München erstmals vor einer 3D-Videoprojektion auf.
Am Dienstag standen die vier Elektronsiker allerdings in Fleisch und Blut vor der großen Leinwand. Damit man die visuelle Darbietung genießen konnte, erhielt jeder Zuschauer eine 3D-Brille. Besonders hochwertig war sie nicht, was vielleicht ein Grund war, dass Einige sie gar nicht oder nur sporadisch aufsetzten. Zu Beginn des Konzerts war das nicht tragisch, unter wunderbaren Himmel entwickelte sich die Wirkung der Projektion erst mit dem Eintritt der Dunkelheit so richtig.
Abtei Neumünster ein passendes Ambiente
Das historische Ambiente an der Alzette bildete einen passenden Rahmen für Kraftwerk, ist die Abtei Neumünster schließlich eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Luxemburgs. Alles wirkte exakt durchgetaktet – wie das bei Maschinen eben so ist. Eine Besonderheit wurde trotzdem speziell für diesen Abend eingebaut: In einem Video landete ein UFO auf dem Platz vor dem Robert-Bruch-Haus. Dieses hat in seiner gut 150-jährigen und wechselvollen Geschichte schon viel erlebt, sowas allerdings noch nicht.
Die Musik wechselte zwischen melodischen, avantgardistisch-experimentellen und in Trance versetzenden Parts, teilweise innerhalb eines Stücks. Zur Begeisterung des Publikums, die in den kurzen Pausen zwischen den Liedern lauten Applaus spendeten. Sie bekamen, das was sie erwartet haben. Vor allem nach den Klassikern wie Das Model oder Radioactivity war die Freude zu hören und zu spüren.
Dennoch schwingt ein wenig das Gefühl mit, dass eine der innovativsten Musikformationen aller Zeiten sich auf Altbewährtes beschränkt. Die unaufhaltsame Weiterentwicklung der Technologie und die Digitalisierung böte eine Menge Potential, um die Geschichte Kraftwerks weiter zu schreiben und weiter zu entwickeln. Womöglich ist diese Erwartungshaltung aber zu hoch. Wer wie Gründungsmitglied Ralf Hütter seit nun fast 50 Jahren die Musikwelt prägt, darf sich irgendwann mal auf dem Erreichten ausruhen.
Kraftwerk auf permanenter Welttournee
Wobei „ausruhen“ ein unpassender Begriff ist, reiste das Quartett doch erst im April durch Asien und nun durch Europa. Nach Deutschland kommen sie allerdings nicht. Somit konnten sich viele Fans darüber freuen, dass Kraftwerk zumindest in unmittelbarer Nachbarschaft zu Besuch kam. Entsprechend wurden alle Eintrittskarten verkauft. Und die Anreise zur Abtei hat niemand bereut.
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