Nachdem auch ich Sportmuffel jetzt durch die Medien weiß wie bei den olympischen Spielen Pferde und durstige Marathon-Konkurrenten gelegentlich behandelt werden frag ich mich was manche Menschen die um jeden Preis gewinnen wollen antreibt. Wo der Ehrgeiz aufhört beginnt schließlich der Wahnsinn, das wiederum wissen wir aus Politik und Geschichte – und aus dem Sport.
Whatever it takes
Ist es noch zeitgemäß etwas unbedingt zu wollen? Vor allem den Sieg? Um jeden Preis? Whatever it Takes? Ich weiß es nicht.
Wer mich besser kennt wird bestätigen dass ich mit Sicherheit keine Sportskanone bin und in der Jugend war ich es noch viel weniger. Der Sport den ich gezwungenermaßen kompetitiv betrieb war der Schulsport. Und darin war ich echt eine Niete, immer unter den letzten 3 die ins Team gewählt wurden, froh über eine seltene Siegerurkunde bei den Bundesjugendspielen und oft frustriert über diverse Demütigungen die ich letztlich mit Selbstironie und Humor gut überspielen konnte. Mimimi, ich weiss.
In dieser Zeit galt der sogenannte „Eiserne Wille“ als Tugend, drückte Geradlinigkeit, Zielstrebigkeit, Ehrgeiz aus. Das war bevor man begann sich mit der eigenen seelischen Gesundheit und auch der seiner Mitmenschen zu beschäftigen. Wer den anderen umgrätscht hat halt einfach Biss, so der Tenor.
Stärke zeigen war angesagt, mentales oben-ohne Reiten mit Putin .
Das Sportfest
Ich erinnere mich an ein Sportfest in meiner Grundschulzeit, genauer gesagt an den 50m Lauf.
Klar – jeder läuft gegen seine letzte Bestzeit und nicht gegen den Mitschüler auf der Nebenbahn – aber mach das mal einem Zweitklässler klar. Ich wusste dass mit dem Wort „LOS“ mein Untergang unvermeidbar war und man muss mir wohl die Frustration angesehen haben, denn umso verwunderter war ich dann darüber daß mein Mitschüler auf halber Strecke anhielt um auf mich zu warten und mit mir zusammen über die Ziellinie zu laufen.
Was für ein geiler Move! Ein 7 jähriger mit mehr Menschlichkeit im kleinen Zeh als jeder der anwesenden Lehrer im ganzen Körper hatte wie sich zeigen sollte. Im Kino eine Szene die mit Klaviermusik und den richtigen Slow Motion Kameraeinstellungen mit Sicherheit auch dem härtesten Kerl ein Tränchen der Rührung über die stoppelige Pausbacke getrieben hätte.
Die Realität sah jedoch anders aus, der Junge bekam den Anschiss seines Lebens weil er seine eigene Zeit ruinierte. Pädagogik vom Feinsten. Training für die Ellbogengesellschaft. Whatever it takes – „Hau einfach drauf“ (Kim Raisner)
Arm the Homeless
Warum also sollte man etwas unbedingt wollen, zB den Sieg – ob Sport, Job oder Wahl? Wenn ich mir überlege wie sehr Trump es wollte (warum auch immer) und was er (und natürlich der gesamte Planet) davon hat(te) dass er Präsident der USA war dann kommen mir Zweifel.
Wo ist er hin? Was ist übrig außer ein paar Wohnwagenbewohnern mit schlecht durchmischtem Genpool, roten MAGA Mützen und Gewehren? Da kommt mir der Spruch in den Sinn den sich Rage Against The Machine Gitarrist Tom Morello bis an die bis an die Halskrause gefüllt mit Revoluzzer-tum auf die Gitarre gepinselt hat: „Arm the homeless“.
So hatte er das sicherlich nicht gemeint. Aber ich schweife ab…
Zutiefst unsympathisch
Ich weiß nicht ob absoluter Siegeswille generell ein zeitgemäßes Konzept ist. Und ich weiß auch dass das nach Yogitee trinken und seinen Namen tanzen klingt. Mir egal. Es bedeutet in vielen Fällen das völlige Ignorieren von Kollateralschäden – sei es ein Pferd, ein Mitschüler oder die gesamten USA.
Man kann davon halten was man will aber absoluter Siegeswille ist mir zutiefst unsympathisch, immerhin bedeutet es im Umkehrschluss auch dass man nicht verlieren kann. Ich weiß auch nicht ob die Befriedigung von absolutem Siegeswillen von Dauer ist. Ich glaube eher dass es eine Sucht wird, man will mehr und mehr. Wird man damit glücklich? Und wenn du etwas einfach nicht hinbekommst, hast du es dann nur nicht genug gewollt? Klingt doch sehr nach Schmu von schlechten Motivationstrainern.
Überprüfen wir doch mal alle regelmäßig die eigenen Ziele und Ambitionen auf ihre Sinnhaftigkeit – und entspannen wir uns mal etwas. Ich glaube das nennt man Zivilisation. Auch im Sport.
Euer Senf Hierzu interessiert mich natürlich sehr-also kommentiert was das Senfglas hergibt! Mehr Senf von mir gibt es hier!
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Mehr Sempf und weitere Themen von Johannes‘ bekommt ihr in seinem Podcast „Discöföx“, in dem er zusammen mit Philipp Godart das Weltgeschehen kommentiert. „Schier sein Podcast“ ist schier gut. Weitere Infos findet ihr zudem auf den Websites der Boys:
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