Im zweiten Teil der Interviewserie mit dem Headcoach der Gladiators Trier, Marco van den Berg, erzählt der Niederländer von seinem Alltag, was noch nicht so gut läuft und wie es um den aktuellen Stand der Entwicklung des Basketballstandortes Trier steht.
Marco, wann beginnt ein gewöhnlicher Tag bei dir, wann endet er und wie viele Stunden zwischendrin beschäftigst du dich mit Basketball?
In der Regel stehe ich um 7 Uhr auf. Ich lebe jetzt in Naurath im Hunsrück, da werde ich vom Hahn und den Kirchenglocken geweckt (lacht). Ich gehe dann mit meinen zwei Hunden eine halbe Stunde raus, frühstücke entspannt und komme gegen 9 Uhr in der Arena an. Meistens haben wir vormittags Training bis 12 Uhr.
Danach mache ich nochmal mit meinen Hunden Sport. Ich fahre sehr gern nach Mehring, da gibt es eine tolle Strecke mit Blick über die Mosel, wo man auch an Geräten Krafttraining machen kann. Leider habe ich schwache Knie, daher laufe ich selten mehr als vier bis sechs Kilometer. Dann geht es zurück zum Duschen und Mittagessen. Ich sitze daraufhin von 14 – 18 Uhr oft im Büro, bis zum zweiten Training, das bis 20 Uhr geht. Gegen 21 Uhr komme ich meist zu Hause an, hier kann ich schließlich abschalten.
Damit das gelingt, lese ich sehr gern. Ich habe zu Hause kein Internet, keinen Fernseher und kein Radio. Das hilft auch, sich nicht direkt wieder in die Arbeit zu stürzen.
Ist Lesen deine einzige Ablenkung vom Basketballalltag?
Nein, weil ich in der Natur wohne, gehe ich sehr gerne und sehr lange spazieren, es ist wunderschön hier. Ich lerne durch meine Hunde die gesamte Umgebung kennen. Die Weinberge, das Saarland, das gibt mir unglaublich viel. Ich könnte mir nicht mehr vorstellen, ohne die Zwei zu leben. Außerdem treffe ich mich auch mal mit den Einheimischen in der Kneipe auf ein Bier.
Kommen wir zur sportlichen Situation: Wärst du am Ende der Vorbereitung zufrieden mit dem jetzigen Tabellenstand (zum Interviewzeitpunkt waren die Gladiators mit 4 Siegen aus 9 Spielen auf Platz 11) und der aktuellen Leistung?
Ja, ich wäre zufrieden. Auf die Tabelle gucken wir die ersten zehn Spiele nicht so. Ich weiß, dass das in Trier ein „heißes Ding“ ist, aber wir wollen eine Entwicklung mit Wellenbewegung nach oben. Mir ist das Ende das Wichtigste. Ich sehe, dass es langsam mit der Gruppendynamik in die richtige Richtung geht. Wenn dann noch Simon Schmitz und Kilian Dietz zurückkehren, bin ich überzeugt, dass es noch einen extra Schub geben wird, dass wir gegen Jeden in der Liga mithalten können.
Außer gegen Chemnitz und Crailsheim waren wir in jedem Spiel voll dabei. Es fehlte uns aber eindeutig die Führungspersönlichkeit mit Simon. Doch durch diese Lücke entwickeln sich die anderen Spieler, das gehört zu dem Prozess der Gruppenentwicklung. Natürlich hat man eine Idealvorstellung zu Beginn, dass jeder Neuzugang einschlägt und sich niemand verletzt – da hatten wir Pech. Aber jede Mannschaft hat nun mal eine gewisse Anzahl an Niederlagen aufgrund von Verletzungspech. Diese haben wir nun am Anfang.
Wir wollen nach dem Spiel in Paderborn so langsam nach oben schauen. Die Liga ist aber auch deutlich stärker geworden, vor allem in der Breite.
Wie zufrieden bist du bislang mit der Zuschauerresonanz? Im Schnitt kommen etwa 2.100 Menschen das Spiel gucken.
Sehr! Ich finde die Zahl erfreulich hoch. Die Resonanz im ersten Spiel gegen Hagen war fabelhaft. Und ich hoffe, dass zum Ende nochmal deutlich mehr kommen, wenn wir die Playoffregion erreichen. Das war schon in den vergangenen Jahren zu beobachten.
Wie gelingt der Spagat, sich stetig zu verbessern, währenddessen aber immer noch nicht klar ist, ob ein Aufstieg wirtschaftlich wirklich zu stemmen ist?
Wir müssen die gesamte Region begeistern, dass viel mehr Menschen und Firmen Sponsor und Teil von uns werden wollen. Wir sind mit unserem Spielerbudget noch nicht unter den ersten Acht. Aber wir haben Trierer Stolz, die Halle, unseren Heimvorteil, die Unterstützung der Trierer Bevölkerung. Sie möchte hier Leistungssport auf hohem Niveau sehen. Wir haben die Geschichte, die Kultur und das soll es tragen.
Falls wir den sportlichen Schritt machen können, müssen mehr Sponsoren sagen: „Wir müssen auf drei Millionen gehen.“ Mit zwei Millionen Euro bist du sehr, sehr klein in der BBL, wegen den zahlreichen Vorgaben. Ich will die Leute begeistern mit der Idee, dass wir uns eine eigene Mannschaft bauen, mit der sich die Trierer identifizieren können. Wenn wir damit Erfolg haben, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich keine weiteren Sponsoren finden.
„Wir möchten keine Luftschlösser bauen“
Man muss aber auch ehrlich arbeiten und sagen, dass wir zwar immer als Leistungssportler um die Meisterschaft spielen wollen, aber wir aktuell nicht an Vechta, Hamburg, Crailsheim, Karlsruhe und weitere finanziell rankommen. Wir wollen in Trier keine Luftschlösser aufbauen, wir bauen es vernünftig und mit eigenen Händen auf. Mit Spielern, die die richtige Mentalität mitbringen. Das muss das Fundament sein, das wir jedes Jahr ausbauen möchten.
Ich habe gerade eben Euroleague gesehen. Real Madrid spielt immer mit eigenen Jungs. Nicht nur, aber die sind das Herz. Wie damals auch Trier mit seinen Jungs, mit einem Ausländer wie Carl Brown, der etwa ein Jahrzehnt da war.
Eine Ausnahme wäre, es käme eine Firma und sagt: „Hier hast du 20 Millionen.“ Die würde ich nehmen. Dann steigen wir auf, spielen mit an der Spitze der BBL. Aber wie viel Bindung entsteht da? Wie viele Mitglieder hast du dann? Das ist kein echtes Fundament. Die Kinder müssen sich mit den Akteuren identifizieren können.
Wie steht es aktuell mit den Planungen einer Jugendakademie?
Wir haben für diese Saison gute Lösungen für das Training unseres Nachwuchses gefunden. Doch wir möchten irgendwann eine Basis, einen Ort, wo wir den ganzen Tag trainieren können. Dazu müssen wir aber auch den Jugendetat deutlich steigern und brauchen einen weiteren Jugendtrainer. Das fängt jetzt an.
Uns hilft dabei, dass die Kinder einen Rupert Hennen, einen Kilian Dietz spielen sehen. Wenn wir diese Kids logisch entwickeln und sie ihre Chance bekommen, dann kann das was werden. Man schaue nur mal zum Beispiel auf einen Markus Zock in der JBBL. Bei ihm könnte ich mir vorstellen, dass er in ein oder zwei Jahren mit der 1. Mannschaft mittrainieren kann. Buck und ich trainieren jeden Freitag die JBBL-Mannschaft und wir sehen dort viel weiteres Talent.
Du hast vor kurzer Zeit gesagt, dass du in der Defense Verbesserungen sehen möchtest. Was genau meintest du damit? Und was muss sonst noch verbessert werden?
Generell ist Bereitschaft sich wehzutun in dieser Mannschaft noch nicht so stark ausgeprägt wie letztes Jahr. Auch da fehlen uns Kili und Simon, die das auf dem Feld vorleben. Wir haben allgemein den Schwerpunkt verlegt. Zu Beginn haben wir häufig über das ganze Feld verteidigt, das spielen wir nicht mehr so dominant, wie wir das eigentlich könnten. Jetzt achten wir wieder mehr auf den Rebound, den Fastbreak auf die Ballbewegung im Halfcourt.
Besser werden müssen die Rookies. Sie sind noch zu inkonstant, nutzen ihre Chance noch nicht. Vor allem die Amerikanischen, das sieht man überall in Europa. Sie sind furchtbar weit weg vom europäischen Basketball. Das müssen sie erst noch lernen.
Du hast jetzt schon mehrfach von deinen Führungsspielern Simon Schmitz und Kilian Dietz gesprochen. Wusstest du schon in Bayreuth, dass Simon Schmitz ein echter Wegbegleiter werden kann? Und dass Kilian Dietz so wichtig für dich werden wird?
Ja, die Beiden sind sehr intelligent. Sie spüren gleich die Stimmung, Simon noch mehr als Kilian, denken nicht zuerst an sich wie viele Andere. Sie fühlen sich dann gut, wenn die Mannschaft funktioniert. So eine altruistische Einstellung braucht ein echter Leader. Ein Leader kann nie zuerst an sich selber denken. Das ist das große Problem, sowohl im Basketball als auch auf der Welt. Adam Smith hat es getroffen: Eigennutz ist nicht schlecht, Egoismus ist immer schlecht.
Wen Marco van den Bergs Denkweise weiter interessiert, dem sei der dritte und letzte Teil unseres Interviews ans Herz gelegt, den ihr ab Sonntag lesen könnt. Dort werdet ihr unter anderem seine Meinungen zur NBA, LeBron James, deutschem Talent oder logischem Positivismus finden.
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