Text: Matthias Spieth / Fotos: Vinzenz Anton
Gegen den Vizemeister aus Berlin liefert die TBB ihre vielleicht stärkste Leistung der Saison ab – und hat am Ende doch das Nachsehen. „Wir verlieren ungerne, aber erhobenen Hauptes“, so Trainer Henrik Rödl. Nun warten der FC Bayern München und Meister Bamberg.
Umgekehrte Vorzeichen: Während Trier darum kämpft, nicht noch tiefer in den Tabellenkeller zu rutschen, muss Alba Berlin den Anschluss an die Spitze halten. Dem entsprechend intensiv begann das Spiel, das auch bald die befürchtet klare Angelegenheit zu werden drohte. Das Team um die Nationalspieler Staiger, Schaffartzik, Schultze und Idbihi sowie Superstar DaShaun Wood hatte keine Geschenke im Reisegepäck: Die Albatrosse machten das Spiel schnell und liefen ihre Fastbreaks gnadenlos runter, während Trier sich an einem ruhigen Spielaufbau probierte, aber mehrfach an der schwachen Reboundarbeit scheiterte.
Torin Francis und Yassin Idbihi dominierten die Zone gegen Maik Zirbes und Andi Seiferth fast nach Belieben. Trotzdem trat der Vizemeister nicht überragend auf und ließ einige Aktionen zu. Trierer Neuzugang James Washington, für vier Wochen im „Tryout“, führte sich zur Freude der Fans gleich mit bissiger Defense, einem Steal und anschließenden Korbleger selbstbewusst ein.
Dämme brechen im zweiten Viertel – sicherer Sieg für Berlin?
Trier verstärkte die Defensive im zweiten Viertel und spielte phasenweise sogar Pressing übers gesamte Feld. Eine gute Entscheidung, denn nur so konnten die bis dato ballsicheren Albatrosse aus dem Rhythmus gebracht werden. Minuten später gerieten jedoch vielmehr die Trierer aus dem Takt, nachdem ein klares offensivfoul der Gäste ungeahndet blieb. Yassin Idbihi verwandelte derweil unbeeindruckt zum 20:31. Überhaupt, die Berliner: Während Trier ein ums andere Mal – berechtigt oder nicht – mit den Entscheidungen des Schiedsrichtergespanns haderte, verwandelten die Favoriten ihre Chancen mit der Routine eines Klasseteams. Viele zweite Chancen unterm Korb waren ein außerdem ein gefundenes Fressen für die lange Garde der Hauptstädter, deren Lufthoheit sich zur Pause mit 21 zu 13 Rebounds messen ließ. Am mangelnden Einsatz der Trierer lag es nicht, denn die fighteten um jeden Ballbesitz. Trotzdem hatte sich Alba zur Pause mit 31:44 abgesetzt und das Spielgeschehen absolut unter Kontrolle.
Zehn Minuten, zwei Gesichter und ein episches Comeback
„Es waren zwei Spiele in einem. Trier hat gekämpft, hat das Spiel so gespielt, wie man es spielen soll, und zwar als Team. Die haben sich nicht selbst geschlagen“, gab Gäste-Coach Gordon Herbert nach Spielende zu Protokoll. Der hatte zuvor eine Aufholjagd erster Klasse mitangesehen. Denn die Trierer, noch vor Ablauf der Halbzeitpause zurück auf dem Parkett, hatten in der Kabine den Reset-Knopf gedrückt und spielten Basketball auf einem völlig anderen Niveau: Massiv verbessertes Rebounding, agressive Defense, Steals in Serie und Kamikaze-Ausflüge in die Berliner Zone stellten den Spielverlauf der ersten 20 Minuten vollkommen auf den Kopf. Nach einem erfolgreichen Dreier von TBB-Spielmacher Dru Joyce und einem technischen Foul gegen das zunehmend verunsicherte Alba sahen knapp 5100 Zuschauer das zweite Gesicht der TBB und ein Spiel auf Augenhöhe – endlich.
„Es waren zwei Spiele in einem. Trier hat gekämpft, hat das Spiel so gespielt, wie man es spielen soll, und zwar als Team. Die haben sich nicht selbst geschlagen.“ ALBA-Coach Gordon Herbert
Da trugen mit Nate Linhart und Maik Zirbes bereits zwei Trierer Akteure Spuren eines extrem physischen Spiels am Körper. Linhart, dessen Lieblingsbeschäftigung darin besteht, seinen Körper auf der Jagd nach dem Leder frontal in die Werbebande zu versenken, konnte sogar nur mit dickem Verband weiterspielen. Der Einsatz zahlte sich aus: Bei Alba fielen die Würfe nicht mehr, Trier knabberte sich langsam wieder heran. Nach zwei irren Floatern von Philip Zwiener stand es 55:57, das Spiel war offen.
Enge Kiste mit dem besseren Ende für Berlin
In einer Schlussphase voller Highlights setzte sich schließlich doch der achtfache Champion durch. Denn Alba ließ trotz der Aufholjagd der Gastgeber keinen Führungswechsel zu, konnte eine zwei- bis Fünf-Punkte-Führung permanent aufrechterhalten. Ein psychologischer Vorteil, und wo Trier vorne aufopferungsvoll punktete, fehlte im Rückwärtsgang die Kraft und Geistesgegenwart, um z.B. die rotzfrechen Drives von Point Guard Heiko Schaffartzik zu unterbinden.
„Wir waren sehr nah dran, das sollte uns Mut geben. Wir verlieren ungern, aber erhobenen Hauptes, denn wir haben hier vor großer Kulisse ein Riesenspiel gemacht.“ Henrik Rödl nach dem Spiel
Und obwohl die TBB mit ablaufender Uhr einen wütenden Fastbreak nach dem anderen lief, Trainer Henrik Rödl in der Schlussminute noch zwei Auszeiten nahm, behielt Alba leichtes Oberwasser. Nachdem Nate Linhart einen schwierigen Dreier verwarf und Torin Francis im Gegenzug zwei Freiwürfe verwandeln konnte, war klar: Trier wird für sein couragiertes Auftreten nicht belohnt.
Alba Berlin festigt Tabellenplatz 3, Trier hängt weiter im unteren Mittelfeld fest. Trotzdem liefert der Auftritt gegen Berlin die sichere Erkenntnis, dass die TBB auch den Spitzenteams Paroli bieten kann. Zum Beispiel dem FC Bayern München am 17. Dezember – dann hoffentlich mit besserem Ende.
Statistik
TBB Trier: Linhart (14), Joyce (18), Saibou (0), Zwiener (12), Dojcin (6), Faßler (2), Seiferth (6), Washington (2), Picard (0), Bynum (8)
ALBA Berlin: Staiger (0), Schultze (0), Schaffartzik (10), Allen (1), Francis (18), Simonovic (6), Wood (12), Weaver (12), Idbihi (10), Taylor (9)
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