Die Zeit von Marco van den Berg ist offiziell vorbei. Der Niederländer hat fast drei Jahre den Basketball in Trier geprägt, ihn ganz unten aufgefangen und entwickelt. Das war nicht immer einfach. Mit 5vier.de sprach der scheidende Coach über seinen neuen Job, die letzten drei Jahre und über deutsches Talent.
Wir treffen Coach Marco van den Berg auf der Terrasse eines Restaurants in Trier-Nord, in dem er regelmäßig zu Gast war. Er hat schon gegessen und wartet nun auf ein kühles Bier. Die Schaumkrone zerfällt, da er aus Anstand auf die Bestellung seines Gastes wartet. Er wirkt gelassen, gut gelaunt, aber auch ein wenig wehmütig. Schließlich endet diesen Monat ein prägendes Kapitel, sowohl für ihn, als auch für den Trierer Basketball.
Hallo Marco, die Saison ist jetzt schon einige Tage vorbei. Du warst kurz zu Hause bei deiner Familie und bist jetzt nochmal in der Stadt. Weswegen genau?
Ich bin hier um Tschüss zu sagen, emotional ein wenig aufzuräumen. Das musst du machen, auch wenn es schwierig ist. Fast jeden Tag habe ich ein Abschiedsessen, morgen mit Aggy. Gleichzeitig habe ich aber auch schon mit meinem neuen Job angefangen, wenn auch nicht offiziell. Und Samstag fahr ich dann wieder los.
Fällt das Ausspannen im Sommer dann für dich weg?
Ich bin noch auf der Suche. Ich werde im Sommer mit der niederländischen Jugendnationalmannschaft unterwegs sein, in Novi Sad, Sofia und Skopje. An einem dieser Orte werde ich die Arbeit ein wenig mit Urlaub vermischen.

Bleibt weiter an der Seitenlinie tätig: Marco van den Berg. Foto: RÖMERSTROM Gladiators Trier
Ist dein künftiges Aufgabenfeld denn mehr an der Seitenlinie oder eher am Schreibtisch?
Die Arbeit am Schreibtisch hab ich schon gemacht. Das Playbook für die künftigen zehn Jahre des holländischen Basketballs ist geschrieben. Seit Januar saß ich zu Hause in meiner Freizeit daran. Ein offizielles Dokument, das demnächst digital veröffentlicht wird. Es ist ein Anfang für die Kulturänderung in Holland. Es soll lebendig sein, wird immer wieder erneuert.
Ich bin kein Sportdirektor, aber verantwortlich für die Ausrichtungen ab der U16 bis U20-Nationalmannschft. Außerdem gibt es fünf regionale Akademien, an denen die Jugendlichen morgens und abends trainieren können. Und ich leite die „Gipfel-Akademie“ in Amsterdam, wohin die größten Talente des Landes wechseln. Dort sind Basketball mit 51 % und Schule mit 49 % im Mittelpunkt.
Marco van den Berg geht zurück in die Heimat
Und was sind deine Ziele? Kann man die auch irgendwie messen?
Das olympische Komitee und das Komitee der Nationalmannschaft haben gesagt, dass in acht Jahren mindestens fünf Spieler in der höchsten europäischen oder amerikanischen Liga spielen sollen. Bisher war es immer so, dass unsere Toptalente ausgewandert sind und amerikanisiert wurden.
Das Handy klingelt, es ist die Tochter von Marco van den Berg. Die Mutter ist aktuell außer Haus, also sucht sie etwas Ablenkung. Es ist klar, dass dieses Telefonat höhere Priorität als das Interview hat.
Entschuldige, das war mein väterlicher Auftrag (lacht). Wo waren wir? Also, wir haben diese Talente in Holland. Und diese will die Nationalmannschaft auch im eigenen Land ausbilden. So hat es auch Finnland gemacht. Wenn das klappt, wird der Abstand nach einer Weile zu Spanien oder den USA kleiner werden. Und das gibt dem gesamten Basketball einen enormen Impuls in die richtige Richtung. Ich glaube dass das möglich ist.
Eine kurze Zwischenfrage: hast du nur ein Handy oder mehrere für unterschiedliche Bereiche, z. B. eines für die Familie und eines für Geschäftliches??
Nur eins! Ich hasse diese Dinger. Zwei würden mich verrückt machen.
Hast du da kein Problem mit der Work-Life-Balance?
Meine Work-Life-Balance ist Work. Und das ist okay so.
Gehen wir von der Zukunft noch einmal in die Vergangenheit. Wenn du an die vergangenen drei Jahre zurückdenkst, welche Momente waren es, weswegen du hier 2015 unterschrieben hast? Was hat dir am meisten gegeben?
(Überlegt lange) Puh, ich könnte jetzt vieles aufzählen. Aber das Allerwichtigste waren, glaube ich, die zwei Mal 5.000 Zuschauer. Dass die Menschen wieder die Hoffnung zurück erlangt haben. Das Band mit den Fans wurde immer stärker. Da könnte ich noch einige Momente nennen.
Trier war schon immer stolz, obwohl eine „Decke“ aus Trauer und Leid über der Stadt hinge. Es wurde in der Vergangenheit vieles falsch gemacht. Anstatt zu sagen: „Wir bauen etwas auf, was von uns kommt.“, wurde gehofft einen Retter zu finden, der das Geld zahlt. Die deutsche Basketball-Kultur allgemein kann großartig wachsen, wenn sie auf die eigenen Ressourcen vertraut.
Die regionale Wirtschaft ist gefragt
In der Pressekonferenz nach dem letzten Playoffspiel hast du gesagt, dass jetzt auch die regionale Wirtschaft mitziehen muss, um wieder in drei Jahren erstklassig zu werden. Warum ist das bislang noch nicht so gelungen, wie du dir das vorstellst?
Zum einen ist da immer noch ein Vertrauensverlust. Zum anderen ist nach Michael Lang (Manager der Gladiators bis Dezember 2016, Anm. d. R.) keiner mehr in dem Umfang da gewesen, der das richtig angehen konnte. Das Tagesgeschäft wurde hervorragend von der Geschäftsstelle geführt. Aber es braucht jemanden, der das als Auftrag mitkriegt. Und Achim (Schmitz, Geschäftsführer der Gladiators) hat seine eigene Firma, um die er sich kümmern muss. Jetzt ist vielleicht möglich, dass genau dafür jemand kommt.

War eine verlässliche Größe für van den Berg: Geschäftsführer Achim Schmitz. Foto: RÖMERSTROM Gladiators Trier
Das Wichtigste war, dass wir sportlich das schaffen, was wir versprochen haben. Und das hat die Wirtschaft mitbekommen. Jetzt muss die Sportkultur der Region gemeinsam zeigen, ob das tragfähig ist. In zwei Jahren muss man in der Bundesliga einen Mindestetat von 3 Millionen Euro haben, was ich durchaus vernünftig finde. Aber das wird nicht mit Söldnern funktionieren. Das sieht man allerorts.
Die meisten Importe spielen nur für Geld, ich habe das erlebt. Und die großen europäischen Vereine haben in der Regel Ausländer, die sich mit dem Leben und dem Ort wirklich identifizieren. Zudem viele große Eigengewächse in ihren Reihen. Dieses Jahr melden sich mehrere Deutsche zur NBA-Draft an, spielen aber in der BBL nur marginale Rollen. Dennis Schröder war ein schwieriges Talent, aber er hat die Chance bekommen zu starten.
Wenn die Leute das nicht verstehen, wird der deutsche Basketball nicht den nächsten Schritt machen. Das habe ich hier versucht vorzuleben. Dadurch sind wir, also auch meine Spieler, der Meinung, dass aktuell Trier der interessanteste Ort für deutsche Talente in der ProA darstellen müsste. Bei uns stimmt die Kultur. Die Basis wurde geschaffen, um mit der Philosophie auch mit geringen Mitteln aufzusteigen und auch erstklassig zu bleiben.
Im zweiten Teil, der am Dienstag veröffentlicht wird, spricht Marco van den Berg über Spieler, die sich aus seiner Sicht am meisten entwickelt haben, was in der Vergangenheit nicht so gut lief und über seine Liebe zum Basketball.
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