Im Meulenwald werden für 150.000 Euro neue Weißtannen angepflanzt und gefördert – da die Wurzeln dieser Baumart tief reichen, kann sie auch tiefere Wasserschichten für sich erschließen – Umweltministerin Ulrike Höfken hofft auf Anpassung heimischer Baumarten.
Trier – Die Klimaveränderung setzt dem Wald gehörig zu. Der Borkenkäfer ist wegen der Trockenheit auf dem Vormarsch, 1,8 Mio. Fichten mussten laut einer Aussage von Umweltministerin Ulrike Höfken (Die Grünen) bislang alleine in Rheinland-Pfalz gefällt werden. Für das Land wie aber auch für private Waldbesitzer bedeutet das enorme wirtschaftliche Verluste. Möglicherweise könnte die Weißtanne als Mischbaumart hier dazu beitragen, die Situation zu entschärfen. Ministerin Höfken hatte aus diesem Grund gemeinsam mit dem Leiter des Forstamtes Trier, Forstdirektor Gundolf Bartmann, zu einer Waldbegehung und zu einer Pflanzaktion in den Meulenwald eingeladen.
Ein Experiment mit noch ungewissem Ausgang
Es ist ein Experiment mit noch offenem Ausgang. Denn die Weißtanne hat gegenüber der Fichte einen gravierenden Vorteil: sie ist von ihrem Anspruch an den Boden her genügsam und wurzelt tief, was ihr ökologische Stabilität verleiht. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, befindet Waldbaureferent der Rheinland-Pfälzischen Landesforsten Georg Wilhelm, der den zahlreichen kommunalen und privaten Waldbesitzern an diesem Morgen die Vorzüge der Weißtanne schilderte.
In Deutschland kommt diese Baumart vor allem in den südlichen Mittelgebirgen und in den Alpen vor. Den höchsten Verbreitungsanteil kann mit 8 Prozent Baden-Württemberg für sich reklamieren. Dann folgt mit deutlichem Abstand mit 2,3 Prozent Bayern. In den rheinland-pfälzischen Wäldern beträgt ihr Anteil gerade mal 0,7 Prozent – und ein Großteil davon wächst in den deutschen Vogesen. Und im Meulenwald? Forstamtsleiter Bartmann hat die Zahl sofort parat: „Im engeren Teil des Meulenwald, das sind etwa 9000 Hektar, liegt der Anteil bei drei bis vier Prozent“, sagt er. Und räumt ein, dass hier noch eine Menge Luft nach oben gegeben ist.
150.000 Euro für die Ansiedlung der Weißtanne
Und das soll sich nun ändern. Über die „Aktion Grün“, das ist eine Biodiversitätsinitiative des rheinland-pfälzischen Forst- und Landwirtschaftsministeriums, hat das Forstamt 150.000 Euro für die Ansiedlung und Etablierung der Weißtanne erhalten. Ein Projekt, das allerdings auch einen langen Atem erfordert. Denn Weißtannen können bis zu 65 Meter hoch, drei Meter dick und 600 Jahre alt werden. Bei optimalen Bedingungen, sagen die Forstleute deshalb aber auch einschränkend. „Wunder darf man sich auch von der Weißtanne angesichts des Klimawandels nicht erhoffen“, warnt der Ministerialrat und weist darauf hin, dass auch in den Vogesen auf trockenen Gebieten kürzlich rund drei Millionen Weißtannen abgeholzt werden mussten. Worauf er und seine Forstkollegen, aber auch die Ministerin hoffen: „Die Natur besitzt ungeheure Fähigkeiten zu Regeneration.“ Hier verweist die Ministerin auf das Jahr 2003, das mangels Niederschläge dem Wald eine ungeheure Stresssituation bescherte, von dem er sich aber wieder erholt habe.
Eine konsequente Luftreinhaltepolitik
Georg Wilhelm erinnert an eine andere Situation: „In den 70er und 80er Jahren hatten wir wegen des hohen Schwefeldioxidanteils in der Luft das Problem mit dem sauren Regen. Aufgrund einer konsequenten Luftreinhaltepolitik sind die Werte derart in den Keller gegangen, dass sie nun den Werten der vorindustriellen Zeit entsprechen. Die Tannen, die damals Opfer der Umweltverschmutzung wurden, haben heute wieder sehr gute Bedingungen.“ Allerdings müsse man noch am Anteil des Stickoxid-Ausstoßes arbeiten, räumt der Beamte ein, der das Land aber auf dem richtigen Weg sieht: „Wir können nicht den Wald an die Klimaveränderung anpassen. Das wäre auch der falsche Weg. Wir können nur die Anpassungsfähigkeit der deutschen Wälder so gut es geht stärken und müssen parallel dazu Klimaschutzmaßnahmen ergreifen.“
Tropische Baumarten sind kein Rettungsanker
Das sieht auch Ministerin Ulrike Höken so, die in Baumarten aus tropischen Gefilden keinen Rettungsanker sieht. Auch für sie ist Biodiversität das Gebot der Stunde. Stolz macht sie deutlich, dass es in Rheinland-Pfalz schon lange keine Monokulturen mehr gibt: „87 Prozent unseres Waldes besteht aus Mischwald, der Anteil der Laubbäume beträgt 60 Prozent.“ Für den Fortbestand des Waldes investiere das Land aktuell jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag. Doch angesichts der Dürreproblematik sei auch das „nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Dennoch lohne es zu kämpfen und alle Möglichkeiten auszuprobieren, die die Natur hier vorhalte. „Vor diesem Hintergrund haben wir uns in Rheinland-Pfalz entschieden, die Nadelbäume in unseren Wäldern so zu fördern, dass wir auch in Zukunft einen Nadelbaumanteil von einem Drittel sicherstellen können. In Anbetracht des Klimawandels stellt sich die Weißtanne als zukunftsfähige Baumart dar, die wirtschaftliche und ökologische Vorteile mit sich bringt.“
Dass das Experiment im Meulenwald gelingen wird, davon ist Forstdirektor Bartmann überzeugt: „Unsere Erfahrungen mit dieser Baumart zeigen, dass die Weißtanne in vielen Aspekten anderen Nadelgehölzen überlegen ist und sich deshalb auch in größerer Zahl hierzulande wohl fühlen wird.“
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