Erkenntnisse von Genetikern der Universität Trier könnten helfen, die sogenannte Primäre Hyperhidrose besser zu behandeln.
Petra H. muss bei einem Vorstellungsgespräch Briefe nach Wichtigkeit sortieren. Dabei hinterlässt sie große nasse Flecken auf den Briefen. Petra H. leidet unter übermäßigem Schwitzen ohne erkennbare organische Ursache, auch Primäre Hyperhidrose genannt.
Etwa 2,5 Prozent der Bevölkerung sind von dieser Störung betroffen. „Die Betroffenen haben mehr als nur Schweißflecken unter den Armen. Oftmals geht bei ihnen die Hyperhidrose mit beruflichen Nachteilen, sozialer Isolation, Depression und Stress einher“, sagt Professor Jobst Meyer, Verhaltensgenetiker der Universität Trier.
Forscher bestätigen ihre Vermutung
Einer Arbeitsgruppe um ihn und seine Kollegin Dr. Andrea Schote-Frese ist es nun gelungen, mittels einer Kopplungsanalyse chromosomale Genorte für das übermäßige Schwitzen in Familien mit mehreren Betroffenen zu identifizieren. Die an der Universität Trier an dem dort etablierten Stressschwerpunkt forschenden Genetiker vermuteten seit Langem eine genetische Ursache für die Hyperhidrose, die sie jetzt durch ihre Arbeit bestätigen konnten.
Die Wissenschaftler haben Erbfaktoren von 89 Patienten und gesunden Familienangehörigen untersucht. Studienteilnehmer gewannen sie unter anderem über das von Dr. Christoph Schick geleitete Deutsche Hyperhidrosezentrum (DHHZ). Für die durchgeführte Kopplungsanalyse wurden die Probanden auf jeweils mehr als 300.000 individuelle genetische Unterschiede, sogenannte Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs), genotypisiert.
Dabei wird betrachtet, welche SNP-Marker in den Familien zusammen mit der Störung vererbt werden. Auf diese Weise konnten die Forscher vier Bereiche auf verschiedenen Chromosomen identifizieren, in denen die für die Hyperhidrose verantwortlichen Gene lokalisiert sein müssen. Zusätzlich sequenzierten sie von 31 Studienteilnehmern alle Gene.
Grundlage für gezieltere Behandlung
Da keine verursachende Mutation in einem Gen selbst gefunden wurde, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass der Hyperhidrose eine Fehlregulation eines oder mehrerer Gene zugrunde liegt. Mutationen, die außerhalb des eigentlichen Gens liegen und dessen Fehlregulationen bewirken, sind für eine Reihe von Krankheiten verantwortlich, wie beispielsweise für Krebs. Die für die Hyperhidrose verantwortlichen genregulatorischen Elemente sollen nun durch weitere Sequenzierung bestimmt werden.
„Wenn die Gene, die für die Störung verantwortlich sind, identifiziert wurden, kann das auch bei der Behandlung von übermäßigem Schwitzen helfen“, sagt Meyer. Die Therapie der Hyperhidrose beschränkt sich derzeit auf operative Eingriffe, durch das Durchtrennen von bestimmten Nerven, sowie Medikamente wie das Botulinumtoxin-A („Botox“).
Beides ist nicht frei von teils gravierenden Nebenwirkungen. „Mit der Studie haben wir die Grundlage für gezieltere Behandlung, beispielsweise durch entsprechende Medikamente, gelegt.“
Die Ergebnisse der Trierer Forscher wurden in dem angesehenen wissenschaftlichen „open access“-Magazin PLOS ONE veröffentlicht.
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