Von Florian Schlecht
Einblicke in das Leben eines Trainers: Henrik Rödl hielt vor rund 60 Unternehmern einen Vortrag über Motivationstechniken. Der Coach der TBB Trier erzählte, weshalb die Entlassung bei Alba Berlin für seine Entwicklung wichtig war, worauf er bei der Zusammenstellung eines Kaders achtet, warum er an ein Ende der Niederlagenserie in der Bundesliga glaubt – und wieso er nach 13 Jahren mit Svetislav Pesic eine Medaille verdient hat.
Henrik Rödl hat als Spieler mit Alba Berlin sieben Meisterschaften und vier Pokalsiege gefeiert. Für Deutschland kam er auf 178 Länderspiele und hat 1993 als Kapitän der Nationalmannschaft sensationell den Europameistertitel errungen. Bei den Olympischen Spielen in Barcelona trickste er einst Michael Jordan aus, wozu er vor einigen Tagen noch im Interview mit „Welt-Online“ zum 50. Geburtstag von „His Airness“ befragt wurde. Doch wenn es um Gänsehaut geht, dann braucht er sich nur ein Foto aus dem Dezember 2012 angucken, als er nach seiner Vertragsverlängerung um drei Jahre vom Fanblock der TBB Trier bejubelt wurde. „Das war einer der berührendsten Momente meiner Karriere“, sagte der 43-Jährige am Dienstag vor rund 60 Unternehmern bei einem Vortrag über Motivationstechniken, der vom Marketing-Club Trier-Luxemburg veranstaltet wurde.
Rödl ist der Mann am sportlichen Ruder, der für den „Trierer Weg“ mit der Integration und der Ausbildung junger Talente in der Basketball-Bundesliga steht. Der Coach offenbarte aber, dass er erst durch Rückschläge in seiner Philosophie bestärkt wurde. Belastend und wegweisend war für ihn die Entlassung als Cheftrainer bei seinem Heimatverein Alba Berlin 2007. „Manchmal lernt man aus Niederlagen mehr als aus Siegen. Wenn ich zurückblicke, hat mir die Phase viel gegeben. Ich war als Trainer damals noch ein Anfänger.“ Aus Problemen zog er Lehren. „Was mich am meisten genervt hat, war, dass ich zwei Spieler in meiner Mannschaft hatte, mit denen es menschlich nicht passte. Auch wenn sie gute Statistiken hatten. Nach der Zeit habe ich mir geschworen, dass ich nur noch Leute für meine Teams rekrutiere, die zu mir passen und Leidenschaft für das haben, was sie machen.“
„Spieler, die sich zerreißen und in ihrer Freizeit noch was drauf tun“
So ist für den Offenbacher für den Erfolg eines Projektes besonders das Feuer grundlegend, das jeder einzelne Mitarbeiter von sich aus einbringt. Darauf achtet er im Sport mit einem geschulten Auge, wenn es um die Kader-Zusammenstellung geht. Wie bei Nate Linhart. „Ich habe ihn bei einer Veranstaltung mit 110 Spielern entdeckt – und selten einen so unmotivierten Haufen gesehen. Nur einer war immer von vorne bis hinten dabei. Das war Nate. Aber keiner wollte ihn haben. Und ich habe mir gesagt: Wenn ich die Chance habe, soll er in meinem Team sein.“
Die Arbeitsmoral seiner Basketballer lobt Rödl daher in höchsten Tönen. „So eine motivierte Mannschaft habe ich noch nie erlebt. Wir haben Spieler, die sich zerreißen und in ihrer Freizeit noch einen drauf tun. Sie bleiben nach dem Training fast geschlossen in der Arena und schieben Sonderschichten ein. Und vor der Einheit stehen sie schon eine halbe Stunde bis Stunde vorher in der Halle, obwohl 15 Minuten vereinbart sind.“
Die Eindrücke erleichtern dem Trainer den Glauben daran, dass der momentane Negativlauf mit fünf Pflichtspielniederlagen in Folge bald ein Ende findet. „Wir haben nicht den Etat, mit dem wir Meister werden oder in die Playoffs kommen müssen. Es gibt immer Höhen und Tiefen, aber damit kann ich mich zu 100 Prozent identifizieren.“ Wichtig ist für Rödl die Gemeinschaft und die Überzeugung an den eigenen Weg. „Aus einer schlechten Phase kommen wir nur zusammen raus.“
„Ich muss so sein wie ich bin“
Eine wichtige Rolle nimmt dabei der Trainer als Motivator ein. „Ich muss so führen, dass ich authentisch bleibe, Ernsthaftigkeit, Enthusiasmus vermittle und konsequent bin. Und so sein wie ich bin.“ Rödl weiß, dass zum Erfolg eine Linie gehört, die der eigenen Persönlichkeit entspricht. So respektiert er auch die Eigenheiten jedes Basketballers in seinen Reihen, wenn er mit ihnen ins Gespräch geht. „Für gibt es als Trainer kein Schema F, wie ich mit einer Situation umgehe. Ich bin daran interessiert, ein Verhältnis zu den Spielern aufzubauen, dass ich sie gut kenne.“
Glaubwürdig zu sein bedeutet aber auch das Wissen darüber, was man nicht kann. So stellte Rödl mit einem Youtube-Video heraus, kein übertriebener Entertainer zu sein wie Microsoft-Manager Steve Ballmer, der vor Mitarbeitern herumtanzte, laut johlte und „I love this company“ ins Publikum brüllte. „Ich finde ihn gut. In Deutschland können wir damit aber nichts anfangen. Das ist eine Frage der Kultur“, sagte der Trainer, der in Amerika in North Carolina auf das College ging. „Wenn ich das hier in der Kabine mache, halten mich alle für bescheuert.“
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Auch als Hardliner bezeichnet er sich nicht. So spielte er eine Kabinenrede des erfolgreichen Collegetrainers Bobby Knight vor, der seine Mannschaft eine Minute lang im wüsten Ton beschimpfte und niedermachte. „Die Art, sich von seinen Spielern zu distanzieren und klar zu machen, wer der Chef ist, findet man oft. Die harten Hunde machen einen Teil der Sportkultur in den USA und Deutschland aus“, erzählte Rödl.
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Auch sein Mentor Svetislav Pesic, mit dem er befreundet ist und den er sehr schätzt, habe oft klare Worte in der Kabine gefunden. „Er hat nachher aber immer wieder aufgebaut, was er vorher zerstört hat. Seine Gabe der persönlichen Führung von Spielern hat mich immer begeistert und angeregt.“ Kopieren, das betonte Rödl, könne er Pesic nicht. Der Coach der TBB Trier lachte und plauderte dann aus dem Nähkästchen. „Er braucht Aufregung, ist ein emotionaler Trainer und ist nicht zufrieden, wenn er nicht mindestens mit zwei Leuten am Tag gestritten hat. Viele Spieler sind damit nicht lange zurecht gekommen. Ich bin immer noch der Meinung, dass ich eine Medaille verdiene, weil ich es 13 Jahren unter seinen Fittichen ausgehalten habe. Bekommen habe ich sie noch nicht.“
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