Als Benas Veikalas 7,9 Sekunden vor Spielende einen Dreier für Bonn versenkt, geht ein Aufschrei des Entsetzens durch die Arena: Der TBB droht die sechste Schlappe in Folge. Schon wieder eine knappe Niederlage? Zwei haben was dagegen: Dru Joyce steckt unterm Korb mit einem Zuckerpass auf Maik Zirbes durch, der schraubt sich hoch und hämmert das Leder in letzter Sekunde durch den Ring. Die Halle tobt, Trier gewinnt das Derby gegen den Erzrivalen und schöpft neue Hoffnung im Abstiegskampf.
„Wir sind in den letzten Wochen immer wieder knapp gescheitert. Hut ab vor der Einstellung meiner Mannschaft, ich bin sehr stolz“, so Henrik Rödl nach dem Spiel. Tatsächlich hatte sich das Team, anders als gegen Tübingen vor einer Woche, zu keinem Zeitpunkt aufgegeben. Allen voran Dauerbrenner Nate Linhart, der von der ersten Sekunde an volles Risiko ging, mit hohem Einsatz spielte und nach erfolgreicher Balleroberung unbedrängt abschloss. Trier lief im ersten Viertel einige solcher Fastbreaks, setzte Bonn ungewöhnlich stark unter Druck. Die haben dafür einen Chris Ensminger im Kader: Der ausgebuffte Center-Oldie (35) taumelte im Zweikampf mit seinem jungen Kollegen Maik Zirbes geradezu ocarverdächtig, bekam prompt das Foul, verwandelte seine Freiwürfe sicher und hielt Bonn in der Spur. Zirbes traf seinerseits mit einem irren Hakenwurf über zwei Verteidiger, brachte Trier mit 12:8 in Führung und das Publikum auf Betriebstemperatur. Die Gäste, nach dem Sieg gegen Alba Berlin mit Rückenwind nach Trier gereist, hatten freilich nichts zu verschenken: Serapinas traf mit der Schlussirene zum 14:15.
Defense gegen Defense – Trier früh mit Foulproblemen
Bis zur Pause konnte sich kein Team absetzen, was vor allem an der harten Defense auf beiden Seiten lag. Trier bezahlte den Einsatz allerdings früh mit fünf Teamfouls und konnte sich bei der schwachen Bonner Freiwurfquote bedanken, dass man nicht in Rückstand geriet. Offensiv lief bei der TBB teils wenig zusammen; Dojcin, Zwiener und Kollegen brachen etliche freie Distanzwürfe ab und zogen mit kopflosen Drives in die Zonenverteidigung schlechtere Optionen. Fehlendes Vertrauen in den eigenen Wurf? Kein Wunder, nach den fragwürdigen Dreierquoten der letzten Partien. Da kam es einer Erlösung gleich, als Frischling James Washington per ebensolchem Dreier zur 25:20-Führung traf und seinen Ruf gerecht wurde. Weniger gut machten es seine Kollegen Faßler (der noch immer nicht zu alter Stärke zurückgefunden hat) und Dojcin (ebenfalls im Formtief, ausgewechselt nach 0 von 3 Versuchen von der Linie). Aber warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht: John Bynum machte mit einem grotesken Zirkuswurf die 34:30-Halbzeitführung perfekt – und wer trifft, hat Recht. Am Bild der Verteidigungsschlacht änderte sich auch nach der Pause erstmal nichts; jeweils drei vereitelte Angriffe auf beiden Seiten bildeten den Auftakt in die zweite Spielhälfte. Danach gab es Flugstunden mit Maik Zirbes (Dunking) und Nate Linhart (fischt ein Bonner Alley-Oop-Zuspiel aus der Luft). Viel entscheidender aber folgende Szenen: Chris Ensminger kassiert ein Foul, macht seinem Unmut über die Entscheidung hörbar Luft; kurz darauf ereilt seinen Mitspieler Benas Veikalas dasselbe Schicksal. Auch er beschwert sich lautstark, bekommt folgerichtig ein technisches Foul obendrauf. Bonn schäumt vor wut, muss aber nicht lange auf die Revanche warten: Zwei Dreier innerhalb weniger Sekunden drehen das Momentum zu Gunsten der Gäste, die in Führung gehen. Trier vertändelte den letzten Angriff vor der Viertelpause, verweigerte sich zum wiederholten Male dem Distanzwurf und scheitert unnötigerweise an der 24-Sekunden-Uhr. Bonn führte mit 47:50.
Knappe Kiste bis zum Schluss – Zirbes mit dem Gamewinner
Und wieder war es Washington, der sich von der Linie etwas traute: Sein Dreier zum 50:50 läutete das finale furioso gegen den Erzrivalen ein. Faszinierend vor allem das Duell der Genertionen Zirbes – Ensminger: Der Youngster verwandelte seinen zur perfekten Waffe gereiften Hookshot ein ums andere mal, der alte Fuchs wusste sich mit „durchgewurschtelten“ Korblegern samt Bonusfreiwurf zu behelfen. Als Trier bei knapp vier Minuten Restspielzeit mit sechs Punkten hinten liegt, geht es richtig los: Erst trifft der offensiv bislang zurückhaltende Linhart einen Dreier von irgendwo aus der Stadtmitte, kurz darauf ist auch Dragan Dojcin – endlich – für drei Punkte gut.
„Wir sind in den letzten Wochen immer wieder knapp gescheitert. Hut ab vor der Einstellung meiner Mannschaft, ich bin sehr stolz.“ TBB-Coach Henrik Rödl
„Wir haben das Spiel eher verloren, als dass Trier gewonnen hat. […] aber Trier ist nicht umsonst eine der fünf verteidigungsstärksten Mannschaften der Liga.“ Baskets-Coach Michael Koch
Dru Joyce tippt seinen eigenen Fehlversuch in den Korb, Trier führt! Bonn rennt in Gestalt von Jared Jordan an, zieht clevere Fouls und kann sich auf 69:67 herankämpfen. Und dann.. dann trifft Veikalas den Dreier, der nicht sein darf: Acht Sekunden vor Schluss und aus vollkommen freier Position. Schreckensstarre Gesichter in der Arena: Schon wieder so eine knappe Niederlage? Zwei haben was dagegen: Dru Joyce zaubert einen Zuckerpass auf Maik Zirbes, der schraubt sich hoch und hämmert das Leder durch den Ring – bei 1,9 Sekunden auf der Uhr. Die Halle tobt, muss noch einmal die Luft anhalten, als Jordans Dreier auf dem Ring tanzt – aber Trier gewinnt das Derby gegen den Rivalen und schöpft vorerst neue Hoffnung im Abstiegskampf.
Statistik
TBB Trier: Linhart (5), Joyce (16), Zwiener (8), Dojcin (9), Zirbes (16), Saibou (0), Faßler (0), Seiferth (2), Washington (9), Bynum (6)
Telekom Baskets Bonn: Serapinas (10), Ensminger (16), Veikalas (18), Jordan (9), Gaffey (4), Mangold (3), Thülig (0), Battle (14), Wohlfarth-Bottermann
Zuschauer: 4162
Schreibe einen Kommentar