Die Frage – ist Fotografie überhaupt Kunst, beschäftigt die Kunstwelt schon seit Jahrzehnten. Schöne Landschaftsbilder, geschichtliche Portraits oder einfach nur eine spontane Aufnahme mit dem Handy, können digitale Bilder oftmals als Kunstwerk erscheinen lassen. Doch ist es wirklich Kunst? Ein Handwerk eines Fotografen – meist einmalig und in dem Augenblick erfasst!? Ja – sagt Bernhard Veit, Triers dienstältester Fotografenmeister.
Mit einer Agfa-Box fing alles an…
Die Vita von Bernhard ist lang. Zwischen schwarz/weiß und bunt – kam ihm schon so manches Motiv vor die Linse. Früh angefangen und die Lust an diesem schönen Handwerk schnell erkannt, machte er seine Leidenschaft schließlich zur Berufung. „Alles fing quasi mit einer Agfa-Box an, die ich damals zu meiner Kommunion geschenkt bekommen habe. Dies war meine erste Kamera und meine ersten Schritte in die Fotografie. Sie kostete ein kleines “Vermögen“. Vierzehn D-Mark musste man früher dafür hinblättern.
In der damaligen Zeit viel Geld, wenn man sich vor Augen hält, dass der damalige Stundenlohn 70 Pfennig betrug. Auch reichlich Inspiration gab mir mein Vater mit auf den Weg. Er war damals Maler und nahm mich öfters mit zu seinen Malerkollegen, wo ich ihm als Model diente. Nach und nach konnte ich ein gewisses Gespür entwickeln bezüglich Aufnahmen und deren Geschicke. Man probierte hier und da so manches aus und konnte sein eigenes Interesse und die Lust nach schönen Motiven stetig steigern. Das war quasi so mein Einstieg in die Fotografie“, blickt Bernhard nostalgisch zurück.
In Trier stark verwurzelt
Geboren (1948) und aufgewachsen ist er in Trier-Süd – genauer gesagt in St. Matthias. „Ein waschechter Trierer Jung“, wie er sich selbst bezeichnet. Trierer Tugenden, die fröhliche und muntere Mentalität, quasselt wie ihm der Bart gewachsen ist und hat das Herz am rechten Fleck. Seine Hobbys sind singen, gutes Essen und am liebsten dazu ein Gläschen Wein, gerne oben auf dem Berg in Tarforst in der Weinstube Gehlen – sein “zweites Zuhause“ und Rückzugsort, wo er mindestens einmal die Woche verkehrt.
Doch groß Auszeit nehmen von seinem Beruf hat Bernhard nicht nötig. Seine Leidenschaft macht ihm Spaß und er lebt diese Branche wie kaum ein Anderer. Nach seiner abgeschlossenen Lehre und einer siebenjährigen Mitarbeit im Trierer Fotostudio Schmitt, machte sich Bernhard im November 1976 selbstständig und erwarb zwei Jahre später seinen Meisterbrief. Sein eigenes Studio war geboren. „Früher war hier in den Räumlichkeiten, wo heute mein Studio ist, eine Schnapsbrennerei die meinem Vater gehört hat. Als er aufgehört hat, konnte ich diese Räume schließlich übernehmen“, erklärt er die Entstehung seiner heutigen Fotowelt.
Entwicklung der Fotografie ist gewaltig
Die Zeitspanne vom Anfang bis in die Gegenwart ist groß. Die Anfänge der Fotografie mit der heutigen Technik ein Meilenstein. Große Veränderungen, mehr Möglichkeiten, bessere Qualität und vieles mehr. Eine Entwicklung die Bernhart miterlebt hat. Doch war früher wirklich alles besser? „Die Entwicklung der Fotografie ist etwa wie vom Roller zum Roles Royes. Es hat sich viel getan auf dem Markt. Mehr Technik, mehr Möglichkeiten die Bilder sprechen zu lassen und vieles wurde natürlich auch einfacher. Diesbezüglich bin ich froh das ich noch die ersten Schritte der Fotografie erlernt habe.
Die eigentliche Kunst mit den alten Apparaten umzugehen und das richtige Motiv im passendem Licht zu treffen. Die “Dinger“ heute kann jeder bedienen. Man muss heutzutage auch leider keinen Fotomeister mehr machen um mit einer Kamera richtig umzugehen. Einerseits schön und gut, andererseits traurig, da das eigentliche Handwerk der Fotografie verloren geht. Man muss aktuell ja auch nicht mehr den Beruf des Fotografen erlernen. So könnte praktisch die Klofrau vom Hauptmarkt der Handwerkskammer 350 Euro auf den Tisch legen und sich als Fotografin eintragen lassen.
Für mich persönlich ist allein diese Vorstellung schon eine traurige Herabwürdigung meines Berufes. Leider hat sich die “professionelle“ Fotografie in solch eine Richtung entwickelt“, betont Bernhard mit runzelnder Stirn, der seine Berufung aber dann doch schon als Kunst betrachtet, wie er weiter ausführt: „Das Foto entsteht nicht in der Kamera, sondern im Kopf. Für mich ist dieser Beruf eine Kunst für sich. Das Wort Fotografie stammt ja auch aus dem altgriechischen und bedeutet so viel wie Malen mit Licht.“
Schockdiagnose und ein langer Leidensweg
1999 dann der Rückschlag – die Schockdiagnose für Bernhard, Kehlkopfkrebs. Jahre der Angst und Hoffnung machten sich breit, wo auch Gedanken des Sterbens durchaus eine Rolle für ihn gespielt haben. Doch sein Anker Richtung Leben war die Vernunft sich nicht verrückt zu machen: „Wo ein Weg in die Hölle führt, gibt es auch einen Ausgang“, hielt sich Bernhard damals vor Augen und gewann schließlich nach vielen Jahren, nach Bestrahlung, Chemo und Operation den Kampf gegen den Krebs.
„Das war eine sehr schwere Zeit für mich. In dieser Phase habe ich das Leben auch schätzen gelernt. Seither feiere ich auch keine Geburtstage mehr. Für mich persönlich ist nämlich jeder Tag ein Geburtstag. Ich blicke anders auf mein Leben, sehe diverse Dinge von einer anderen Seite und mache mich einfach nicht mehr verrückt. Ich lebe und genieße den Augenblick, für mich ein großer Gewinn in meinem Leben, dank einer sehr schwierigen Zeit. Leider durfte ich in dieser Zeit aber auch erfahren, wer dein wahrer Freund ist und wer nicht.“
Schwere Zeiten durchläuft die Gesellschaft aber auch heuer. Corona ist auch in Bernhards Heimat angekommen. Lockdown, Einschränkungen und Co – für den Trierer Fotografenmeister unschön, letztendlich aber hinzunehmen, wie er folgend unterstreicht:
„Sicherlich ist es keine schöne Zeit. Die Restaurants und Läden haben zu und die Leute untereinander begegnen sich auf Distanz. Alles Dinge die mir nicht gefallen. Trotzdem geht es für mich und uns alle weiter. Mein Studio darf ich glücklicherweise mit Rücksprache des Ordnungsamts weiter betreiben, da ich als Dienstleister gelte. Andere Branchen trifft es schon härter, allen voran die Restaurants, die wohl nach und nach schließen werden, wenn nicht bald eine Änderungen bezüglich der politischen Beschlüsse folgt.“
Ein unvergesslicher Sonnenuntergang
Bis dahin sucht Bernhard weiterhin seinen Rückzug in der Fotografie. Egal ob Landschaftsbilder, Portraits oder einfach nur Passbilder für die Bewerbung von Morgen, der Fotografenmeister fotografiert sie alle – bekannte sowie auch unbekannte Trierer Gesichter. Doch gibt es eigentlich DAS Bild für ihn, dass er als sein Bestes kürt? Nach einem kurzes Augenblick mit reichlich Gedanken im Rückwärtsgang fiel ihm beim Gespräch plötzlich ein Bild ein, dass er so schnell nicht vergisst und durchaus als die beste Aufnahme durchgehen könnte, wie er abschließend preisgibt:
„Die beste Aufnahme für einen Fotografen sind meistens Bilder die es kein zweites Mal gibt. Etwas einmaliges, in dem einen Moment festgehalten und für die Ewigkeit fotografiert. Ich erinnere mich an diese eine Aufnahme, die ich damals oben in Trier-Tarforst von der Terrasse der Weinstube Gehlen gemacht habe.
So ein Farbenspiel des Himmels sieht man nicht noch einmal, vor allen Dingen nicht im Fokus einer Kamera. Ich zögerte nicht und hielt damals diesen tollen Anblick fest. Es entstand ein Bild, dass demnach als mein Bestes durchgehen könnte. Ein Sonnenuntergang – eben einmalig und irgendwie auch Kunst.“
Fotostudio (Fotografenmeister) Bernhard Veit
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