Von Florian Schlecht
Wenige Tage nach dem Pokal-Desaster in Mayen gibt sich Regionalligist Eintracht Trier wieder kämpferisch. „Wir werden Gas geben, um weiter Profifußball in der Stadt zu leisten“, so Vorstandsmitglied Ernst Wilhelmi. Freitag ist das letzte Spiel der Saison gegen Lotte (19 Uhr).
Der Tisch, an dem ansonsten nur Roland Seitz bei der Pressekonferenz sitzt, war gut besetzt. Aus dem Vorstand saßen auch Ernst Wilhelmi und Roman Gottschalk dabei. Die Einladung des Vereins war eigentlich zum letzten Regionalliga-Heimspiel der Saison gegen die Sportfreunde Lotte rausgegangen (Freitag, 19 Uhr). Doch im Vordergrund standen nach der Pokal-Blamage in Mayen Gespräche über die sportliche und finanzielle Zukunft.
Dabei kritisierte Wilhelmi die negative Stimmung in der Öffentlichkeit und gab sich kämpferisch, obwohl der Verein nicht mit den 100.000 Euro an Qualifikationsprämie für den DFB-Pokal rechnen kann. Diese hatten in den vergangenen Jahren die Personalplanungen regelmäßig erleichtert und kurzfristige Verpflichtungen ermöglicht. „Wir haben diese Einnahmen gar nicht in unseren Etat für die neue Spielzeit eingerechnet. Das wäre fatal gewesen. Sie sind ein Zusatzbrot“, befand Wilhelmi. „Es ist halt keine Selbstverständlichkeit, dass Eintracht Trier jedes Jahr den Rheinlandpokal gewinnt.“
Einen Baustein für die nächste Zeit stellte das Vorstandsmitglied klar: „Wir haben im Januar nicht mit Roland Seitz um zwei Jahre verlängert, um hier Feierabendfußball zu spielen. Darüber sind wir uns einig.“ Damit ist die Eintracht ambitioniert, trotz eines schmaleren Budgets von voraussichtlich unter einer Million Euro eine schlagkräftige Truppe zu formieren. „Da steht uns viel Arbeit bevor, aber wir werden über Sponsorensuche und Gespräche mit den Spielern viel Gas geben, um hier weiter Spitzenfußball zu bieten.“
„Über 126 Punkte in zwei Jahren wären Essen und Elversberg heilfroh“
Dabei störte Wilhelmi zuletzt die schlechte Atmosphäre rund um den Regionalligisten. „Vom Etat her pendeln wir auch in diesem Jahr zwischen dem 12. und 16. Platz in der Tabelle. Trotzdem hat unser Trainer hier in zwei Jahren 126 Punkte eingefahren. Darüber wären Vereine wie Essen, Elversberg und Kassel doch heilfroh. Das ist außergewöhnlich, aber keiner sieht, was wir geleistet haben. Manchmal würde etwas Bescheidenheit gut tun“, wehrte er sich über Vorwürfe, das Saisonziel verpasst zu haben. „Der Vorstand hat offiziell nie den Aufstieg als Forderung ausgegeben.“
Über personelle Konsequenzen nach dem Desaster in Mayen hielten sich alle Partien bedeckt. Klar ist aber, dass das Auftreten im Pokal-Halbfinale nicht den Ansprüchen an die Mannschaft gerecht wurde, die das Endspiel fahrlässig verspielte. Für Trainer Seitz war die Bühne vor dem Lotte-Spiel aber „nicht der richtige Zeitpunkt“, um darüber zu sprechen, „ob Spieler X und XY bleibt“. Bislang ist der Kader zur Saison 2012/13 eine Baustelle. Nur Torge Hollmann, Fabian Zittlau, Chhunly Pagenburg, Alon Abelski, Christoph Anton, Burak Sözen und Christopher Spang haben Verträge, bei Wojciech Pollok läuft es bekanntlich auf Auflösungsgespräche hinaus.
„Wir müssen erst einmal detailliert durchgehen, in welchem finanziellen Bereich wir uns bewegen“, so Seitz. So kann es erneut dauern, bis sich das Gesicht einer neuen Mannschaft herausbildet. „Wir werden lange brauchen, um Spieler zu verpflichten“, betont der Trainer. „Da müssen wir ruhig und cool sondieren, wer uns hilft.“ Das Argument, das der Oberpfälzer im Rennen um neue Kräfte sieht: „Wir haben uns als Spitzenmannschaft etabliert.“ Und mit Alban Meha (Paderborn) und Ahmet Kulabas (Burghausen) „haben zwei Spieler das Sprungbrett genutzt und sich über uns erst für höhere Aufgaben empfohlen“.
Neuer Bauärger im Moselstadion
Sicher plant der Oberpfälzer, mit einem kleinen Kader von 20 bis 22 Akteuren in das neue Jahr zu gehen, „bei dem ich sportlich weiß, was ich auf dem Platz habe“. Beim Zuschauerschnitt kalkuliert der Verein in der Regionalliga Südwest mit durchschnittlich 1600 Besuchern. „Ob wir das Ziel aber erreichen können, müssen wir uns nochmal fragen“, betont Wilhelmi angesichts des zuletzt so leeren Moselstadions, in dem es auch viele Fragezeichen gibt. Nach 5vier-Informationen soll dort der dritte Bauabschnitt, der unter anderem die Pflasterung der Ostkurve vorsieht, gefährdet sein. Zuletzt ruhten auch schon wieder die Arbeiten des zweiten Bauabschnitts. „Die Beschallungsanlage, die im Haushalt eingeplant ist, ist noch nicht angebracht“, ärgert sich Wilhelmi obendrein. Diese muss der Verein bislang auf eigene Kosten aufbringen, die sich auf 20.000 Euro pro Saison summieren.
Verdirbt Trier Lotte alle Titelträume?
Auch über das letzte Spiel gegen Lotte wurde noch gesprochen – und in dem muss die Eintracht alles geben. Die Sportfreunde kämpfen noch um die Meisterschaft, bei einer Niederlage in Trier und einem Dortmunder Sieg gegen Bochum II sind alle Titelträume geplatzt. Und die Geschichten des 3:2-Hinspielsieges mit den Beleidigungen gegen Jeremy Karikari, der Tätlichkeit des Trierers gegen Martin Hess, der Verhandlung vor dem DFB-Sportgericht in Frankfurt und der dreiwöchigen Sperre des Strategen scheinen längst nicht vergessen. „Die Brisanz ist jedem Einzelnen bewusst“, so Seitz. „Ich hoffe, dass die Mannschaft alles gibt.“
+++++Eintracht in Kürze+++++
Personalprobleme vor dem Lotte-Spiel – Trainer Roland Seitz plagen vor dem Heimspiel gegen Lotte große personelle Fragezeichen. „Am Mittwoch haben wir nur mit neun Spielern trainiert, darunter waren zwei Torhüter.“ Sicher ausfallen werden Oliver Stang (Patellasehnenreizung), Benjamin Pintol (Pfeifferisches Drüsenfieber), Wojciech Pollok (Innenbandanriss), Cataldo Cozza und Daniel Bauer (beide Muskelfaseriss). Holger Knartz muss pausieren, der Flügelspieler zog sich in Mayen eine Schultereckgelenksprengung zu und darf vier Wochen keinen Kontaktsport betreiben. Ob die Protagonisten der Hinspiel-Geschichte auflaufen scheint ebenfalls fraglich. Jeremy Karikari ist gesundheitlich angeschlagen. Bei Lotte ist Martin Hess verletzt, Christian Schlösser hatte zuletzt seinen Stammplatz bei Maik Walpurgis verloren.
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