Von Florian Schlecht
Er lernte in Ulm alles in Sachen Basketball, debütierte mit 16 in der Bundesliga und beendete dort vor einem Jahr schon seine Karriere. Bei der TBB Trier wagt Andreas Wenzl den Neuanfang. Am Samstag geht es für ihn mit seinen neuen Kollegen in die alte Heimat.
Genügend Fantrikots für die Freunde und Autogrammkarten für die Familie dürfen nicht im Gepäck von Andreas Wenzl fehlen, wenn er am Freitag in den Mannschaftsbus der TBB Trier steigt. Am Samstag tritt der Center mit seinen Kollegen in der Basketball-Bundesliga bei Ratiopharm Ulm an (19 Uhr). Für den 2,10-Meter-Hünen ist das Spiel zugleich eine doppelte Rückkehr: Es ist das Wiedersehen mit seinem Ex-Verein in seiner Heimat. Und auch sein bereits abgeschriebenes Comeback aufs Parkett, nachdem Wenzl vor gut einem Jahr schon seine Karriere an den Nagel gehängt hatte (5vier berichtete).
In der Schwäbischen Alb ist Wenzl in der 5400-Einwohner-Gemeinde Kuchen aufgewachsen. Rund 30 Kilometer entfernt in Ulm „habe ich alles gelernt, was ich in Sachen Basketball kann“, erzählt der 20-Jährige. Wenzl galt früh als Riesentalent, debütierte mit 16 in der Bundesliga, erlebte schöne Zeiten. „Jungs wie Per Günther kenne ich noch, weil ich mit ihnen zusammen trainiert habe“, schwärmt er von dem Aufbauspieler der deutschen Nationalmannschaft, den Trier ausschalten muss, wenn es eine Sensation schaffen will.
Doch auch den größten Karriereknick erlebte Wenzl im Schwabenland. Nach vielen Knieverletzungen warf das Talent im Dezember 2012 entnervt das Handtuch, beendete schweren Herzens die Laufbahn. Er zog zurück zu seinen Eltern, jobbte als Rettungsschwimmer. Irgendwann kribbelte es wieder in den Fingern, als er den Ball in den Händen hielt. Die TBB Trier lud Wenzl im Sommer zum Probetraining ein, bot ihm einen Vertrag an – und ganz fix war auch wieder ein Platz auf der Bundesliga-Bühne frei.
„Ich habe nicht erwartet, so früh zu Einsätzen zu kommen“
Durchschnittlich 6:21 Minuten spielt Wenzl unter Henrik Rödl pro Partie. „Ich habe nicht erwartet, so früh zu meinen Einsätzen zu kommen. Ich fühle mich wohl hier, das Team ist großartig.“ Beim jüngsten 79:71-Erfolg gegen Tübingen überzeugte der Neuzugang durch kämpferischen Einsatz. Wie wichtig der Erfolg für das anstehende Auswärtsspiel ist, in das die TBB als krasser Außenseiter geht, betont Wenzl. „Bei einer Niederlage hätten wir im Keller gesteckt. Jetzt stehen wir nicht so schlecht da und können gucken, was für uns in Ulm möglich ist.“
Einziger Wermutstropfen für Wenzl: Seine Eltern werden nicht im Publikum sitzen. „An diesem Wochenende sind sie ausgerechnet bei den Artland Dragons unterwegs“, lacht der Center. Dort spielt nämlich sein Bruder Michael. Enttäuscht ist der Trierer nicht. „Ich werde viele alte Schulfreunde treffen. Und die Vorfreude auf das Spiel ist ohnehin riesengroß.“
Die Dienste von Wenzl werden in Trier auch demnächst sehr gefragt sein, da Andreas Seiferth wegen einer Knieverletzung weiterhin pausieren muss. Der Nationalspieler arbeitet derzeit täglich mit den Physiotherapeuten. Zu einer endgültigen Durchsage, wann der Kapitän seinem Team wieder zur Verfügung steht, will sich Rödl nicht durchringen. Der Coach hofft auf eine schnelle Genesung, weiß aber auch: „Es wird lange dauern, bis Andy wieder im gewohnten Rhythmus ist.“
„Wir müssen an unsere Grenzen gehen“
Immerhin ist die TBB Trier auf der Nummer fünf breit aufgestellt mit Vitalis Chikoko (Matchwinner gegen Tübingen mit 23 Punkten), Stefan Schmidt – und eben Andreas Wenzl. „Ich bin extra motiviert, mit einem anderen Trikot in der Halle aufzulaufen“, fiebert der ehemalige Ulmer schon dem Samstag entgegen. Die Entwicklung seines alten Vereins verfolgt Wenzl nach wie vor fasziniert. Die neue Arena war in allen 42 Bundesliga-Heimspielen ausverkauft. Einen Abbruch hat die Begeisterung auch in dieser Saison nicht erhalten, obwohl Star-Center John Bryant zum FC Bayern gewechselt ist.
„Ulm hat dennoch sehr gute Namen, viel Geld investiert und eine tief besetzte Mannschaft, die im Eurocup mithalten soll.“ Dort unterlag das Team um Thorsten Leibenath in der Woche in Valencia mit 74:88. Wir müssen an unsere Grenzen gehen“, fordert Rödl, der hinter den Einsatz von Mathis Mönninghoff (Fußverletzung) noch ein Fragezeichen setzt.
Fans der TBB Trier können das Spiel am Samstag wie gewohnt am Audio-Livestream verfolgen. Dieser startet um 18.30 Uhr aus Ulm.
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